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Der Zimmerspringbrunnen

Der Zimmerspringbrunnen

Titel: Der Zimmerspringbrunnen
Autoren: Jens Sparschuh
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ich durchaus, durchaus … und so weiter. Ich, langjähriger Atheist, flüsterte manchmal sogar ins Telefon: HE rr, erhöre mich! Ich rufe Dich an …
    (Nebenbei: Eine unrühmliche Rolle in diesem Zusammenhang spielte übrigens Freitag! Ich sperrte ihn zwar immer, wenn ich irgendwo anzurufen hatte, vorsichtshalber weg, aber auch durch die geschlossene Küchentür war sein Jaulen zu hören. Freitag – du mein Verräter!)
    War ich auch schon früher eher ein »ruhiger Bürger« gewesen, verfiel ich nun fast völlig in Schweigen – sicherlich eine der Spätfolgen meiner erfolglosen Telefonbewerbungen.
    Sogar Julia fiel das auf: Mit mir könne man nicht mehr reden, ihr fehle der Austausch mit mir. Da könne sie sich gleich vor ein Aquarium setzen. – Soweit ihre Darstellung.
    Richtig ist: Ich beschränkte mich auf »Ja« und »Nein«. Damit sind die wesentlichen Dinge gesagt. Am Telefon zusätzlich noch ein geknurrtes »Hallo«. In komplizierten Fällen, die aber selten waren, verwendete ich außerdem noch die Wörter »Eventuell«, »Vielleicht«. Manchmal ließ ich mich auch zu einem »Mal abwarten« hinreißen. Das aber schon die Ausnahme.
    Beim Arbeitsamt galt ich ohnehin von Anfang an als schwer vermittelbar. (Als ich Julia das mal, schon lange her, in einem Anflug von Redseligkeit mitteilte, war sie ganz erschrocken, meinte, da müsste ich doch etwas tun,das könne ich doch nicht auf mir sitzenlassen – ich hatte das aber bis dahin gar nicht so negativ gesehen, eher als eine Art Selbstbestätigung. Ihr zuliebe, nur ihr zuliebe hatte ich mich dann ja auch auf diesen Rotkreuz-Lehrgang eingelassen, eine Art »Weiterbildungsmaßnahme«.)
    Dabei, das muß ich der Vollständigkeit halber sagen, mir kam das Schweigen eigentlich entgegen. Oft wußte ich wirklich nicht, was ich sagen sollte. (Das ist auch heute noch so.) Sollten doch die anderen ruhig reden. Ich blieb ganz ruhig. Früher war mir das peinlich, wenn plötzlich das Gespräch stockte, Schweigen eintrat – damals aber begann ich, das zu genießen. Ich nickte still, schwieg.
    Julia irritierte das. Sie fühlte sich von mir stumm beobachtet.
    Eintrag ins Protokollbuch vom 13.   4.: »Infame Vorwürfe! – Julia, sehr erregt (das entschuldigt aber nichts), behauptet heute: ich würde ihr nachspionieren und – wörtlich! – ›in einem Protokollbuch‹ (!!!) jeden ihrer Schritte verzeichnen. – Weiter, sinngemäß: wäre ich endlich wieder ausgelastet, es wäre ein Segen für uns alle, sogar für die Blumen und den Hund.«
    Das muß – leider – nun doch etwas näher erklärt werden. Ich will gar nicht noch einmal davon anfangen, daß ich für die Topfpflanzen extra kleine Fensterbänkchen gebaut hatte. Tatsache jedenfalls ist: Seit ich zu Hause war, kümmerte ich mich um das Grünzeug.
    Natürlich, es war für die Topfpflanzen eine Umstellung, daß sie nun regelmäßig Wasser – und zwar auf Zimmertemperatur vorgewärmtes Wasser! – bekamen. Ich erklärte mir das so: Sie hatten sich im Lauf der Jahre an das Lotterleben gewöhnt, hatten sich einfach, um zu überleben, daran gewöhnen müssen: Mal Sturzbäche eiskalten Wassers, dann wieder lange, lange nichts – so wardas doch, früher, als wir noch beide Arbeit hatten. Daß sie früher auch gewachsen sind, wie Julia immer wieder behauptet hat, bewies da gar nichts.
    Es war geradezu selbstverständlich, daß sie nun vorerst regelmäßige Wasseraufnahme verweigerten, daß sich mitunter auch kleine Pfützen in den Töpfen und Schalen bildeten. Sie verfaulten nicht, wie Julia vermutete; sie mußten nur lernen, umlernen.
    Und deswegen hatte es auch überhaupt nichts zu bedeuten, daß sich das Grünzeug, als ich vom einwöchigen Rotkreuz-Lehrgang zurückkam, in einem ganz leidlichen Zustand befand. Julia sagte nichts. Wahrscheinlich dachte sie: Laß Blumen sprechen!
    Ich gebe zu: Sie hatten sich erholt, doch.
    Aber im Klartext hieß das doch nur: sie waren wieder rückfällig geworden. Die Versuchungen des Lotterlebens … Kein Wunder, daß sie da für den Moment regelrecht aufgeblüht waren. –
    Ein weiterer Problemfall: Hasso vom Rabenhorst.
    Allein die Art, wie Julia ihn immer in die Arme schloß, wenn sie von der Arbeit kam – als müßte sie das Hundetier jedesmal aus meinen Fängen retten, als sei es für den armen Hund eine Zumutung, den ganzen Tag mit mir eingesperrt zu sein … Da gab es nur eins für mich: Hobbyraum!
    Julia meinte: Wenn ich nun schon den ganzen Tag zu Hause
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