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Der Wandler

Der Wandler

Titel: Der Wandler
Autoren: Dominik Spreigl
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machte keinerlei Anstalten wieder zu verschwinden. Ganz im Gegenteil, sie blieb stehen und sah sich um. Ich konnte ihren brennenden Blick fast spüren. Angst schnürte mir die Kehle zu. Mein Herzschlag fühlte sich an, als ob jemand sich mit einem Vorschlaghammer, von innen heraus, einen Weg aus meiner Brust bahnen wollte. Mein Verfolger blickte angestrengt auf den Boden und ging einen Schritt vorwärts, an den Rand des Kanals.
    »Verdammt!«, schoss es mir durch den Kopf. Er hatte den Kanal entdeckt.
    Brutus am Halsband hinter mir herziehend, lief ich tief nach vorne gebeugt durch den Graben. Ich wollte so weit wie möglich weg, bevor mein Feind beschließen würde, den Kanal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich war kaum zehn Schritte gerannt, als ich hinter mir ein lautes Rutschen hörte.
    Er war da!
    »Sie haben uns, sie haben uns, sie haben uns... Verflucht nochmal, Ego!«
    »Ich habs gehört, ich habs gehört, ich habs gehört. Hältst du mich eigentlich für verblödet? Was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun, ihn wegzaubern? Versteck dich lieber.«
    Ein greller Lichtstrahl durchschnitt den Rauch wie ein Messer. Als er in meine Richtung schwenkte, ließ ich mich vornüber fallen und begrub Brutus unter mir. Mein ganzer Körper versteifte sich vor Panik. Das Licht schoss über meinen Kopf hinweg.
    »Geh in die andere Richtung, geh schon, na los!«, murmelte ich verzweifelt vor mich hin.
    Das Licht schwenkte unschlüssig nach beiden Seiten und entfernte sich schließlich zu meiner großen Erleichterung in die andere Richtung, von mir weg. Die Gestalt verschwand aus meinem Sichtfeld.
    Aber das würde nicht für lange sein. Der Kanal endete in der anderen Richtung nach ein paar hundert Schritten. Dann würde er umdrehen und zurückkommen. Das Risiko hier zu bleiben und entdeckt zu werden, war zu groß. Den Kanal zu verlassen, war ebenso gefährlich, aber ich hatte keine Wahl. Ich musste hier raus!
    Wider besseres Wissen kroch ich nach oben. Hoffentlich würde mir die Nebelwand genug Deckung geben.
    Gerade, als ich ganz aus dem Kanal heraussteigen wollte, wurde ich brutal von hinten gepackt. Eine riesige, stahl-harte Pranke riss mich zurück. Brutus wurde ebenfalls zurückgezerrt. Ich versuchte mich loszureißen, strampelte wie wild mit den Füßen, vergeblich.
    Mein Widersacher war einfach zu stark. Gerade wollte ich losschreien, als der Unbekannte mir etwas zuraunte .
    »Klappe! .«
    Blitzschnell drehte ich mich zu ihm um. Vor Freude hätte ich am liebsten losgebrüllt. Doch er hielt mir den Mund zu und schüttelte seinen Kopf.
    »Nicht jetzt, wir sind nicht allein.«
    Es war Cypher, mein Vater. Andere kannten ihn nur als den Wolfsmenschen.
    Er war gekommen um mich zu holen. Ab jetzt würde alles gut werden, er wusste, was zu tun war.
    Zusammen würden wir es zum Zeppelin schaffen und dann diese gottverdammte Stadt für immer verlassen.
    Seite an Seite schlichen wir los, ich immer dicht hinter ihm, Brutus neben mir.
    Unaufhaltsam bahnten wir uns unseren Weg bis zur Anlegestelle. Dort erwartete uns schon der Kapitän.
    Beim Anblick meines Vaters bellte er seinem ersten Offizier einen Befehl zu.
    »Alles bereit machen zum Ablegen. Wir verlassen auf der Stelle New York.«
    Die Besatzung lief eilig umher, um dem Befehl Folge zu leisten.
    Zusammen betraten wir das fliegende Ungetüm, hinter uns schloss sich die Tür.

    Unter uns tobte noch immer mit unverminderter Härte der Kampf.
    Bis an die Zähne bewaffnete Wächter mit ihren riesigen Kampfrobotern gegen die Aufständischen, die sich mit dem Mut der Verzweiflung dagegen stemmten. Langsam zogen sich die Rebellen immer weiter zurück und versuchten, durch die überschwemmten Tunnelsysteme der U-Bahn, durch die sie sich in Stadt geschlichen hatten, wieder zu entkommen.
    Sie, die normalerweise einen Partisanenkrieg aus dem Schatten heraus führten und das Kollektiv immer wieder durch Terroranschläge in Angst und Schrecken versetzten, hatten die Stadt angegriffen, nur um mir die Flucht zu ermöglichen.
    Mein Vater hatte sie geschickt, seine Armee. Zusammengewürfelt aus Freaks, Außenseitern, Wandlern, Crazies und all denen, die das Kollektiv und ihre Machtergreifung verurteilten und nicht so einfach hinnehmen wollten.
    Viele hatten ihre Überzeugung, dass Menschen und Wächter friedlich zusammen leben sollten, mit dem Leben bezahlt. Wut kochte in mir hoch. Ich wusste wer Schuld daran war, an all dem Leid und Tod. Sie!
    Wir hatten unseren letzten Kampf noch nicht
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