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Der Zauber einer Winternacht

Der Zauber einer Winternacht

Titel: Der Zauber einer Winternacht
Autoren: CATHLEEN GALITZ
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unbeschwert mein Leben genießen, statt mich mit komplizierten Familienangelegenheiten herumzuärgern, die mich im Grunde nichts mehr angehen.“
    Gillian wollte keinesfalls eingestehen, dass sie ihm eigentlich recht gab. Es hatte sie zunächst tief verletzt, dass ihr Vater ihren Exmann gemeinsam mit ihr zum Vormund bestimmt hatte. Sie empfand das als Verrat an der Familie, zu der Bryce nun einmal nicht mehr gehörte.
    Das rührende Bild an der Wand zog sie erneut in ihren Bann. Sie hatte schon fast vergessen, wie winzig Bonnie gewesen war. Tiefe Traurigkeit überfiel sie. Warum nur hatte sie sich überhaupt darauf eingelassen, ihren Exmann aufzusuchen? Sie hatte doch gewusst, dass die Begegnung nur schmerzhafte Erinnerungen wecken würde.
    Bryce ahnte offenbar, was in ihr vorging. „Soll ich dir einen Abzug anfertigen lassen?“, fragte er leise.
    Sein Angebot überraschte sie. Für einen Moment zog sie ernstlich in Erwägung, es anzunehmen. Das Bild würde ein wenig Wärme in ihre kahle Wohnung bringen. Seit ihrem Einzug war sie eigentlich nur zum Essen und Schlafen dort gewesen.
    Ihre ganze Energie steckte sie in ihre Arbeit, sodass ihr Leben sich fast ausschließlich um sie drehte. Da sie bereit war, rund um die Uhr Kundentermine wahrzunehmen und sehr profitable Verkäufe abschloss, hatte sie sich zu einer gefragten Immobilienmaklerin entwickelt. Ihr blieb buchstäblich keine Minute Zeit, um an ihr altes Leben zurückzudenken. Und genau das bezweckte sie auch damit.
    „Ich fürchte, ich könnte es nicht ertragen“, erklärte sie, erstaunt darüber, dass er es konnte.
    Nach Bonnies Tod hatte Bryce sie gedrängt, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und nach vorn zu schauen. Obwohl sie ihn dringend brauchte, verbrachte er mehr und mehr Zeit in der Firma. Und obwohl sie ihre Ehe eigentlich retten wollte, ließ sie sich von ihren Schwestern davon überzeugen, dass Bryce sich niemals ändern würde.
    Als sie ihm eröffnete, sie wolle sich scheiden lassen, wehrte er sich zunächst. Aber schließlich gab er doch nach und willigte in die Scheidung ein. Sie hatte ihn für gefühlskalt gehalten, weil er seine Arbeit über sie und Bonnie gestellt hatte. Umso mehr überraschte es sie, dass er die Erinnerung an ihre Tochter auf so rührende Weise bewahrte.
    Gillian fuhr sich unwillig mit der Hand über die Augen und wandte sich ruckartig von dem Bild ab. Jetzt bloß nicht weinen! Wenn sie sich eines nicht leisten konnte, dann den Gedanken, Bryce könne sich geändert haben. Tief in ihrem Innersten liebte sie ihn immer noch, und sie kannte sich gut genug, um zu wissen: Wenn sie Schwäche zeigte, würde sie unweigerlich wieder in seinen Armen landen.
    Verdammt! Ich wollte sie nicht zum Weinen bringen. Ich weiß doch, dass ich ihre Tränen nicht ertrage.
    Bryce registrierte seine Reaktion mit Erstaunen. Gillian hatte ihn zutiefst verletzt. Doch angesichts ihrer mühsam zurückgehaltenen Tränen fühlte er einen überwältigenden Drang, sie zu beschützen. Wenn es um sie ging, setzte sein Verstand nach wie vor aus.
    Sie war noch genauso schön, wie er sie in Erinnerung hatte: glatte helle Haut, tiefblau leuchtende Augen, dunkle Haare und volle, sinnlich geschwungene Lippen. Er konnte nicht leugnen, dass er sie zunächst körperlich begehrt hatte. Aber da war noch mehr im Spiel gewesen. Bei ihrer ersten Begegnung war sie ihm wie eine Märchenheldin erschienen, als ein von Grund auf guter und anständiger Mensch.
    Voller Bitterkeit rief Bryce sich in Erinnerung, dass das Leben kein Märchen war. Die Realität kannte kein automatisches Happy End. Gelegentlich triumphierten die bösen Stiefschwestern über den Prinzen, und zwar mit giftiger Zunge statt mit einem vergifteten Apfel. Als er schließlich in die Scheidung eingewilligt hatte, war er nicht einmal mehr sicher gewesen, ob nicht Gillian selbst ein Ungeheuer war.
    Inzwischen hatte sie das Foto auf seinem Nachttisch entdeckt. Es zeigte ihn, den Arm um die Schultern einer hübschen blonden Mittdreißigerin gelegt, sowie einen kleinen flachshaarigen Jungen, der sich an seine freie Hand klammerte und fröhlich in die Kamera strahlte.
    „Und das ist vermutlich Vi.“ Gillians Stimme klang sachlich-nüchtern.
    Bryce nickte. „Und ihr Sohn, Robbie.“
    „Ein niedliches Kerlchen.“
    „Er ist ein toller Junge.“
    Robbie hatte seinen Vater bei einem Autounfall verloren. Er war ein wohlerzogenes, seelisch ausgeglichenes Kind, brauchte aber dennoch dringend einen Vater. Da
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