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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel
Autoren: Patrick Woodhead
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passiert?
    Sie kletterte in den Krater, arbeitete sich systematisch durch die Trümmer und sammelte Bodenproben in hitzebeständigen Dosen, die sich in den Taschen ihres Schutzanzugs befanden. Am tiefsten Punkt blieb sie stehen. An der Unterseite eines geborstenen Leitungsstücks klebte etwas, das in der Sonne glänzte. Als sie es aufhob und ans Licht hielt, spürte sie die Hitze, die von diesem Ding ausging, durch ihre Schutzhandschuhe. Was immer es war, es hatte durch die Explosion eine spiegelglatte Oberfläche bekommen, wie ein polierter Stein. Bear bewegte es in der Sonne hin und her und fragte sich, was es wohl sein mochte. Dann schabte sie etwas davon in eine Aufbewahrungsdose.
    Als sie sich umdrehte, sah sie, dass die beiden Kapholländer sie vom Kraterrand aus beobachteten und ihr zuwinkten, um zu signalisieren, dass die zehn Minuten um waren. Bear ignorierte sie, drehte sich wieder um und ließ den Blick noch einmal über die Trümmer schweifen.
    Was immer die Explosion ausgelöst hatte – die Kompressoren hatten jedenfalls nichts damit zu tun. Da war sie sich ganz sicher.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 3
    Der Amerikaner wandte dem Rest der Gruppe den Rücken zu und sprach laut in ein Satellitentelefon. Im Licht der untergehenden Sonne war nur seine Silhouette zu sehen, die auf beiden Seiten von hoch aufragenden Himalajagipfeln eingerahmt wurde.
    Auf dem unebenen Boden versuchte er das Gleichgewicht zu halten, während er zu den nepalesischen Trägern hinübersah, die jetzt über den Grat kamen. Die Männer gingen in kurzen Abständen hintereinander, ihre Nackenmuskeln waren von den schweren Lasten geschwollen, die sie an Stirngurten trugen. Sie blieben stehen, sahen den Amerikaner an und warteten auf Anweisungen zur Errichtung des Lagers.
    «Sie verstehen nicht», sagte der Mann ins Satellitentelefon, wandte sich wieder dem Bergpanorama zu und ignorierte die Träger. «Das hier ist kein beschaulicher Gebirgsspaziergang. Wir sind im Himalaja.»
    Dann horchte er auf die nächste Frage des Journalisten am anderen Ende der Leitung.
    «Klar, Angst ist immer dabei.» Er nickte, als wollte er seine Aussage bekräftigen. «Aber man muss sie bezwingen, genau wie man den Berg bezwingen muss. Die meisten Zivilisationsmenschen können nicht verstehen, was mich dazu treibt, solche Herausforderungen zu suchen. Es ist …»
    Er unterbrach sich und sah auf das Telefon in seiner Hand, das plötzlich keinen Empfang mehr hatte. Er fragte sich, was der Journalist wohl noch gehört hatte. Langsam ließ er die Schultern sinken.
    «Bob, die Männer wollen wissen, wo sie das Lager aufschlagen sollen», rief eine kleine blonde Frau, die ein Stück unterhalb des Grats stand. Sie trug die gleiche leuchtend gelbe Goretex-Jacke wie der Rest der Bergsteiger, aber ihr schien sie ein paar Nummern zu groß zu sein.
    Bob schaute auf und zeigte geistesabwesend auf eine größere Grasfläche hinter sich.
    Erleichtert setzten die Sherpas ihre Lasten ab und packten die Zelte aus.
    Bob ging auf die blonde Frau zu und schwenkte das Telefon, als könnte es dadurch wieder Empfang bekommen. «Was ist bloß mit diesem verdammten Iridiumnetz los, Sally?», fragte er sichtlich genervt. «Alle zwei Minuten verliert man das Satellitensignal. Warum benutzen wir eigentlich kein sichereres System?»
    Sally senkte den Kopf.
    «Wenn uns hier unten schon so was passiert, möchte ich lieber nicht wissen, was weiter oben noch alles schiefgeht.» Bobs Miene wurde immer finsterer, als sähe er die bevorstehenden Missgeschicke bereits vor sich. «Hörst du mir überhaupt zu, Sally? Es geht nicht um mich, es geht um das ganze
Team
.» Er blickte zu den Sherpas hinüber.
    Ein sechzehnjähriger Junge öffnete gerade den Pelican-Koffer, den er getragen hatte, und entwirrte die Computerkabel, die ihm entgegenquollen.
    «Nicht anfassen!», brüllte Bob, lief auf den Jungen zu und wedelte mit dem Zeigefinger vor dessen Nase herum. «Das nicht anfassen!»
    Sally ärgerte sich so sehr über ihn, dass sie rot anlief. Vorsichtshalber drehte sie sich um und blickte ins Tal hinunter. Dann atmete sie tief durch und versuchte sich zu entspannen. Warum waren diese Wall-Street-Typen bloß immer so anstrengend? Im einen Moment wollten sie Bergsteiger sein, im nächsten Astronaut. Sie hätte es wissen müssen. Jeden Tag neue Vorwürfe und Beschwerden, dass sie ein unerfahrener Nobody sei. Trotzdem hatte sie sich auf das Unternehmen eingelassen. Eine Himalaja-Expedition allein
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