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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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bei der Zweigstelle der Gesellschaft, bevor ich sie übernahm. Richtig, Susan?«
    »Richtig, Sam«, erwiderte sie gehorsam.
    Gogarty nickte. »Nicht, daß Rena viel versäumt hätte, aber sie war irgendwo außerhalb der Stadt, als die Sizilianer herüberkamen, um uns anzugreifen. Waren Sie doch, oder?« wollte er mit besonderem Nachdruck wissen. Rena nickte stumm. »Neapel hat wahrhaftig was auf den Hut bekommen. Eine Zeitlang war es hier ziemlich hart. Wußten Sie überhaupt, daß die Sizilianer es tatsächlich geschafft haben, bei Pompeji direkt an der Küste zu landen?«
    »Ich sah die Radioaktivität«, sagte ich.
    »Das ist richtig. Sie haben ganz schön Prügel bezogen. Sobald die Landungsboote in Reichweite waren, haben die Neapolitaner es ihnen gegeben. Aber es hat sie einiges gekostet. Die Gesellschaft hatte beiden nur je fünf A-Bomben erlaubt, und sie mußten zwei mehr einsetzen, um Palermo zu erledigen. Und – nun, selbst geben sie es nicht gerne zu, aber eine von den anderen war ein Blindgänger. Vermutlich der einzige Blindgänger in der Geschichte der A-Bombe.«
    Er grinste Rena an. Erstaunlicherweise lächelte Rena zurück. Sie war, so dachte ich bei mir, ein Mädchen mit vielen erstaunlichen Aspekten. Ich hätte nicht gedacht, daß sie Gogartys schwerfälliges Witzchen amüsieren würde.
    Gogarty redete und redete. Ich fand es ziemlich interessant – ich hatte den neapolitanisch-sizilianischen Krieg in den Zeitungen verfolgt und war auch im Hauptbüro instruiert worden –, die Mädchen aber waren sichtlich gelangweilt. Schließlich beendete er seinen Bericht, indem er mir von dem Versuch der Sizilianer, den Vesuv durch den Abwurf einer A-Bombe zum Ausbruch zu bringen, erzählte. Rena zeigte ihr Desinteresse inzwischen offen, und sogar Susan gähnte hinter vorgehaltener Hand.
     
    Schließlich landeten wir unter der Eingangsmarkise des Restaurants. Gogarty und die Blonde sagten höflich gute Nacht und verschwanden in einem Taxi. Offensichtlich war es an mir, Rena nach Haus zu bringen.
    Ich rief ein Taxi. Als ich vor der Abreise im Hauptbüro meine neue Versicherungskombination zusammenstellte, trieb ich einen besonders großen Aufwand im Hinblick auf den Umfang der Transport- und Verkehrsdeckung. Möglicherweise versuchte ich den Reiseluxus nachzuholen, den mir das Leben mit Marianna nicht ermöglicht hatte. Jedenfalls zog ich eine AA-Police hervor, und als der Taxifahrer meine Kupons abschnitt, war er von ausgesuchter Höflichkeit.
    Rena wohnte ziemlich weit vom Hotel entfernt. Ich versuchte mit ihr zu plaudern, aber sie schien an irgend etwas anderes zu denken. Ich war in der Mitte meiner Erzählung über den schrecklichen »Unfall«, den ich am Abend im Bahnhof gesehen hatte – mit den erforderlichen Kürzungen natürlich –, als ich bemerkte, daß sie aus dem Fenster starrte.
    Sie hatte nicht zugehört, während ich redete, aber ihr fiel die Stille auf, als ich aufhörte. Sie schüttelte leicht den Kopf und sah mich an. »Es tut mir leid, Mr. Wills«, murmelte sie, »ich bin sehr unhöflich.«
    »Überhaupt nicht«, sagte ich unehrlich.
    »Doch.« Sie nickte und lächelte, aber es war ein gedankenvolles, fast trauriges Lächeln. »Sie sind zu höflich, wie alle Gentleman der Gesellschaft. Ist das Teil Ihrer Ausbildung?«
    »Es ist leicht, Ihnen gegenüber höflich zu sein«, erwiderte ich mechanisch.
    Ja, es war Teil unserer Ausbildung: Ein Vertreter der Gesellschaft ist immer freundlich und zuvorkommend. Aber was ich gesagt hatte, war letztendlich doch wahr. Sie war ein Mädchen, bei dem es mir Freude machte, höflich zu sein.
    »Nein, mal ehrlich«, beharrte sie. »Sie sind ein wichtiger Funktionär in der Gesellschaft und müssen sich lange auf den Posten vorbereitet haben. Was hat man Ihnen beigebracht?«
    »Tjaa …« Ich zögerte. »Genau das, was Sie erwarten, nehme ich an. Ein bißchen statistisches Rechnen, gerade soviel, daß wir verstehen können, was unsere Mathematiker sagen. Unternehmenspolitik, Geschäftsmethoden, Verwaltung. Dann hatten wir natürlich eine Menge moralischethischer Lektionen. Ein Anspruchsregler …« – ich räusperte mich, fühlte mich ein wenig befangen – »… ein Anspruchsregler soll so sein wie Cäsars Weib, verstehen Sie. Er soll immer ein Beispiel geben, sowohl für seinen Mitarbeiterstab als auch für die Öffentlichkeit. Ich glaube, daß hört sich ziemlich altmodisch an. Das will ich gar nicht sein, aber auf Tradition, Ehre und Disziplin wird eben
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