Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wilde Planet

Der wilde Planet

Titel: Der wilde Planet
Autoren: John Scalzi
Vom Netzwerk:
Holloways Gehirn, der sich für den vernünftigen Teil hielt, meldete sich laut protestierend zu Wort. Was zum Henker soll das? Was versprichst du dir davon, ein wildes Tier zu füttern? Du hättest die Tür öffnen sollen, damit Carl es aus deinem Haus jagt! So idiotisch hast du dich nie verhalten, wenn du Eidechsen in der Wohnung hattest.
    Holloway wusste nicht recht, was er auf diese Vorwürfe erwidern sollte. Nur, dass ihn dieses Wesen aus irgendeinem Grund neugierig gemacht hatte. Die meisten Landtiere auf Zara XXIII waren reptilienartig; säugetierähnliche Spezies waren selten und dünn gesät. Holloway konnte sich überhaupt nicht erinnern, leibhaftig oder in einer Datenbank schon mal eins gesehen zu haben, das so groß wie dieses war. Er würde noch einmal in der Datenbank nachsehen müssen.
    Was ihn jedoch am meisten interessierte, war das Verhalten dieses Geschöpfs. Das Katzenwesen hatte offensichtlich Angst, aber es verhielt sich nicht wie ein verängstigtes Tier. Es schien intelligenter zu sein als ein durchschnittliches wildes Tier, vor allem hier auf Zara XXIII , wo Holloway den Eindruck hatte, dass die Evolution nicht sonderlich an der Entwicklung von Gehirnen interessiert war.
    Außerdem sah das Wesen einer Katze ähnlich, und Holloway hatte Katzen schon immer gemocht. Sein vernünftiger Persönlichkeitsanteil verpasste ihm dafür eine virtuelle Kopfnuss.
    Holloway sortierte die Papiere, die er aufgelesen hatte, und legte sie auf seinen Schreibtisch, während er zum Katzenwesen hinaufblickte. Es war damit beschäftigt, das Bindi-Viertel zu verschlingen, als hätte es seit Tagen nichts mehr gegessen. Damit wäre diese Frage beantwortet , dachte Holloway. Dann hob er das Infopanel vom Boden auf und zuckte bereits vorsorglich zusammen, weil er mit einem gesprungenen Bildschirm oder Schlimmerem rechnete. Doch zu seiner Überraschung schien es unbeschädigt zu sein. Er schaltete das Gerät ein, das wie gewohnt zum Leben erwachte. Holloway seufzte erleichtert, dann blickte er wieder zum Katzenwesen, das die Bindi nun aufgegessen hatte.
    »Du hast Glück, dass dieses Ding heil geblieben ist«, sagte Holloway zum Geschöpf. »Wenn es kaputt gewesen wäre, hätte ich dich vielleicht von Carl fressen lassen.«
    Dazu sagte das Katzenwesen nichts (natürlich nicht), aber nun wanderte sein Blick zwischen den zwei übrigen Bindi-Vierteln und Holloway hin und her. Offenbar hatte es immer noch Hunger und überlegte sich, wie es an die Bindi-Stücke gelangen konnte, ohne Holloway zu nahe zu kommen. Holloway nahm ein Stück und bewegte sich vorsichtig auf das Tier zu. Er hielt das Bindi-Viertel am äußersten Zipfel zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Na los, nimm es«, sagte Holloway.
    Wunderbar! , sagte sein vernünftiger Anteil. Jetzt scheinst du auch noch unter der hiesigen Entsprechung von Tollwut zu leiden!
    Das Katzenwesen schien mit ähnlicher Skepsis auf diese neue Entwicklung zu reagieren und wich vor dem angebotenen Fruchtstück zurück.
    »Na los!«, sagte Holloway. »Wenn ich dich töten und essen wollte, hätte ich es längst getan.« Er wedelte mit dem Viertel vor dem Geschöpf herum.
    Nach einigen Sekunden schob sich das Katzenwesen vorsichtig nach vorn. Es zögerte, doch dann griff es mit beiden Händen nach dem Bindi-Viertel. Es waren tatsächlich Hände. Holloway bemerkte drei Finger und einen langen Daumen, der tiefer an der Handfläche saß als bei einem Menschen. Holloway blinzelte, und im nächsten Moment waren die kleinen Hände verschwunden, als sich das Wesen wieder ans Ende des Regals zurückzog. Es ließ Holloway keinen Moment lang aus den Augen, während es sich über das zweite Bindi-Stück hermachte.
    Holloway zuckte mit den Schultern, wandte sich erneut vom Geschöpf ab und ging in die Knie, um die Bücher und Aktenordner vom Boden aufzusammeln.
    Einige Minuten später wurde ihm bewusst, dass er beobachtet wurde. Er blickte auf und sah, dass das Katzenwesen blinzelnd zu ihm hinunterschaute.
    »Hallo!«, sagte er zu dem Wesen. »Hast du aufgegessen? Willst du noch mehr?«
    Das Geschöpf öffnete den Mund, als wollte es antworten, aber es gab keinen Laut von sich.
    Holloway sah die Zähne des Wesens, die nicht die geringste Ähnlichkeit mit Katzenzähnen hatten. Sie wirkten eher menschenähnlich. Allesfresser , sagte eine Stimme in seinem Kopf, die nicht seine war, sondern zu jemandem gehörte, den er einmal gut gekannt hatte. Diese Stimme brachte ihn auf eine Idee.
    Holloway stand auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher