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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman
Autoren: Lara Morgan
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die Silberröhrchen an den Enden seiner Zöpfe aneinanderklimperten. »Was ist los?«
    »Nichts.«
    Er runzelte die Stirn. »Lügnerin.«
    »Ich bin nur müde.« Sie schloss die Augen, so dass sie seinem Blick nicht begegnen musste.
    »Wieder Träume von Azoth?«, fragte er.
    Sie hatte ihm nicht alles erzählt: wie wirklich sie geworden waren, dass es sich anfühlte, als ob Azoth neben ihr im Bett lag. Wie sollte man das dem eigenen Bruder anvertrauen? Sie seufzte. »Du musst dir keine Sorgen machen, es sind nur Albträume. Ich werde nicht ausreißen, um ihn zu suchen.«
    »Das hatte ich auch nicht angenommen.«
    Sein Tonfall war ruhig, aber Shaan spürte die Besorgnis dahinter.
    Er streckte ihr eine Hand hin. »Komm schon, steh auf. Du bist bald ganz voller Sand.«
    »Macht nichts.« Sie schloss die Augen.
    »Fein, dann bleib da.« Er entfernte sich, und sie hörte, wie er in dem kleinen Bündel herumwühlte, das sie auf ein paar Felsen hatten stehen lassen. »Aua!«
    Als Shaan die Augen öffnete und sich herumwälzte, sah sie Tallis auf einem Felsen hocken; er hielt sich den Daumen.
    »Was ist geschehen?«
    »Krebs im Bündel«, sagte er und verzog das Gesicht.
    »Was?« Sie beobachtete ihn lächelnd. »Hast du etwa nicht nachgesehen, bevor du die Hand hineingesteckt hast?«
    Er schenkte ihr einen Blick, der ihr sagte, wo sie sich ihren Kommentar hinstecken konnte.
    Stöhnend stieß sie sich hoch, bis sie saß. »Wie tief ist die Wunde?«
    Er kam zu ihr, kniete sich neben sie und zeigte ihr einen tiefen Schnitt quer über den Ballen seines rechten Daumens.
    Shaan starrte das glänzende Blut an, und ihre Heiterkeit verflog, als sich ein Druck in ihrer Brust bildete und ein leichtes Kribbeln ihren linken Arm hinunterfloss.
    »Was ist?«, fragte Tallis. »Ist es wieder dieses Gefühl?«
    »Ja.« Sie war unfähig, von der Wunde wegzusehen. Irgendetwas, irgendeine Kraft in ihr, versuchte hervorzubrechen, drang auf sie ein. Sie wusste, was es wollte. Seit Azoth sie gezwungen hatte, den Schöpferstein von jenem dunklen Ort zu holen, seit der Stein sie berührt und beinahe getötet hatte, war sie in der Lage gewesen, einen Teil davon in sich zu spüren. Er hatte sie mit der Kraft seiner Wiedergeburt gelähmt, aber auch etwas zurückgelassen. Sie fühlte sich mit ihm verbunden, als sei ein Stück von ihm unter ihrer Haut zurückgeblieben.
    Tallis legte ihr die Hand auf die Schulter. »Ich kann es in dir spüren. Es ist eine Helligkeit, aber ihr wohnt auch Dunkelheit inne, eine Anspannung.«
    »Ich spüre es.« Shaan starrte die Wunde an seinem Daumen an und ballte die Hand zur Faust.
    »Es kommt von dem Stein, nicht wahr?«, sagte er. Als sie nicht antwortete, beugte er sich näher heran.
    »Du kannst das nicht einfach übergehen, Shaan. Wir müssen herausfinden, was es bedeutet.«
    »Ich übergehe es nicht.«
    »Dann versuch’s«, sagte er. »Versuche es zu benutzen, jetzt, bei mir. Das ist der beste Weg. Wenn etwas schiefgeht …«
    Sie wusste, worauf er hinauswollte. Er glaubte, über genug Macht zu verfügen, um was auch immer ihr innewohnte aufzuhalten, um jegliche Dunkelheit einzumauern, die vielleicht entkommen würde. Seine Augen waren so ruhig, furchtlos. Sie spürte die Kraft in ihm, die mit jedem Tag stärker wurde, als ob er dadurch, dass er sie gerettet und den Drachen Befehle erteilt hatte, den Käfig um seine Stärke aufgeschlossen hätte. Aber das Risiko …
    »Es ist zu gefährlich. Ich will das nicht, Tallis.«
    »Du hast keine Wahl. Was, wenn diese … Fähigkeit deiner Kontrolle entgleitet? Du kannst nicht warten, bis sie dich kontrolliert. Wenn ich in der Wüste schon gewusst hätte, wozu ich fähig war …« Er hielt inne; Schmerz huschte über sein Gesicht. »Du musst versuchen, herauszufinden, was du bewirken kannst, Shaan.«
    Die Last in ihrer Brust drängte nach Befreiung wie ein gefangener Drache.
    »In Ordnung«, sagte sie. »Aber …«
    »Hör auf, wann immer du willst«, schloss er und hielt ihr die Hand hin. Glänzendes Blut bildete Tropfen auf seiner Haut.
    Sie berührte seine Wunde langsam mit einer Fingerspitze ihrer linken Hand. Das Blut war warm, und als sie damit in Berührung kam, durchfuhr ein heftiges Aufblitzen von Wissen ihren Geist: wie das Blut aus seinem Herzen hervorpulsierte … Das verästelte Netzwerk aus Adern, die Muskeln, die Organe, die Haut und wie alles zusammenpasste, um das Ganze zu bilden. Sie blinzelte; sie konnte sehen, wie sie es heilen konnte. Sie hörte das
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