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Der Zauberstein von Brisingamen

Der Zauberstein von Brisingamen

Titel: Der Zauberstein von Brisingamen
Autoren: Alan Garner
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wer’n nicht gleich ins Dorf reinfahrn. Ihr kriegt’s schon noch zu sehen, wenn wir freitags einkaufen fahren. Jetzt wird’s ein bisschen steil.»
    Sie kamen an eine Kreuzung. Gowther lenkte die Kutsche nach links, und dann ging’s bergauf. Zu beiden Seiten lagen die von Mauern umgebenen Gärten der großen Häuser, die den Westhang des Edge bedeckten. Er war sehr steil, aber das Pferd stapfte unverdrossen weiter, bis die Straße plötzlich eben wurde; da wieherte Prinz und lief schneller.
    «Er weiß, sein Futter erwartet ihn; was, mein Alter?»
    Sie waren jetzt oben auf dem Edge, und zwischen den Bäumen hindurch sahen sie ab und zu tief unten in der Ebene Lichter aufblitzen. Dann bogen sie in einen schmalen Weg ein, der über Hügel und Senken verlief und sie beim letzten Tageslicht zu einem kleinen Bauernhaus führte, das in einer Senke des Edge stand. Es war ein Fachwerkbau aus schwarzer Eiche, mit weißem Putz zwischen den knorrigen Balken. Es hatte sonnengelbe Fenster mit Rautenmuster und auf dem Dach lagen Steine. Das ganze Gebäude machte den Eindruck, als sei es ein natürlicher Teil des Bergs, als sei es dort gewachsen.
    Dies war das Reiseziel der Kinder: «Highmost Redmanhey» –
    hier wirtschaftete die Familie der Mossocks schon seit über drei Jahrhunderten.
    «Kommt schnell rein», sagte Gowther. «Bess wird schon mit dem Essen auf uns warten. Ich muss Prinz nur noch seinen Hafer geben.»
    Bess Mossock war vor ihrer Ehe das Kindermädchen der Mutter der beiden gewesen; und obwohl sie sich nun volle zwölf Jahre nicht mehr gesehen hatten, wechselten sie noch immer gelegentlich Briefe und schickten einander zu Weihnachten Geschenke. So war es Bess gewesen, an die sich ihre Mutter wandte, als sie erfuhr, dass sie ihren Mann für sechs Monate ins Ausland begleiten sollte; und Bess, ganz Kindermädchen, hatte mit Freuden jede erdenkliche Hilfe angeboten. «Das wird dem ollen Hof recht gut tun, wenn ihn mal ‘n paar Kinder für’n paar Monate was aufheitern.»
    Sie begrüßte die Kinder herzlich, und nachdem sie sich nach den Eltern erkundigt hatte, führte sie die beiden nach oben und zeigte ihnen ihre Zimmer.
    Als Gowther hereinkam, saßen sie alle bereits in der großen, niedrigen Küche um den Tisch, auf den Bess eine riesige Cheshire-Pastete gestellt hatte. Nach den Strapazen der Reise konnte das schwere Mahl, so gut es auch war, nur eine Wirkung haben: Colin und Susan schliefen fast auf ihren Stühlen ein. So sagten sie Gute Nacht und gingen nach oben zu ihren Betten; jeder mit einer Kerze bewaffnet, da es auf Highmost Redmanhey keinen Strom gab.
    «Puh, bin ich müde!»
    «Oh, und ich erst!»
    «Sieht ganz gut aus hier, oder?»

    «Mm.»
    «Jetzt bin ich froh, dass wir hier sind; du auch?»
    «Ja-a…»

Zweites Kapitel
    Der Edge
    Wenn ihr Lust habt», sagte Gowther beim Frühstück, «haben wir noch Zeit für einen Spazier gang, es wird noch etwas dauern, bis Sam kommt und wir die letzte Ladung Heu reinholen können, solange das Wetter sich hält. Heut könnten wir nämlich gut und gern ein Gewitter kriegen.»
    Sam Harlbutt, ein hagerer junger Mann von vierundzwanzig Jahren, war Gowthers Gehilfe und ein Virtuose mit der Heugabel. An diesem Morgen schaufelte er dreimal so viel wie Colin und Susan zusammen und das, ohne sich auch nur halb so sehr anzustrengen. Gegen elf Uhr war der Heuhaufen aufgeschichtet; sie legten sich in seinen Schatten, tranken herben Apfelwein aus einem Tonkrug und fühlten sich gleich viel besser.
    Später, nach dem Mittagessen, fragte Gowther die Kinder, ob sie schon Pläne für den Nachmittag hätten.
    «Nun ja», sagte Colin, «wenn du nichts dagegen hast, würden wir ganz gern in den Wald gehn und mal sehen, was es da so gibt.»
    «Gute Idee! Sam und ich werden eine Wand im Schweinestall ausbessern, das is’ keine schwere Sache. Geht nur und vergnügt euch. Aber wenn ihr oben auf dem Edge seid, passt auf, dass ihr euch nicht in irgendwelche Höhlen wagt, die ihr da finden könntet; und achtet darauf, wo ihr hintretet. Dort oben ist alles durchsiebt von Tunneln und Schächten der alten Kupferminen. Wenn ihr da reingeratet und euch verirrt – das wäre euer Ende, denn auch wenn ihr nicht in ein Loch fallen solltet, würdet ihr im Finstern so lange herumlaufen, bis ihr schwarz werdet und euer Stündlein schlägt.»
    «Danke für den Tipp», sagte Colin. «Wir werden aufpassen.»
    «Tee gibt’s um fünf», sagte Bess.
    «Und denkt dran, geht ja nicht zu nah an die
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