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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel
Autoren: Patrick Woodhead
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mieser kleiner Schmuggler geworden war.
    Seit jenem Abend in Kapstadt waren neun Jahre vergangen, in denen Bear mit ihrem Vater kein Wort mehr gesprochen hatte. Sie hatte ein neues Leben angefangen, war verheiratet und hatte einen zweijährigen Sohn. Das Wichtigste an ihrer neuen Familie war, dass
er
zu keinem Zeitpunkt dazugehört hatte. Doch trotz allem, was passiert war, und allem, was er getan hatte, stellte sie sich manchmal vor, wie schön es wäre, wenn der kleine Nathan seinen Großvater kennenlernen könnte. Dieser Traum fiel aber immer gleich in sich zusammen, kaum dass er begonnen hatte. Ihr Vater hatte sich einfach zu weit von ihr entfernt. Er war einer von vielen, die Afrikas endlosen Konflikten zum Opfer gefallen waren.
    Am Horizont begann sich bebautes Gebiet abzuzeichnen. Bear zog den Steuerknüppel zurück und brachte die Cessna wieder in den Steigflug, so steil, dass sie in den Sitz gedrückt wurde. Bei verringerter Fluggeschwindigkeit fuhr sie erst eine, dann die zweite Flügelklappe aus und ließ die Maschine über dem Zielgebiet kreisen. Sie konnte Menschen sehen, die sich auf dem Areal bewegten. Wie ein Adergeflecht durchzogen riesige Transportbänder das Minengelände vom nördlichen Ende bis zu den umliegenden Gebäuden.
    Bear kippte die Maschine auf die Seite, um besser in den Krater blicken zu können, den die Explosion in die Erde gerissen hatte. Er war fast kreisrund. Sie griff in eine Tasche, die auf dem Rücksitz stand, holte eine kleine Lumix-Kamera heraus und machte fünf Aufnahmen. Aus der Höhe sah es aus, als läge der Laborkomplex knapp außerhalb des Explosionsradius, und zwar sehr knapp.
    Fünfzig Meter unter dem kreisenden Flugzeug standen drei Männer neben einem weißen Toyota Pick-up. Alle trugen Khakihemden, Shorts und Kniestrümpfe. Trotz der sengenden Sonne hatte keiner einen Hut auf. Sie blinzelten in den kobaltblauen Himmel und verfolgten den Sinkflug der Maschine, die bereits den Windsack passierte und sich dem Boden näherte. Das Propellergeräusch veränderte sich, dann wirbelte Sand auf, und das Fahrgestell berührte den Erdboden. Wenige Sekunden später kam die Maschine unweit des Pick-ups zum Stehen. Die Männer gingen um den Wagen herum und blickten aufs Cockpit.
    Beim Aussteigen versuchte Bear, so wenig wie möglich von ihren Beinen zu zeigen.
    «Das glaub ich jetzt nicht», sagte der größte der drei Männer. Seine Stimme war verraucht, seine Muttersprache unverkennbar Afrikaans. Ohne hinzusehen, wusste Bear, dass es Wilhelm war, der da sprach. «Haben die uns doch tatsächlich schon wieder diese Kaffernschlampe geschickt!»
    Als Wilhelm stehen blieb, wagten auch die anderen nicht weiterzugehen. Er verschränkte die Arme über dem ausladenden Bauch, und sein ohnehin mürrischer Blick verfinsterte sich noch mehr, als er Bear von Kopf bis Fuß betrachtete und ihrem Unterleib besondere Beachtung schenkte. Er nickte und leckte sich über die Lippen.
    Bear öffnete die Ladeklappe der Cessna und holte eine große Werkzeugtasche heraus.
    Wilhelm warf sich in die Brust und machte die Schultern breit, um noch größer zu wirken. «Wir haben alles unter Kontrolle», rief er ihr zu. «Ist doch klar, was hier passiert ist. Jeder Idiot kann das sehen. Die Kompressoren sind durchgeknallt. Wozu sollten die uns also eine Frau schicken, um in meiner Mine nach dem Rechten zu sehen?»
    Der Mann links von ihm grinste schief, holte eine Schachtel Zigaretten aus der Hemdtasche und klopfte sie aus. Dann steckte er sich eine Zigarette in den Mundwinkel, holte ein Sturmfeuerzeug aus der Hosentasche und schnippte die Kappe ab.
    «Das sollten Sie besser lassen», sagte Bear und verriegelte die Ladeklappe.
    Der Mann sah sie herablassend an, zögerte, entschloss sich dann aber, sie zu ignorieren.
    «Sie stehen ein paar Meter neben dem Spritüberlauf. Ihre Shorts sind ein Anblick für die Götter, und es wäre doch jammerschade, wenn sie in Flammen aufgingen.»
    Der Mann sah auf das L-förmige Überlaufventil unter dem Flügel, an dessen Rand sich ein Tropfen Treibstoff sammelte. Dann sah er Bear an und lächelte, aber seine Augen lächelten nicht mit.
    Wilhelm ließ die Muskeln in seinen gewaltigen Oberarmen spielen und beobachtete den Kollegen, der langsam das Feuerzeug sinken ließ.
    «Jetzt passen Sie mal gut auf», schnarrte er und hob das Kinn. «Wir sind nicht darauf angewiesen, dass irgendeine Kaffernmaus kommt und uns sagt, wie wir unsere verdammte Mine zu führen haben. Steigen
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