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Der Weg zurück

Der Weg zurück

Titel: Der Weg zurück
Autoren: E.M. Remarque
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»Dutzendware« hervorragend instrumentalisieren für neue inhumane Ziele, wiederum im Namen des Vaterlandes und mit Unterstützung wesentlicher Teile der Kirchen, für den heldenhaften Kampf ohne Rücksichtnahme auf die zu Besiegenden, gleich ob ›Untermenschen‹ oder nur Rivalen um die Weltgeltung. Leider hat Erich Maria Remarque mit den prophetischen Aussagen von Ludwig Breyer über die »Gier« nach dem neuen Kriegserlebnis und mit der Feststellung von Ernst Birkholz über die Unmöglichkeit, neue humanistische Werte in den jungen Köpfen aufzubauen, allzu recht behalten.
    Während Im Westen nichts Neues eher neutral-beobachtend die Ereignisse schildert, die im Leser die heftigsten Pro- und contra-Reaktionen auslösten, spricht aus Der Weg zurück der eindringliche, verzweifelte Appell des Autors, es nicht wieder dazu kommen zu lassen. Aber die tiefe Resignation ist spürbar, die Verzweiflung darüber, dass ein anderes Deutschland nicht entstehen wird (und 1931 bei Erscheinen des Buches waren die ZukunftsChancen der Weimarer Republik kaum noch positiv einzuschätzen).
    In der Rückschau nach den noch fürchterlicheren Gräueln und Schrecken des Zweiten Weltkrieg verweist Remarque, immer noch im ›Exil‹, im Vorspruch zu Der schwarze Obelisk ( 1956 ) auf die Zeit der vergeblichen Hoffnung, als
    wir an so verdächtige Dinge glaubten wie Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Toleranz – und auch daran, dass ein Weltkrieg genug Belehrung sein müsse für eine Generation. –
    Dass diese Erfahrung des Ersten Weltkrieges eben nicht genügend »Belehrung« für die Mehrzahl der Deutschen brachte, verdeutlicht exemplarisch eine Figur wie der Ex-Scharfschütze Bruno Mückenhaupt in Der Weg zurück . Ernst Birkholz besucht ihn, den »besten Scharfschützen des Bataillons, der nie vorbeitraf«, kurz vor der Verhandlung wegen des zivilen Todesschusses von Albert Troßke, um zu sehen, »was er macht, und wie er damit [dem Töten] fertig geworden ist«. (S. 243 )
    Bruno sitzt auf dem Boden und spielt mit seinem blonden fünfjährigen Töchterchen. Er raucht dabei »behaglich« eine Pfeife mit »Porzellankopf«, auf der ein »kniend schießender Soldat« zu sehen ist mit der Umschrift: »üb Aug und Hand fürs Vaterland!« (S. 244 ) Bruno und Ernst gehen in die »gute Stube«. Ernst berichtet:
    Sofa und Stühle sind aus rotem Plüsch, gehäkelte Schonerdeckchen liegen auf den Lehnen, und der Fußboden ist so glatt gebohnert, dass ich [d. i. Ernst] ausrutsche. Alles ist sauber und an seinem Platz; Muscheln, Nippsachen und Fotografien stehen auf der Kommode, und dazwischen, in der Mitte, auf rotem Samt, unter einem Glassturz, Brunos Orden. (S. 244 )
    Natürlich hat Bruno seine »Trefferliste« noch, nach der Ernst fragt und die jetzt einen »Ehrenplatz« einnimmt. Bruno »blättert genießerisch darin herum« und schwärmt:
    Im Sommer war natürlich immer meine beste Zeit, weil man da abends so lange sehen konnte. Hier – warte mal – Juni 18 . vier Kopfschüsse, 19 . drei, 20 . einer, 21 . zwei, 22 . einer, 23 . keiner, Fehlanzeige. Da hatten die Schweinehunde nämlich was gemerkt und waren vorsichtig geworden – aber hier, pass mal auf, 26 . da war die neue Ablösung gerade angekommen, die von Bruno noch keinen Dunst hatte, neun Kopfschüsse, was sagst du nun? (S. 244 )
    Bruno strahlt Ernst an. Der schweigt. Die Tiraden gehen weiter:
    Und nun sieh mal hier – 29 . Juni 10 . 02 abends Kopfschuss, kein Witz, Ernst, du siehst, ich habe Zeugen gehabt, da steht es: Bestätigt, Vizefeldwebel Schlie. Zehn Uhr abends, fast im Dunkeln, Leistung, was? Mann, was waren das für Zeiten! (S. 244 f.)
    Als Ernst dem leistungsbewussten Massen-Töter die »großartige Leistung« bestätigt und dann vorsichtig fragt, ob ihm denn jetzt, nachdem alles vorbei ist, die »armen Kerle nicht manchmal ein bisschen leid« täten, braust Bruno auf: »Mensch, du bist wohl Bolschewist, was? War doch Pflicht! Befehl! So was –« Er ist beleidigt und »packt sein Trefferbuch wieder in das Seidenpapier«. Ernst beruhigt ihn mit einer Zigarette. Leutselig erzählt er, dass er nun »Schützenkönig« geworden sei: »Bruno I.! Sache, was?«
    Bitter schließt der Erzähler Ernst Birkholz, der hier unzweifelhaft Remarques Gefühle wiedergibt:
    Bruno wird wieder mit seinem Mädel spielen. Dann wird die Frau mit dem Abendessen kommen. Danach wird er zum Bier gehen. Sonntags macht er mit der Familie einen Ausflug. Er ist ein gemütlicher Mann, ein guter Vater, ein
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