Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Titel: Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
Autoren: Anna Weidenholzer
Vom Netzwerk:
Fensterbank, wie geht es Ihren Tieren. Die Tiere sind wohlauf, sagt der Mann, ich bin in Eile, meine Kollegen warten auf mich, aber läuten Sie doch wieder einmal bei uns, wir würden uns freuen. Gern, sagt die Frau. Fein, sagt der Mann. Maria rückt näher an die beiden heran, sie möchte sicher sein, dass sie alles richtig versteht. Dann läute ich nächstes Wochenende bei Ihnen, wenn Sie zu Hause sind, sagt die Frau, ich bringe Apfelstrudel und Teegebäck. Auf Wiedersehen, sagt der Mann und dreht sich zur Seite, auf Wiedersehen und ein schönes Wochenende, auch Ihren Tieren.
    Maria lächelt, als der Mann an ihr vorübergeht, aber der Mann sieht sie nicht. In einem Jogginganzug kann niemand seriös wirken, nicht einmal der wichtigste Mann der Welt, sagte Herr Willert, ein seriöser Mann trägt Anzug. Dunkelblau, Polyester und Viskose, denkt Maria, während sie dem Mann nachsieht. Maria hat gesehen, dass die Bügelfalte der Anzughose zweimal beginnt und weiter unten in einem Bügelstrich zusammenläuft. Mischgewebe, denkt sie, die Hose sitzt nicht gut.
Mittagsangebot
steht auf dem Schild vor dem Italiener, Pizza Diavolo oder Lasagne al forno. Maria tippt in ihr Mobiltelefon:
Auf Wiedersehen und ein schönes Wochenende, auch Ihren Tieren
. Danach drückt sie auf Senden. Sie freut sich kurz, als das Nachrichtensymbol auf dem Bildschirm aufleuchtet. Sie liest ihre Telefonnummer, darunter den Satz des Mannes. Besser als nichts, denkt sie und steht auf. Zu Hause wird sie einen Stift nehmen, in Großbuchstaben schreiben:
Auf Wiedersehen und ein schönes Wochenende, auch Ihren Tieren
. Sie wird den Satz an den Spiegel kleben, die Augen schließen. In der Wohnung wird es warm sein, außer im Schlafzimmer, dort ist es immer kalt.

52 Ein Leben mit Eduard
    Wie es sein könnte: Ich könnte jeden Morgen aufwachen, ein Mann namens Eduard neben mir. Edi würde ich ihn nennen, und wenn ich mich auf die Seite rollen würde, um danach rückenschonend aufzustehen, würde Edi schon in der Küche sein. Er könnte einen braunen Frotteebademantel tragen, dunkelbraun mit schwarzem Emblem auf der Brust. Die Fichte wäre gefällt, und die Sonne würde in die Küche scheinen. Ich würde Eduard hören, wie er in der Küche Brot schneidet, wie er den Tisch deckt, ich würde den Kaffee riechen und die Beine aus dem Bett strecken, mich rückenschonend mit den Armen aufstützen, die Bauchmuskeln und den Beckenboden anspannen, den Oberkörper aufrichten, gerade sitzen. Ich hätte keine Schwierigkeiten, ich wäre schmerzfrei. Schmerzfrei zu sein würde bedeuten, Bewegungen auszuführen, ohne daran denken zu müssen, wie. Frau Bauer würde nicht mehr vor der Wohnungstür stehen und sagen: Ich habe gehört, dass Sie die Schuhe binden. Wissen Sie, Sie jammern, dass man Sie bis vor die Wohnung hört. Sie jammern, wenn Sie sich bücken, Sie jammern, wenn Sie sich danach wieder aufrichten, wird es denn nicht besser mit Ihrem Rücken, das kommt vom vielen Heben, ich kenne das.
    Ich würde aufrecht in die Küche gehen, mich strecken, ich würde lächeln und Eduard einen guten Morgen wünschen. Wir würden uns setzen, Marmeladebrote essen, zuerst Butter auf die Brote streichen, dann Marmelade, das Brot wäre schon geschnitten, gerade Schnitten, fingerdick. Ich müsste nicht sprechen, weil Eduard akzeptieren würde, dass ich an Vormittagen nicht gerne spreche, wir würden Zeitung lesen, die Butter wäre immer frisch, und Eduard würde sagen, deine Tasse ist leer, Liebes, möchtest du noch Kaffee, wir teilen ihn.

51 Die Zukunft lesen
    Wenn die Wolken schnell vorüberziehen, scheint die Sonne und manchmal nicht. Maria bückt sich, um den Himmel zu sehen. Von der Wohnung im Halbparterre ist das nur möglich, wenn sie in die Knie geht. Maria versucht in die Knie zu gehen und sich dabei gerade zu halten, aber sie denkt nicht immer daran. Wechselhaft, denkt Maria, als sie an diesem Septembersamstag in den Himmel schaut, es ist heute wechselhaft. Wechselhaftes Wetter bedeutet, von allem ein bisschen, vor allem aber Wind, der die Blätter verweht, die Nadeln der Fichte bleiben. Ein bisschen Grün muss auch im Winter sein, sagte der Hausmeister, wenn er über den Stamm der Fichte strich. Wissen Sie, Frau Beerenberger, eine Fichte verliert ihre Nadeln nicht, sechs bis dreizehn Jahre hält sie der Baum, nur wenn er gestresst ist, lässt er sie früher fallen. Was stresst Bäume, fragte Maria und öffnete den Deckel der Mülltonne im Hof. Schlechte Umwelteinflüsse,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher