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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer
Autoren: Dave Duncan
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geworden. Er mußte vorsichtig und mutig und entschlossen vorgehen, doch wurde er von einem warmen Gefühl der Befriedigung durchflutet, weil er erwählt worden war.
    Er brauchte lange, bis er den Bogengang erreichte, mit dem jungen Drittstufler, der da neben ihm herumzappelte. Sie waren ein sonderbares Paar, dessen war sich Honakura bewußt; beide in ihren Priestergewändern, Jannarlu im Braun der Dritten Stufe, er im Blau der Siebten. Der junge Mann war groß, während Honakura nie groß gewesen und jetzt noch geschrumpft und gebeugt war, dazu zahnlos und glatzköpfig. Der Nachwuchs bezeichnete ihn hinter seinem Rücken als Weisen Affen, und der Ausdruck ergötzte ihn. Im Alter blieb nicht mehr viel, das einen ergötzte. In den quälend lautlosen Stunden der Nacht spürte er, wie sich seine Knochen an den Laken scheuerten, und er wünschte sich im stillen, daß Sie ihn bald davon erlösen und ihm einen neuen Anfang gewähren möge. Doch vielleicht behielt Sie ihn in diesem Leben, damit er Ihr einen letzten Dienst erweise, und falls es sich so verhielt, dann war dies sicherlich der Dienst. Ein Schwertkämpfer der Siebten Stufe! Sie waren eine Seltenheit, wie der Priester wußte – eine Seltenheit und ein Kleinod, wenn man sie brauchte.
    Während er voranschritt, kam er zu dem Schluß, daß der junge Jannarlu weise gehandelt hatte, zu ihm zu kommen und nicht etwa zu irgendeinem Plappermaul der mittleren Stufen. Er hatte eine Belohnung verdient. Doch er verlor kein Wort darüber.
    »Wo ist Euer Mentor jetzt?« fragte er. »Ja, ich kenne ihn. Ein wertvoller und heiliger Mann. Doch der Ehrenwerte Londossinu braucht einen neuen Schützling, der ihm bei einigen neuen Aufgaben zur Seite steht. Es handelt sich um Angelegenheiten, die viel Feingefühl erfordern, und er braucht einen Mann von Verschwiegenheit und Diskretion.«
    Er warf einen Blick zur Seite auf den jungen Mann neben sich und sah eine Röte der Freude und Erregung über dessen Gesicht huschen. »Ich würde mich außerordentlich geehrt fühlen, mein Lord.«
    Das sollte er wohl auch, ein Drittstufler, dem ein Sechststufler als Mentor in Aussicht gestellt wird, doch er schien die Botschaft zu empfangen. »Dann werde ich mit Eurem Mentor und der Heiligkeit sprechen, um zu klären, ob sich dieser Tausch machen läßt. Aber das muß warten, bis die Sache mit dem Schwertkämpfer geregelt ist, versteht sich … bis diese Angelegenheit erfolgreich abgeschlossen ist.«
    »Selbstverständlich, mein Lord.« Der junge Jannarlu starrte geradeaus, konnte jedoch ein Lächeln nicht ganz unterdrücken.
    »Und in welchem Stadium der Kasteiung befindet Ihr euch zur Zeit?«
    »Ich werde in einer Woche das Fünfte Schweigen beginnen«, sagte der junge Mann und fügte geflissentlich hinzu: »Ich kann es kaum erwarten, damit anzufangen.«
    »Ihr werdet damit anfangen, sobald ich Euer Wunder kennengelernt habe«, bestimmte Honakura mit einem stillen Schmunzeln. »Ich werde Eurem Mentor eine Nachricht übermitteln.« Ein scharfsinniger junger Mann! Das Fünfte Schweigen würde zwei Wochen dauern – bis dahin wäre die Angelegenheit sicher geregelt.
    Endlich hatten sie den Bogengang erreicht. Auf der anderen Seite fielen die breiten Stufen wie der Hang eines Hügels ab und führten hinunter in den Tempelhof. Der obere Teil war bereits dicht besetzt mit Reihen von Pilgern, die geduldig im Schatten knieten. Später am Tag, wenn die tropische Sonne sie niederbrannte, würde ihnen das Warten schwerer fallen.
    Aus alter Gewohnheit ließ der Priester den Blick über die Gesichter der am nächsten Knienden schweifen. Wessen Augen die seinen trafen, der verneigte ehrfürchtig das Haupt vor ihm; aus langer Erfahrung konnte er aufgrund ihrer Verneigung bereits ihren Rang und ihr Handwerk deuten, und er stellte eine vorläufige Diagnose – ein Töpfer der Dritten Stufe, vermutlich mit einem Gesundheitsproblem; eine alte Jungfer der Zweiten Stufe, wahrscheinlich ein Fruchtbarkeitsanliegen; ein Goldschmied der Fünften Stufe, der sich bestimmt nicht lumpen lassen würde.
    Nur wenige der Köpfe waren verhüllt. Honakura konnte den Schwertkämpfer leicht ausmachen. Der Mann hatte sich für einen der seitlichen Bogen entschieden, was eine glückliche Wahl war, denn die schwarzgekleidete Wache stand nur im mittleren Bogen, doch für einen Mann seines Rangs war es eine befremdliche Wahl. Irgend etwas mußte mit ihm ernsthaft faul sein.
    »Der Große dort, nehme ich an. Sehr gut. Und dort ist, wenn ich
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