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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb
Autoren: Terry Pratchett
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erwiderte Lobsang. »Ich fühle mich geehrt.«
    Er verneigte sich. Ebenso Lu-Tze. Als ihre Köpfe dicht beisammen und auf einer Höhe waren, flüsterte Lu-Tze: »Welch eine Überraschung.«
    »Danke.«
    »Hübsch mythisch, die ganze Sache. Gut für Schriftrollen geeignet, aber hart an der Grenze zur Selbstgefälligkeit. Versuch so etwas nicht noch einmal.«
    »In Ordnung.«
    Sie richteten sich wieder auf.
    »Äh, und was passiert jetzt?«, fragte der Chefakolyth. Er war ein gebrochener Mann, und er wusste es. Nach dieser Sache konnte nichts mehr so sein wie vorher.
    »Nicht viel«, erwiderte Lu-Tze. »Kehrer kehren einfach. Du nimmst die Seite, Junge, und ich diese.«
    »Aber er ist die Zeit!«, entfuhr es dem Chefakolythen. »Wens Sohn! Es gibt so viele Fragen, die wir ihm stellen müssen!«
    »Es gibt viel, über das ich keine Auskunft geben werde«, sagte Lobsang und lächelte. Der Abt beugte sich vor und sabberte ins Ohr des Chefakolythen.
    Er gab auf. »Natürlich steht es uns nicht zu, dich zu befragen«, meinte er und wich zurück.
    »Da hast du völlig Recht«, bestätigte Lobsang. »Ich schlage vor, ihr setzt nun eure wichtige Arbeit fort, denn dieser Platz erfordert meine ganze Aufmerksamkeit.«
    Die ranghohen Mönche winkten sich gegenseitig zu, und widerstrebend ging das Klosterpersonal davon.
    »Man wird uns von allen möglichen Verstecken aus beobachten«, murmelte Lu-Tze, als die beiden Kehrer allein waren.
    »O ja«, sagte Lobsang.
    »Nun, wie geht es dir?«
    »Gut. Und meine Mutter ist glücklich. Sie wird sich zusammen mit meinem Vater in den Ruhestand zurückziehen.«
    »Um in einem Haus auf dem Land zu leben? Etwas in der Art?«
    »Nicht ganz. Aber etwas Ähnliches.«
    Eine Zeit lang blieb es still, abgesehen von den Geräuschen der zwei Besen.
    Dann sagte Lobsang: »Soweit ich weiß, ist es üblich, dass der Schüler dem Lehrer ein kleines Geschenk gibt, wenn er seine Ausbildung beendet.«
    »Das geschieht gelegentlich«, entgegnete Lu-Tze und richtete sich auf, »aber ich brauche nichts. Ich habe meine Matte, meinen Napf und den Weg.«
    »Jeder wünscht sich etwas«, beharrte Lobsang.
    »Ha! Da liegst du bei mir falsch, Junge. Ich bin achthundert Jahre alt und habe meine Wünsche schon vor langer Zeit hinter mich gebracht.«
    »Meine Güte. Wie schade. Ich hatte gehofft, irgendetwas finden zu können.« Lobsang schwang sich den Besen über die Schulter.
    »Wie dem auch sei: Ich muss jetzt los«, sagte er. »Es gibt noch viel zu tun.«
    »Bestimmt«, erwiderte Lu-Tze. »Daran zweifle ich nicht. Zum Beispiel der ganze Bereich unter den Bäumen. Und da wir gerade dabei sind, Wunderknabe: Hat die Hexe ihren Besen zurückbekommen?«
    Lobsang nickte. »Sagen wir, dass ich die Dinge… dorthin gebracht habe, wo sie hingehören. Er ist jetzt viel neuer als vorher.«
    »Ha!«, kommentierte Lu-Tze und fegte Blütenblätter zusammen. »Einfach so. Auf diese Weise zahlt ein Dieb der Zeit seine Schulden zurück!«
    Offenbar bemerkte Lobsang den Tadel in der Stimme. Er blickte auf seine Füße hinab. »Nun, vielleicht nicht alle«, gestand er.
    »Ach?« Lu-Tze schien noch immer vom Ende seines Besens fasziniert zu sein.
    »Aber wenn man eine ganze Welt retten muss, kann man nicht an eine einzelne Person denken, denn die eine Person ist Teil der Welt«, fuhr Lobsang fort.
    »Glaubst du?«, fragte der Kehrer. »Ich schätze, du hast mit einigen sehr seltsamen Leuten gesprochen, Junge.«
    »Aber jetzt habe ich Zeit«, sagte Lobsang ernst. »Und ich hoffe, dass sie verstehen wird.«
    »Es ist erstaunlich, was Frauen alles verstehen, wenn man es richtig ausdrückt«, sagte Lu-Tze. »Viel Glück, Junge. Und du weißt ja, dass geschrieben steht: ›Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.‹«
    Lobsang lächelte und verschwand.
    Lu-Tze fegte weiter. Nach einer Weile schmunzelte er, als er sich an etwas erinnerte. Ein Schüler schenkt dem Lehrer etwas? Als ob sich Lu-Tze etwas wünschte, das ihm Zeit geben konnte…
    Dann hielt er inne, sah auf und lachte laut.
    An den Bäumen reiften die Kirschen und schwollen an, während er sie beobachtete.
     
    Tick
     
    An einem Ort, der zuvor nicht existiert hatte und der nur für diesen Zweck existierte, stand ein großer, glänzender Bottich.
    »Fünfundvierzigtausend Liter zartes Zuckerwerk, durchsetzt mit Veilchenessenz und in dunkle Schokolade eingerührt«, sagte Chaos. »Schichten aus Haselnusspralinen in Buttercreme und weiches Karamell verleihen
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