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Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore

Titel: Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
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diesmal aus einem anderen Grund. Sein Blick wanderte zu dem knorrigen Stab, den er neben den Stein gestellt hatte – ein Stab, der ihm anvertraut worden war, obwohl er nicht genau wusste, warum. Er dachte über Ellis Worte nach und runzelte die Stirn.
Neue Kräfte? Wenn sie nur die Wahrheit kennen würde!
    War es vielleicht an der Zeit, ihr zu erzählen, was wirklich in ihm vorging? Wie es war, wenn er diese seltsamen, oft heftigen Kräfte im Körper spürte – die auftraten, wenn er sie am wenigsten erwartete, wenn er sie nicht haben wollte und noch nicht einmal anfangen konnte, sie zu beherrschen?
    Bevor er etwas sagen konnte, legte sich plötzlich der Wind. Eis und Schnee flogen nicht mehr, auf dem Berg wurde es still. Rundum glitzerten die geisterhaften Häupter naher Gipfel im Sternenlicht, auch wenn keine dieser Spitzen höher war als der Sitz von Elli und Tamwyn. Denn die beiden befanden sich auf Hallias Gipfel, dem höchsten Punkt aller sieben Wurzelreiche von Avalon, so hoch, dass nur von hier aus der Stamm des großen Baums tatsächlich zu sehen war.
    Tamwyn betrachtete prüfend die Aussicht. Da waren die anderen Gipfel von Olanabram, und dahinter ragten im Sternenlicht steil die Kämme auf, die er als die tiefsten Bereiche des Stamms von Avalon kannte. Als Führer durch die Wildnis hatten ihn immer die starken Gegensätze in den Bergen beeindruckt – angefangen bei den heulenden Stürmen, die jäh in absoluter Stille untergehen konnten, einer so tiefen Ruhe, dass man fast ihr Gewicht auf der Luft spürte. Er liebte es auch, wenn am Tag die Kämme im Licht leuchteten, das durch die Wolkenschatten in Streifen geteilt wurde. Und wenn sie sich in Nächten wie dieser zu kräuseln schienen wie ein leuchtendes Meer unter den Sternen.
    Er wandte sich wieder dem Sitzplatz zu und schaute auf die vereisten Felsen ringsum, die Tausenden von winzigenschneebedeckten Gipfeln glichen. Nur der Stein, auf dem sie saßen, war völlig ohne Schnee. Tamwyn ließ seine wie immer nackten Füße über die glatte Oberfläche gleiten und spürte die sonderbare Wärme dieses Steins, den kein Wind je kühlen konnte.
    Denn das war Merlins Sternguckerstein, der vor langer Zeit von der Magie des großen Zauberers berührt worden war. Und seine ewige Wärme, stark genug, um Eis und Schnee auf seiner Oberfläche sofort zu schmelzen, war nur das Kleinste seiner Wunder. Selbst jetzt glänzte er geheimnisvoll – und dunkel, denn er war fast so schwarz wie das klaffende Loch am Sternenhimmel über ihren Köpfen.
    Die Lücke öffnete sich dort, wo vor weniger als einem Monat die sieben Sterne der Konstellation Zauberstab abrupt verschwunden waren.
    Und wegen dieser Lücke waren Elli und Tamwyn auf diesen entlegenen Gipfel gestiegen. Und auf den Sternguckerstein.
    Denn hier war nicht nur der beste Platz in Avalon zum Betrachten der Sterne – oder einer Lücke zwischen den Sternen. Weit wichtiger: Hier war der einzige Ort, zu dem jeder aus jedem Reich kommen und um eine Vision bitten konnte. Das war das immer währende Geschenk Merlins.
    Deshalb waren sie den ganzen Weg bis hierher gewandert, begleitet von ihren engsten Freunden, die jetzt den Gipfel nach einem geeigneten Lagerplatz erkundeten (oder, wie der geschrumpfte Riese Shim, bei einer nahen heißen Quelle schon in tiefem Schlaf lagen). Ellis und Tamwyns Anliegen war einfach: Sie wünschten sich eine Vision,die ihnen enthüllte, was in Wahrheit mit den verschwundenen Sternen geschehen war. Elli hatte darauf bestanden, dass Tamwyn mit seinen erwachenden Kräften es war, der darum bat. Zuerst hatte er das abgelehnt, schließlich aber zugestimmt.
    »Willst du es also endlich tun?« Elli wandte den Blick vom Sternenhimmel und versetzte Tamwyn ungeduldig einen Stoß. »Oder bleibst du einfach hier sitzen wie ein hirnloser Schneehaufen?«
    Über ihren Ton verärgert schüttelte er sein langes schwarzes Haar zurück. Zwar nahm er an, dass sie mit ihrem Drängen vor allem ihre Sorgen um die Lücke – und was sie für Avalon bedeutete – überspielen wollte; aber er fand, dass sie nicht mehr Geduld hatte als ein hungriger Waschbär.
    »Nun?«, fragte sie. »Worauf warten wir?«
    »Weißt du, Elli, du bist die ungeduldigste, sturste, hartnäckigste, unerträglichste
. . .
«
    Sie unterbrach ihn mit einem bezaubernden Lächeln. »Wir sind uns so ähnlich, nicht wahr?«
    Tamwyn hätte fast zurückgegrinst. Denn er wusste, dass sie Recht hatte. Und zu seiner Überraschung war er nicht mehr
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