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Der viel zu schoene Traum

Der viel zu schoene Traum

Titel: Der viel zu schoene Traum
Autoren: Cathleen Galitz
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ihren Scharfsinn. Beides drohte ihr im Augenblick zu entgleiten. Sie beeilte sich, Hawk und sich selbst zu beruhigen. „Mir geht es gut, alles in Ordnung.”
    Erst jetzt ließ er ihren Arm los, und es war, als zöge man zwei Magneten auseinander. Rasch trat Ella hinter den Stuhl, über den sie eben fast gefallen war.
    Hawk unterdrückte ein Lächeln. Sie nahm doch wohl nicht an, dass er sie durch sein Zimmer verfolgen würde wie ein alter Lüstling in einer verstaubten Komödie. Solche Spielchen waren nicht seine Art. Wenn er ehrlich war, hatten seine Probleme jegliche Gefühle sexueller Natur in letzter Zeit ohnehin so gut wie erstickt. Außerdem war Ella McBride ja fast noch ein Kind und sicher auch noch Jungfrau, ihrer Reaktion auf seine Berührung nach zu urteilen.
    „Es gibt keinen Grund, so verschreckt zu gucken”, sagte er.
    „Ich habe nicht vor, über Sie herzufallen. Ich möchte Ihnen nur einen Job anbieten.”
    Ella sah ihn misstrauisch an. „Was für einen Job?”
    „Nichts, wofür Sie sich als französisches Zimmermädchen verkleiden müssen, wenn es das ist, was Sie befürchten”, erklärte er lächelnd.

    Die Fingernägel tief in das Polster des Sessels gekrallt, an dem sie sich festhielt, bemühte sie sich um ein würdevolles Erscheinungsbild. Ganz eindeutig hielt dieser Mann sie für ein naives junges Ding. Was sie natürlich auch war. Außerdem, was sollte ein reicher, attraktiver Mann wie er von einem hässlichen kleinen Entlein wie ihr wollen? Sicherlich nichts von dem, was ihr in dem Moment, da er sie berührt hatte, in den Sinn gekommen war. Aber sie hatte ja schon immer eine blühende Fantasie gehabt.
    „Ich fühle mich nicht nur schuldig daran, dass Sie Ihr Vorstellungsgespräch verpasst haben”, erklärte Hawk, „sondern ich glaube, ich kann Sie wirklich brauchen. Meine Kinder haben Sie immerhin schon für sich eingenommen.”
    „Sie meinen, ich soll als Kindermädchen für Sie arbeiten?”
    Warum nur schien sie auf alle Menschen einen so mütterlichen Eindruck zu machen? Sie fühlte sich noch viel zu jung, um auf eine solche Rolle festgelegt zu werden. Das Leben allein konnte so aufregend und schön sein. So schnell wollte sie ihre Freiheit eigentlich nicht wieder aufgeben.
    Billy begann, auf-und abzuhüpfen. „Du wirst unsere neue Mom!”
    Sarah, auch wenn sie nicht genau wusste, was vor sich ging, stimmte mit ein. „Mom, Mom, Mom!”
    „Nein!” riefen Ella und Hawk einstimmig.
    „Ein Kindermädchen ist keine neue Mutter”, erklärte Hawk.
    Er sah, dass Ella errötete, und versuchte, die etwas peinliche Situation zu überspielen. „Aber ich finde, ,Kindermädchen’ ist ein zu schwacher Ausdruck. Sagen wir einfach, Sie helfen einem verzweifelten Vater und seinen zwei Kindern.”
    „Verzweifelt” war noch untertrieben. Im letzten Jahr hatte er am eigenen Leib zu spüren bekommen, dass Kindererziehung Knochenarbeit war. Trotzdem war es eine dankbare Aufgabe und erfüllender als Management. Ihm war aufgefallen, wie viel Distanz sein Job zwischen ihn und seine Familie gebracht hatte.

    Anfangs hatte er sich seinen Kindern gegenüber wie ein Fremder gefühlt. Erst in letzter Zeit hatten die beiden begonnen, Zutrauen zu ihm zu fassen. Ihnen Gutenachtgeschichten vorzulesen und ihre kleinen Arme um seinen Hals zu spüren, gab ihm allen Ansporn, um mit jeglichen Problemen fertig zu werden. Und wenn er zu Hause arbeitete, konnte er die neu gewonnene Verbindung zu seinen Kindern aufrechterhalten. Was er brauchte, war jemand, der ihm half, damit er überhaupt zum Arbeiten kam und seine Geschäfte nicht vernachlässigte.
    Geld war kein Thema für ihn, und dass Ella Nein sagen könnte, kam Hawk gar nicht in den Sinn.
    Ella winkte lediglich ab. „Das ist ein großzügiges Angebot, aber ich glaube nicht, das es das Richtige für mich ist.”
    „Bitte”, sagte Sarah mit hoffnungsvollem Blick.
    Ella seufzte. Sie kannte das Gefühl, das sich in ihr ausbreitete. Es hieß Pflichtbewusstsein, und sie hatte viel zu viel davon.
    Die Bedürfnisse anderer immer über ihre eigenen zu stellen war für sie selbstverständlich geworden. Sie war nie adoptiert worden, aber nach einiger Zeit in Familien geschickt worden, die einen Babysitter und Hilfe im Haus brauchten. Ihre Freunde hatten sie „Schwester Mac” genannt und damit ihre Fürsorge für die Kinder anderer Leute verspottet und sie an den Schmerz erinnert, den jede neue Trennung in ihr ausgelöst hatte.
    Mit den Jahren hatte sie erkannt,
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