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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)
Autoren: Frank Patalong
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ELEKTRISCHEN LICHTS
    EIN GLÜCKLICHER GEDANKE
    D as elektrische Licht, in dem Möbel, Tapeten, Bilder, Raumtrenner und so weiter so vorteilhaft erscheinen, bekommt dem weiblichen Teint nicht immer gut. Man wird leichte japanische Sonnenschirme als von unschätzbarem Wert zu schätzen lernen.
    ( Punch , 20. Juli 1889)

Das Ende der Nacht
    Stellen Sie sich einmal vor, die Lichter gingen aus. Und zwar alle, ausnahmslos: Straßenlaternen, Lichtreklame, Positionslichter an hohen Gebäuden, Gebäudebeleuchtung, Nachttischlampen – kurzum: es gäbe keine einzige Form elektrischer Beleuchtung. Mehr noch, es fehlte auch die Voraussetzung für jede Form von Stromversorgung.
    Wie anders wäre die Welt! Nicht nur in punkto Aussehen, sondern auch was unsere Lebensweise anbelangt.
    Wahrscheinlich würden wir im Sommer deutlich mehr und deutlich länger arbeiten als im Winter. In der dunklen Jahreszeit wäre der Tag schließlich erheblich verkürzt: Im Haus hätten wir noch Kerzen oder auf Brennstoffen basierende Laternen, welche nur ein warmes, aber flackerndes und ungewohnt schummriges Licht abgäben. Zum Lesen rückten wir ganz nah heran an die Lichtquelle, aber es wäre anstrengender, als wir das heute gewohnt sind.
    Ziemlich zeitig würden wir den Ruf der Matratze vernehmen, denn unser Lebenstakt würde sich ohne Frage dem durch das Licht vorgegebenen Tagestakt annähern. Ein soziales Nachtleben wäre kaum denkbar und eine so große Ausnahme wie die Nachtarbeit. Akkord-Produktion im Dreischichtbetrieb? Könnte man weitgehend vergessen.
    Draußen auf den Straßen herrschte Dunkelheit, und in den raueren Ecken unserer Städte auch die Angst davor. Man kann sich vorstellen, wie leer die Straßen nachts wären, wenn sie im Dunkel lägen.
    Was wir uns jedoch kaum vorstellen können, ist, was es für unsere Vorfahren bedeutet haben muss, als sich all das auf einen Schlag änderte. Die flächendeckende Einführung künstlicher Beleuchtung sowohl in Häusern als auch im öffentlichen Raum war weit mehr als nur eine technologische Innovation – es war eine Maßnahme, die die Lebensweise ganzer Gesellschaften komplett veränderte. Und mehr als das: Das künstliche Licht war ein Fortschritts-Fanal, das Symbol für eine neue Zeit.
    Das gefiel durchaus nicht allen. An der tiefgreifenden, technologisch beförderten Veränderung der Welt rieben sich progressive wie konservative Kräfte. Die deutsche Schriftstellerin Kathinka Zitz-Halein (1801–1877), deren lyrisches Werk vor allem den Zeitgeist zur Mitte des 19. Jahrhunderts kommentierte, wertete den Konflikt zwischen Vorwärts und Rückwärts folgendermaßen:
    Vorwärts! rufen die Lichtbekenner,
Laßt uns Fackeln der Wahrheit sein.
Rückwärts! Heulen die Dunkelmänner,
Meidet jeglichen hellen Schein.
    Vorwärts gehe stets unser Streben,
Tatendrang ist in uns erwacht.
Rückwärts sichert uns Gut und Leben,
Haltet fest an der alten Nacht.
    Da ist er wieder, dieser Anklang von Revolution, die die Technik zu bringen versprach. Und das viel wörtlicher, als wir das heute so dahinsagen. Das Licht anzuschalten war, als ob man das alte Leben ausschaltete.
    Fast nichts hat unseren Planeten und das Leben so tief beeinflusst und verändert wie die Einführung des künstlichen Lichts. Das, was die meisten von uns Nacht und Dunkelheit nennen, gibt es in Wahrheit nur noch mit Abstrichen. Man muss schon sehr weit draußen auf dem Land wohnen, um überhaupt noch erleben zu können, was das wirklich bedeutet.
    In Deutschland gibt es nur noch wenige Orte, wo das unter freiem Himmel möglich ist. Selbst wer 30, 40 Kilometer von der nächsten Metropole entfernt in den Himmel schaut, bekommt eine durch Lichtsmog abgemilderte Nacht geboten. Astronauten wissen das: Von oben gesehen sind die Ballungsgebiete der technisierten Welt gleißende Lichtermeere.
    In Europa gehen die Ballungsräume unmittelbar ineinander über. Aus dem All gesehen bilden etwa Köln und das Ruhrgebiet mit den Beneluxländern einen einzigen großen Lichtfleck. Nur die dunkle Linie des Ärmelkanals verhindert dabei, dass auch der Großraum London nicht damit verschmilzt. Europa ist ein Lichtermeer.
    Europa bei Nacht: Dunkelheit gibt es nicht mehr (Bild: NASA)
    Das Deutsche Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) hat im November 2011 einen wunderschönen Film veröffentlicht, den man sich im Web ansehen kann (Link im Literaturverzeichnis): Gefilmt wurde er durch die Sichtluken der Internationalen Raumstation ISS und zeigt eine Reihe
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