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Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)

Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Katz Krefeld
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unmissverständlich.
    Der Mullah sprach eine Dreiviertelstunde ohne Pause. Seine Stimme schraubte sich immer höher, die Reaktionen des Publikums wurden zunehmend hitziger. Als Hasim eine ganze Passage nicht übersetzte, war Storm gewiss, das Badr Udeen seine Zuhörer zwar nicht aufgefordert hatte, nach der Veranstaltung die Straßen in Brand zu stecken, wohl aber das alte Gerede von der göttlichen Bestrafung der Ungläubigen von sich gegeben hatte. Als er endlich schwieg, erhob sich der ganze Saal. Die Menschen applaudierten und priesen seinen Namen. Die Leibwächter des Mullahs schirmten rasch das Rednerpult ab und führten ihn von der jubelnden Menge fort.
    » Wo bringen sie ihn hin?«, fragte Storm und stand auf.
    » Tja …« Niels wechselte von einer Kamera zur nächsten, bis er bei dem schwarzen Bildschirm angelangt war, der durch die defekte Kamera 4 verursacht wurde. » Er ist … außerhalb unserer Reichweite.«
    Storm betrachtete nachdenklich den schwarzen Monitor, während seine Stimme immer noch ruhig war. » In welchen Räumen hält er sich jetzt auf?«
    Niels blätterte hektisch in den Papieren, die auf dem Tisch lagen, und zog einen Grundriss der Korsgade-Halle heraus. Er ließ den Zeigefinger über den Plan gleiten.
    » Hier sind nur Toiletten und ein Umkleideraum.«
    » Haben wir Kontakt dorthin?«
    » Nein, nur in den Saal.«
    Claus rückte näher an Nils heran und betrachtete den Gebäudeplan. » Dahinten gibt es noch einen Notausgang«, sagte er und zeigte Storm den entsprechenden Punkt auf dem Plan. » Vielleicht sind sie auf dem Weg dorthin.«
    » Sofort mit der EL in Verbindung treten. Sie sollen Kontakt zur Nordseite aufnehmen. Informiert sie darüber, dass Zielobjekt möglicherweise den Notausgang benutzt. Ich glaube, es gibt einen Fußweg, der von dort aus direkt auf den Åboulevarden führt. Beordert sofort ein paar Wagen dorthin.«
    Niels stieß sich vom Tisch ab, rollte zur Rufanlage hinüber und rief die Einsatzleitung.
    Storm verließ den Wagen. Er hasste solche Zwischenfälle. Es war zwar nur ein Detail, das vermutlich keine Auswirkungen hatte, doch hätten sie unbedingt eine Kontaktperson im Saal postieren sollen. Hätten die Situation ununterbrochen unter Kontrolle haben müssen. Von der Korsgade drang bereits das Gebrüll der Anhänger Badr Udeens herüber, das sich mit dem Bellen der Polizeihunde vermischte. Still und leise würde die Sache trotz allem nicht abgehen. Die üblichen Krawallmacher würden sich unter die Demonstranten mischen, was die Sache zusätzlich erschwerte. Glücklicherweise hatte er sich zumindest vergewissert, dass sich Einsatzkräfte hinter der Halle befanden, die dem Mullah von dort aus folgen konnten. Wenn der Mullah seinem üblichen Verhalten treu blieb, würde er es seinen Anhängern überlassen, Krawall zu schlagen, während er selbst sich aus dem Staub machte. Mit ein wenig Glück würden sie in ein paar Minuten wieder Kontakt zu ihm haben. Daran bestand kein Zweifel. Nicht der geringste … Er fuhr sich mit der Zunge nervös über die Lippen.

2
    Die meisten Zuhörer von Mullah Badr Udeen strömten aus der Halle. Sie wussten, dass die Veranstaltung – unter aktiver Teilnahme der Polizei – auf der Straße fortgesetzt wurde. Viele von ihnen hatten sich erneut ihre roten Tücher vor Nase und Mund gezogen, um nicht erkannt zu werden. Rot war die Farbe des Mullahs. Sie stand symbolisch für das Blut, das all die islamischen Brüder in den besetzten Gebieten in Irak, Afghanistan, Pakistan sowie bei Selbstmordattentaten in der westlichen Hemisphäre vergossen hatten. Sie stand auch für das Blut, das die Ungläubigen vergießen sollten, bis das Weltkalifat, von dem Udeen in seinen Reden sprach, Realität geworden war.
    Auf dem Absatz der Empore standen einige Frauen neben dem Geländer und warteten. Dann setzten sie sich in Bewegung und folgten dem Mullah sowie seinen Leibwächtern auf dem Weg zum Notausgang. Ebrahim ging zwei Schritte hinter ihnen. Als die kleine Prozession die Tür zum letzten Umkleideraum erreichte, blieb sie stehen. Einer der Leibwächter zog einen Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür auf. Badr Udeen und seine Leute setzten ihren Weg fort. Als Ebrahim ihnen in die Umkleide folgen wollte, drehte sich der letzte der Leibwächter um und versperrte ihm den Weg. » Mullah Udeen wünscht zu beten«, sagte er freundlich, während er Ebrahim die Hand auf die Brust legte. Ebrahim sah den Mann, dessen Augen hinter einer dunklen
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