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Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)

Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
Autoren: Erica O'Rourke
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einer Flachenbar auf der South Side von Chicago überhaupt nicht aufzufallen– aber der Anton, den ich kannte, war zu arrogant, sich anzupassen.
    Irgendetwas hatte die Magie verdrossen, oder vielleicht war es auch meine eigene Unzufriedenheit. Vor drei Monaten hatte ich mich willig der Magie ergeben– sie in mich aufgenommen, mich an den Ursprung der Zauberkraft der Bögen gebunden– und herausgefunden, dass es sich dabei nicht nur um eine übernatürliche Energiequelle handelte, sondern um ein fühlendes Wesen. Lebendig. Seitdem hatte sich unsere Verbindung verstärkt. Wir konnten zwar kein Gespräch miteinander führen, aber ich wurde immer besser darin, die Stimmung der Magie zu interpretieren, und sie reagierte auf meine: ein angenehmes Summen unter meiner Haut, wenn ich zufrieden war, ein Schaudern, wann immer ich die Schwelle zum Morgan’s überquerte. Ich wusste nicht, wer von uns für den Misston verantwortlich war, den ich jetzt wahrnahm.
    Von vorn im Morgan’s rief jemand: » Sie sind da! Wo steckt Mo?«
    Colin ergriff meine Hand und zog mich auf die enge Eingangstür zu, als sie aufschwang. Die Menge schnappte gleichzeitig nach Luft, als meine Mutter mit vor Kälte und Aufregung geröteten Wangen hereinkam. Und ich vergaß alles über halb gesehene Gesichter, denn direkt hinter ihr stand mein Vater und blinzelte angesichts des Lärms und der Rufe » Überraschung!« und » Willkommen zu Hause!«.Ich hatte ihn seit fünf Jahren nicht gesehen.
    Hinter einer Wand aus Menschen hervor musterte ich ihn aufmerksam. Er war immer noch mein Vater, mit scharfen, grünbraunen Augen, die von einer schweren schwarzen Brille umrahmt wurden. Sein dunkelrotes Haar, das sich am Kragen zu Locken ringelte, hätte einen Schnitt gebrauchen können, und es gelang seinem schmalen Gesicht, erstaunt dreinzublicken, obwohl der Ausdruck einen Hauch zu spät einsetzte, um echt zu sein. Aber an den Augenwinkeln hatte er Falten, die früher nicht da gewesen waren, und sein Haar wies graue Strähnen auf. Er ging ein wenig gebeugter, als ob er versuchte, sich in sich selbst zurückzuziehen. Er schlang einen Arm um meine Mutter und zog sie nahe an sich, während die Leute Schlange standen, um ihn zu begrüßen.
    Billy ertappte mich dabei, wie ich versuchte, mich in der Menge zu verlieren, und packte mich am Ellbogen. » Wage es ja nicht, das hier zu ruinieren«, murmelte er und zerrte mich in den Kreis, der sich um meine Eltern gebildet hatte. Plötzlich floss sein Tonfall vor Fröhlichkeit nur so über: » Jack! Willkommen zu Hause! Schau mal, was ich dir mitgebracht habe– Balsam für deine Seele, findest du nicht?«
    Er trat zurück und ließ mich los. Die Erwartung der Zuschauer, die mit einem tränenreichen Wiedersehen rechneten, lastete so drückend auf mir wie die Luft vor einem Sturm.
    Nach einem Augenblick ließ mein Vater meine Mutter los, machte einen zögerlichen Schritt auf mich zu und breitete die Arme aus. » Da ist ja mein Mädchen«, sagte er, und seine Stimme brach in dem plötzlich stillen Raum. » Da ist meine Mo!«
    Ich wollte mich abwenden, ihn für all den Schmerz bestrafen, den er uns zugefügt hatte. Ich würde ihn nicht mit offenen Armen empfangen, und es bestand kein Grund, etwas anderes vorzugeben.
    Bis ich sah, wie meine Mutter, ein unsicheres Lächeln auf den Lippen, Tränen fortblinzelte. All ihre Hoffnungen für unsere Familie kristallisierten sich in diesem einzigen Moment, und meine Reaktion würde diese Hoffnungen entweder wachsen lassen oder auf den abgenutzten Eichendielen zerschmettern. Ich leckte mir die Lippen und schluckte den Staub hinunter, der mir die Kehle verstopfte.
    » Hallo, Dad.« Ich schlang mir das Schürzenband um die Finger, bis es mir den Blutfluss abschnürte, und entwirrte es wieder. » Es ist… schön, dass du wieder zu Hause bist.«
    Er durchquerte den Raum in drei Schritten und zog mich in der gleichen kräftigen Umarmung an sich, in der er mich gehalten hatte, als ich noch fünf gewesen war. Eine Sekunde lang gestattete ich mir zu glauben, dass meine Mutter recht hatte. Heute Abend konnte ein Neuanfang werden, eine Chance für uns, wieder eine Familie zu sein. Vielleicht war seine Rückkehr doch nichts so Schreckliches.
    Und dann flüsterte mir mein Vater, während er mich noch immer eng umschlungen hielt, ein einziges Wort zu: » Lügnerin.«

Kapitel 2
    Eine Stunde später war mein Vater immer noch von einer Schar von Gratulanten umgeben, aber mein eigener guter Wille
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