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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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gehalten haben!«
    »Nein, das stört mich nicht, aber …«
    »Was heißt hier aber?«, wies Gertrude ihn zurecht. »Nizhoni ist jung und gesund und hat in den Jahren, die sie bei euch weilt, von Gisela genug gelernt, um die Arbeit auf deiner Farm genauso gut erledigen zu können wie eine weiße Frau.«
    »Aber die Religion!«, wandte Walther ein.
    »Gisela hat ihr so viel vom Christentum erzählt, dass sie bereit sein dürfte, von Father Patrick die Taufe anzunehmen. Dass sie darüber hinaus an die Geister ihres Volkes glaubt, kannst du ihr nicht übelnehmen. Es gibt auch bei uns Christen genug abergläubische Leute! Außerdem ist sie recht hübsch. Oder bist du so wenig Mann, um das zu bemerken?«
    Es machte Gertrude Spaß, Walther abzukanzeln, denn in den letzten Jahren war er ihr arg selbstgefällig geworden. Nun beobachtete sie ihn, während er Nizhoni musterte. In seinem Gesicht arbeitete es zwar noch, doch er schien sich mit ihrem Vorschlag anzufreunden.
    »Ihre Haut ist nur wenig dunkler als die deine. Solltet ihr miteinander Kinder haben, werden sie sich kaum von Josef und …, wie heißt eigentlich der Kleine?, unterscheiden.«
    »Ich wollte ihn Waldemar nennen – nach meinem Vater«, antwortete Walther.
    »Dann sag das Father Patrick, damit er ihn endlich tauft. Und jetzt warte hier! Ich schicke Nizhoni zu dir heraus. Du wirst ihr hoffentlich etwas zu sagen haben.« Damit schob Gertrude Walther beiseite und trat ins Haus.
    Bei Nizhoni angekommen, nahm sie ihr den Säugling aus der Hand. »Um Waldemar kümmere ich mich jetzt. Walther hat etwas mit dir zu besprechen!«
    Auf Nizhonis Gesicht erschien ein Ausdruck des Schreckens. »Er will heiraten, nicht wahr? Es wird wohl eine Schwester von Rachel sein.«
    »Das soll er dir selbst sagen«, erklärte Gertrude und wies mit dem Kinn zur Tür. »Los, geh schon! Oder willst du ihn warten lassen?«
    »Nein!«
    Nizhoni eilte so rasch aus dem Haus, als wären all ihre Geister hinter ihr her. Als Josef ihr folgen wollte, fing Gertrude ihn mit einer Hand ein.
    »Du bleibst bei mir, kleiner Mann, und hilfst mir, auf deinen Bruder achtzugeben.«
    »Aber hier im Haus gibt es doch keine Schlangen oder Kojoten, die Ma’iitsoh gefährlich werden können«, protestierte der Junge lautstark.
    »Hier ist eine ganz große Schlange, hörst du sie nicht?«, fragte Gertrude und machte »tz, tz, tz«.
    Josef lachte. »Aber das bist doch du!«
    Zu Gertrudes Erleichterung blieb er nun bei ihr und versuchte nicht, zu seinem Vater zu laufen. Für einen Augenblick lachte sie in sich hinein. Walther würde bei dem, was er jetzt sagen musste, wohl einen größeren Einsatz zeigen müssen als selbst bei der Schlacht von Waterloo.

9.
    N izhoni trat auf Walther zu und blickte an ihm vorbei zu Boden. »Du wolltest mich sprechen, Herr. Habe ich etwas falsch gemacht?«
    »Wie kommst du denn darauf? Im Gegenteil, ich bin hochzufrieden mit dir. Du versorgst die beiden Jungen wie deine eigenen Kinder und erledigst alle Arbeit im Haus und im Garten so gut, wie keine andere es könnte!«
    Das unerwartete Lob färbte Nizhonis Wangen. »Ich tue doch nur das, was getan werden muss.«
    »Andere täten weniger! Ich glaube nicht, dass Rachel oder eine ihrer Schwestern es mit dir aufnehmen könnten. Ich habe auch nicht vergessen, dass ich dir das Leben meiner beiden Söhne verdanke. Josef hast du selbst genährt und bei Waldemar alles getan, damit er nicht seiner Mutter folgen musste.«
    Noch während er es sagte, fand Walther, dass er fast die gleichen Worte verwendete wie Gertrude vorhin bei ihrer Gardinenpredigt. Er musterte Nizhoni, die in ihrem Kleid recht apart aussah, und fand sie hübsch genug, um sich auf eine Ehe mit ihr zu freuen. Wünsche, die er lange Zeit unterdrückt hatte, stiegen in ihm hoch, und er hoffte, dass sie sich bald erfüllen würden.
    »Wie du weißt, Nizhoni, brauche ich bald eine neue Frau, zum einen als Mutter für meine Söhne und zum anderen auch für mich selbst. Thierry will mir eine seiner Schwägerinnen schmackhaft machen, und ich bin sicher, wenn ich mit Sanchez oder einem anderen Tejano rede, würden die gewiss eine junge Mexikanerin finden, die sie mir andrehen wollen. Aber ich will keine Frau, die ins Haus kommt und mir und den Kindern gleichermaßen fremd ist.«
    »Dann solltest du Gertrude heiraten«, schlug Nizhoni vor.
    Walther lachte leise auf. »Das geht nicht, denn sie will Albert Poulain heiraten!«
    »Also deswegen war dieser Mann da! Aber du bist
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