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Der Zauber des weissen Wolfes

Der Zauber des weissen Wolfes

Titel: Der Zauber des weissen Wolfes
Autoren: Michael Moorcock
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zurief, doch seine Worte waren nicht mehr zu verstehen.
    Yishana schien entmutigt zu sein. Sie saß mit hängenden Schultern da und blickte Elric nicht an, als sie ihr Reittier langsam dem Zauberer von Fan Tang entgegenlenkte. Elric folgte ihr im Bewußtsein seiner Unentschlossenheit. Es war ihm indes gleichgültig. Was ging es ihn an, wenn...?
    Da begann die Musik, zuerst nur schwach, doch bald zu einer starken, anrührenden Verlockung anschwellend, nostalgische Erinnerungen weckend, Frieden verheißend, dem Leben eine klare Bedeutung gebend - und das alles gleichzeitig. Wenn die Musik von Instrumenten erzeugt wurde, dann waren sie nicht auf der Erde entstanden. Die Melodie weckte in ihm die Sehnsucht, sich umzudrehen und ihre Ursache zu entdecken, doch er widerstand der Versuchung. Yishana fiel es dagegen nicht so leicht, die Musik zu überhören. Sie hatte ihr Pferd gewendet, und auf ihrem Gesicht stand ein strahlendes Lächeln, ihre Lippen bebten, und Tränen schimmerten in ihren Augen.
    Elric hatte auf seinen Wanderungen durch unirdische Zonen solche Musik schon gehört - sie äh- nelte in vielem den bizarren Symphonien des alten Melnibone - und fühlte sich davon nicht so angezogen wie Yishana. Abrupt ging ihm auf, daß sie in Gefahr war, und als sie, ihr Pferd anspornend, an ihm vorbeiritt, hob er die Hand, um ihr in die Zügel zu fallen.
    Mit ihrer Peitsche hieb sie nach seiner Hand, und Elric fluchte über den plötzlichen Schmerz und ließ die Zügel los. Sie passierte ihn, galoppierte zur Spitze des Hügels und verschwand über dem Kamm.
    »Yishana!« rief er verzweifelt, doch seine Stimme vermochte die pulsierende Musik nicht zu übertönen. Er blickte zurück, in der Hoffnung, daß Theleb K'aarna ihm helfen würde, doch der Zauberer ritt im Galopp davon. Offensichtlich hatte er einen raschen Entschluß gefaßt, sobald er die Musik hörte.
    Elric galoppierte hinter Yishana her, rief ihr zu, sie solle umkehren. Sein Pferd erreichte den Hügelkamm, und er sah sie tief über den Pferdehals gebeugt, während sie auf die leuchtende Zitadelle zuhielt.
    »Yishana! Du reitest in dein Verderben!«
    Sie hatte den Außenbezirk der Zitadelle erreicht, und die Hufe ihres Pferdes schienen schimmernde Farbwogen auszulösen, wo immer sie den vom Chaos aufgewühlten Grund rings um die Burg berührten. Obwohl er wußte, daß er sie nicht mehr aufhalten konnte, ritt Elric weiter, in der vagen Hoffnung, sie einzuholen, ehe sie in die eigentliche Zitadelle eindrang.
    Doch als er die wirbelnden Regenbogenfarben erreichte, sah er vor sich ein Gebilde, das wie ein Dutzend Yishanas aussah und das durch ein Dutzend Tore in der Zitadelle verschwand. Diese Illusion ging auf das seltsam gebrochene Licht zurück und ließ ihn nicht erkennen, welches die echte Yishana war.
    Bei Yishanas Verschwinden hörte die Musik auf, und Elric glaubte das leise Wispern eines Lachens zu hören. Sein Pferd ließ sich nur noch mit Mühe lenken, und er vertraute nicht mehr darauf. Er stieg ab, wobei seine Beine in einen strahlenden Nebel gehüllt wurden, und gab dem Pferd die Zügel frei. Entsetzt schnaubend galoppierte es davon.
    Elrics linke Hand bewegte sich an den Griff seines Runenschwerts, doch er zögerte, die Klinge zu ziehen. Sobald er sie aus der Scheide hatte, würde sie Seelen fordern, ehe sie sich wieder einstecken ließ. Trotzdem war das Schwert seine einzige Waffe. Er zog die Hand zurück, und die Klinge schien an seiner Seite zornig zu erbeben.
    »Noch nicht, Sturmbringer. Hier könnten uns Kräfte erwarten, die selbst dir überlegen sind!«
    Er begann durch die leicht hemmenden Lichtwirbel zu schreiten. Er war halb geblendet von den funkelnden Farben ringsum, die manchmal dunkelblau, silbern und rot leuchteten, dann aber wieder golden, hellgrün und bernsteinbraun. Außerdem empfand er es als höchst unangenehm, daß jede Orientierung unmöglich gemacht wur- de - Entfernungen, Tiefe und Breite, das waren sinnlose Begriffe. Er erkannte eine Umwelt, die er bisher nur in astraler Gestalt erlebt hatte - die seltsame, zeitlose, raumlose Aura, die ein Reich der Höheren Welten kennzeichnete. Er trieb dahin, er schob seinen Körper in die Richtung, von der er vermutete, daß Yishana sie eingeschlagen hatte, denn inzwischen war das Tor samt seinen Spiegelbildern verschwunden. Er erkannte, daß er Sturmbringer ziehen mußte, wenn er hier nicht ewig herumtreiben wollte, bis er verhungerte: allein die Runenklinge konnte sich dem Einfluß des
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