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Der Zauberstein von Brisingamen

Der Zauberstein von Brisingamen

Titel: Der Zauberstein von Brisingamen
Autoren: Alan Garner
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durch die Bäume und blieb reglos liegen. Lyblacs und Svarts rannten heulend dort hinunter. Bei dem Lärmen regte sich die zusammengekrümmte Gestalt.
    Durathror hob den Kopf. Dann zog er sich an einem grauen Baumstamm langsam und mühselig hoch, stützte sich ab und begann bergauf zu gehen. Er taumelte und stolperte von Baum zu Baum. Sein Kettenhemd war ihm halb vom Rücken gerissen, Valham hing in Fetzen. Oft blieb er schwankend stehen, und es schien, als müsse er rückwärts umfallen, aber immer wieder taumelte er weiter, fast bis zum Boden gebeugt, mehr Wunde als Zwerg, und stützte sich dabei mit seinem ganzen Gewicht auf sein Schwert.
    Auf diese Weise gelangte Durathror zu der steinernen Säule.
    Er lehnte sich mit dem Rücken daran und hakte seinen Gürtel auf. Als er ihn gelöst hatte, warf er ihn um die Säule und schnallte ihn unter seinen Armen fest, sodass er nicht umfallen konnte. Als er damit fertig war, packte er Dyrnwyn mit beiden Händen und wartete.
    In einem Umkreis von zehn Metern war der Gipfel ohne Bäume, und am Rand dieses Kreises blieben die Svarts stehen; keiner wollte als Erster die Lichtung überschreiten und diesem Schwert begegnen. Doch das währte nur einen Augenblick.
    «Da ist der Stein!», schrie von hinten die Gestaltwandlerin.
    «Holt ihn!»
    «Gondemar!», rief Durathror mit Donnerstimme.

    Woher er die Kraft nahm, war ein Rätsel und ein großes Wunder. Aber er wütete dermaßen, dass niemand ihm standhalten konnte, nicht einmal Arthog, der Herr der Svart-Alfars, der so groß war wie ein Mensch. Im dichtesten Getümmel kam er an Durathror heran, und Durathror ließ sein Schwert einen tödlichen Bogen beschreiben. Der Svart parierte mit seinem Hammer, aber Dyrnwyn spaltete den Stein und Arthogs Kopf sprang ihm von den Schultern. Doch einen Stein zerschlägt kein Schwert ungestraft, und beim nächsten Streich sprang die Klinge mitten entzwei. Aber Durathror kämpfte immer weiter, und jeder, der sich ihm entgegenstellte, hauchte sein Leben aus.
    Schließlich zogen sich die Svarts und Lyblacs unter die Bäume zurück, um ihre Kräfte zu sammeln und sich auf einen letzten Angriff vorzubereiten.
    Durathror hing in seiner Rüstung, und neben ihm baumelte der zerschmetterte Stumpf Dyrnwyns. Der Kopf fiel ihm auf die Brust, und eine lähmende Stille legte sich über den Hügel.

Einundzwanzigstes Kapitel
    Das Kreuz ohne Kopf
    Grimnir rannte, getrieben von Angst, Erregung und Gier. Er hatte die Jagd vom Gipfel Shuttlingslows aus bis zum Untergang der Mara beobachtet, und von diesem erhöhten Aussichtspunkt hatte er noch etwas anderes bemerkt, etwas, das von Norden her rasch näher kam, und obwohl er vor Gefahr aus dieser Richtung seit Monaten auf der Hut gewesen war, hätte ihn die Gestalt, die sie nun angenommen, und der Zeitpunkt, den sie zu ihrem Auftreten gewählt hatte, nicht mehr aus der Fassung bringen können.
    Er kam unbemerkt auf den Hügel über Clulow, kurz nachdem Arthog gefallen war und aller Augen sich auf Durathror richteten, als die Svarts vor dieser schlaffen Gestalt mit dem zersplitterten Schwert zurückwichen. Sein Blick ruhte auf den Gefangenen, von denen jeder von zwei Dämonen der Morthsippe festgehalten wurde, sie befanden sich zwischen dem Haupttrupp und dem Wald. Grimnir verlangsamte seine Schritte, Hoffnung und Argwohn rangen miteinander.
    Denn über der Waldlichtung kreiste eine Rabenkrähe. Fast ohne Flügelschlag kreiselte sie hinab und ließ sich auf der Spitze des Steinmals nieder. Lange Zeit hockte sie da und wartete reglos. Die Stille war überwältigend. Und dann schwang sich die Krähe in die Luft und nahm ihr gleichmäßiges Gleiten wieder auf. Immer näher kam sie dem erschöpft dahängenden Krieger, immer näher… noch näher, und setzte sich ihm auf die Schulter. Aber Durathror rührte sich nicht. Sein Kampf war vorüber. Ein krampfhafter, erstickter Seufzer stieg empor, und die Krähe hüpfte von der Schulter des Zwergs auf den Boden. Dann schnappte sie geradewegs nach seinem kraftlosen Handgelenk und schwang sich wieder auf die Säule: In ihrem Schnabel baumelte Feuerfrost. Der Vogel warf den Kopf nach hinten, blies die Halsfedern zu einer Krause und begann mit ausgestreckten Flügeln eine plumpe Gigue zu tanzen. Grotesk walzte er von einer Seite zur andern, sein Kopf hüpfte auf und nieder. Von allen Seiten erklang Triumphgeschrei.
    Grimnir warf einen raschen Blick über die Schulter. Ja, er musste unverzüglich handeln. Wenn die Krähe einmal
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