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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens
Autoren: Lesley Pearse
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Gedanken versunken gewesen, dass sie sie gar nicht ins Zimmer hatte kommen hören.
    Die Ehe hatte bei Mog Wunder gewirkt. Während Belles Kindheit in Seven Dials war sie eine liebevolle, kleine graue Maus gewesen. Emsig hatte sie ihre Arbeit verrichtet, gekocht, geputzt und geflickt, immer in formlosen, dunklen Kleidern, das Haar straff aus dem Gesicht gekämmt. Obwohl sie und Annie, Belles leibliche Mutter, in einem Alter waren, hatte Mog stets viel älter gewirkt.
    Jetzt waren ihre Kleider modisch und gut geschnitten und betonten ihre weibliche Figur. Mittlerweile mischten sich vielleicht ein paar graue Strähnen in ihr braunes Haar, aber sie trug es in einem lockeren Knoten mit ein paar losen Locken, die um ein Gesicht fielen, das vor Glück und von der frischen Luft strahlte. Sie mochte achtunddreißig sein, aber heute sah sie in ihrem rosa-schwarz gestreiften Kleid mit Biesenbesatz zehn Jahre jünger aus.
    Mog hatte das Kleid selbst genäht, doch da sie eine begabte Schneiderin war, hätte es genauso gut aus dem teuren Modesalon auf der Tranquil Vale stammen können. Sie erzählte jedem, der fragte, dass sie vor ihrer Heirat mit Garth Haushälterin gewesen sei, und aufgrund ihrer guten Umgangsformen nahmen alle an, dass sie für eine adlige Familie gearbeitet hatte.
    Niemand wäre je auf den Gedanken gekommen, dass sie ihr ganzes Erwachsenendasein als Dienstmädchen in einem Bordell verbracht hatte und mehr über dieses Gewerbe wusste als sämtliche weiblichen Bewohner von Blackheath zusammen.
    »Du bist kilometerweit weg«, sagte sie und lächelte Belle liebevoll an. »Möchtest du darüber reden?«
    Mog war für Belle ihr Leben lang wie eine Mutter gewesen, und sie war es, der Belle normalerweise alles anvertrauen konnte. Abervon Etienne durfte sie ihr nichts erzählen; Mog wäre entsetzt gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass sie je an einen anderen Mann als Jimmy gedacht hatte.
    »Meine Gedanken sind keinen Penny wert.« Belle seufzte. »Es ist bloß der Krieg, der Trubel unten in der Bar. All das macht mir Angst.«
    Mog warf einen Blick auf den Hut, den Belle gerade zeichnete, und runzelte die Stirn, als ihr auffiel, dass er ganz anders aussah als Belles sonst so verspielte Entwürfe und sich eher für eine Beerdigung zu eignen schien. »Du siehst schon seit ein paar Wochen ein bisschen spitz aus«, bemerkte sie. »Bei dir ist doch wohl nichts Kleines unterwegs, oder?«
    Belle blieb der Mund offen stehen, zum Teil, weil Mog einen Slangausdruck aus Seven Dials verwendete, vor allem jedoch, weil sie nie daran gedacht hatte, dass sie ein Baby bekommen könnte.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte sie. »Na ja, ich glaube es jedenfalls nicht. Das kann nicht sein! Oder doch?«
    Mog schmunzelte. »Tja, wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, du weißt nicht, wie man Babys macht.«
    Belle wurde rot und kicherte. Seit Mog mit Garth verheiratet war, erwähnte sie niemals Belles Zeit als Hure, und selbst wenn sie von den Jahren sprach, in denen sie selbst Haushälterin und Belle Zimmermädchen im Bordell von Belles Mutter gewesen waren, vermied sie tunlichst jede Anspielung auf das, was sich in diesem Haus abgespielt hatte. Umso überraschender wirkte jetzt ihre unverblümte Bemerkung.
    »Daran hatte ich gar nicht gedacht«, gestand Belle.
    »Na, dann denk jetzt dran!«, gab Mog zurück. »Mir ist aufgefallen, dass du gestern Abend ganz grün im Gesicht geworden bist, als ich die Ochsenzunge zubereitet habe. Konntest gar nicht schnell genug aus der Küche rauskommen.«
    »Es hat einfach so komisch gerochen.«
    »Kann schon sein, doch früher hat es dich nie gestört. Wann war deine letzte Monatsblutung?«
    Belle dachte scharf nach. Sie erinnerte sich an eine kurze Blutung im Mai, während einer kurzen Hitzewelle, aber das war alles. Sie erzählte es Mog. »Das soll nicht heißen, dass ich keine mehr gehabt habe, ich kann mich bloß nicht erinnern«, fügte sie hinzu.
    »Wenn das die letzte war, wärst du jetzt im dritten Monat«, sagte Mog und musterte Belle forschend. »Gibt es sonst noch Anzeichen?«
    »Na ja, ich fühle mich irgendwie anders als sonst«, gab Belle zu. »Aber nicht krank oder so.«
    »Schau nicht so verschreckt!«, munterte Mog sie auf. »Wenn du ein Baby bekommst, ist es ein Geschenk des Himmels, etwas, worüber man sich freuen sollte. Ich hoffe auch immer noch, doch vielleicht bin ich schon zu alt.«
    Belle horchte auf. Nie war ihr der Gedanke gekommen, dass Mog sich ein Kind
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