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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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mit einer Geste spöttischen Widerwillens beiseite. »Behalten Sie das für die Bauern«, sagte er. »Wir wollen diesen Blauer-Teller-Fraß nicht. Wir fangen mit den kleinen Krabben an, die ich letzten Abend hatte, und dann ein Antipasto und …«
    Entschuldigend sagte ich: »Mr. Gogarty, ich habe nur eine Police der Kategorie B.«
    Gogarty blinzelte mich an. »Was?«
    Ich räusperte mich. »Meine Blauer-Teller-Police hat nur eine Kategorie-B-Deckung«, wiederholte ich. »Ich … äh … ich habe mich nie sehr …«
    Er sah mich direkt ungläubig an. »Junge«, sagte er, »das geht auf Rechnung der Gesellschaft. Jetzt entspannen Sie sich, und lassen Sie mich bestellen. Blauer Teller ist was für Bauern. Ich möchte wie ein menschliches Wesen essen.«
    Das erschütterte mich doch ein wenig. Hier sprach ein Regional-Direkter von den Rationen, die unter der Deckung des Blauen Tellers angeboten wurden, als Fraß. Oh, ich war nicht so naiv zu glauben, daß niemand so denken würde. Es gab überall eine gewisse Zahl von Unzufriedenen. Ich hatte ähnliche Reden und sogar Schlimmeres zuweilen von den Fast-Unversicherbaren der Kategorie gehört, den Verbitterten mit einem Groll gegen die ganze Welt, die der Gesellschaft die Schuld für all ihre Schwierigkeiten gaben und ständig über die »guten alten Zeiten« räsonierten. Meist meckerten sie dann, wenn die Zeit für die Prämienzahlungen gekommen war, wie ich festgestellt hatte.
    Aber von Gogarty hatte ich so etwas natürlich nie erwartet.
    Indessen, es war seine Party, und er schien ansonsten ein wirklich netter Kerl zu sein. Ich entschied mich, über seine Unzulänglichkeiten hinwegzusehen. Wenn er auch der Gesellschaft nicht den nötigen Respekt zollte, so war er schließlich freundlich und demokratisch. Er hatte mir schließlich mindestens zwanzig Dienstjahre voraus, und zu Haus im Hauptbüro hätte sich ein einfacher Anspruchsregler niemals an einen Tisch mit einem Regional-Direkter setzen dürfen.
    Und hier bescherte er mir eine Mahlzeit, so gut, wie ich sie nie zuvor gegessen hatte, sprach mit mir wie mit seinesgleichen und – so erinnerte ich mich selbst- sorgte sogar für Damengesellschaft.
    Wir saßen stundenlang beim Essen, Stunden um Stunden und ein endloser Strom von gefüllten Weingläsern, und wir redeten unaufhörlich. Die Unterhaltung näherte sich aber niemals wirklich offiziellen geschäftlichen Themen.
    Mit dem Mädchen Rena zusammenzusein war wirklich angenehm, fand ich. Eine tiefe, endlose Traurigkeit lag in ihren Augen, und hin und wieder ließ dieser Blick mein Lachen plötzlich abbrechen. Aber sie hatte eine sanfte Stimme, war freundlich und unbestreitbar reizvoll. Marianna war zwar hübscher gewesen, dachte ich, aber ihre Stimme trug den harten Akzent des Mittelwestens, während Renas …
    Ich gebot mir Einhalt.
    Als wir bei den abschließenden Likören angelangt waren, entschuldigte sich Rena für einen Augenblick, und nach einigen Minuten entdeckte ich sie an einem Fenster mit seidenen Vorhängen; sie stand dort und blickte versonnen über den Balkon nach draußen.
    Gogarty gab mir einen Wink und nickte. Ich stand auf und ging, etwas unsicher, zu ihr hinüber. »Wollen wir uns das nicht etwas näher ansehen?« fragte ich sie. Sie lächelte, und wir gingen nach draußen. Wieder blickte ich hinunter auf die Bucht von Neapel – die Szene war diesmal in das Licht des Mondes getaucht anstatt in die orangenen Schattierungen des Sonnenuntergangs. Es war warm, aber der Mond hing in frostigem Weiß am Himmel. Sogar sein Spiegelbild in dem verschlackten Wasser war grauweiß und nicht gelb. Ein fahler orangefarbener Schein hing über dem Vesuv zu unserer Linken, und weit unten an der Küste zeigte ein bläuliches Phosphoreszieren über dem Horizont an, wo Pompeji lag.
    »Schön«, sagte ich.
    Sie blickte mich seltsam an und erwiderte nur: »Gehen wir wieder hinein.«
    Gogarty begrüßte uns. »Haben Sie sich die Trümmer angesehen?« verlangte er jovial zu wissen. »Nicht viel zu sehen, nachts. Nur nicht verzagen, Tom. Die nächsten Tage werden Sie soviel an Trümmern zu sehen bekommen, wie Sie nur wollen.«
    »Ich hoffe, Sir.«
    Gogarty schüttelte mißbilligend den Kopf. »Nicht ‚Sir’, Tom. Sparen Sie sich das für das Büro auf. Nennen Sie mich Sam.« Er strahlte. »Wenn Sie wissen wollen, wie es hier während des Krieges war«, fuhr er fort, »brauchen Sie nur die Mädchen zu fragen. Sie waren die ganze Zeit hier. Besonders Susan. Sie war schon
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