Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition)
Autoren: Robert M. Talmar
Vom Netzwerk:
Großen Wanderung rund um den Inneren See des Nintobels, inmitten von feuchten Wiesen und in Hörweite unzähliger Froschrufe.
    Die auf den bewaldeten und windigen äußeren Hängen desselben Kreisbergs lebenden Kwynten unterschieden sich von den Maschen durch bleichere Haut und dunklere Haare, während die in den Ebenen umherziehenden Flaken die größten Vertreter ihres Volkes waren und helle, fast weiße Haare besaßen. Einen vierten Stamm gab es noch, den zahlenmäßig kleinsten der vier: dies waren die Luiden, die Flussleute, die am und über dem Fluss lebten, in Pfahlhütten und manchmal auch auf Booten.
    In jener Zeit des Aufbruchs wurde indes der Name Vahatin geboren, eben weil sie es waren, die sich bewegen mussten, während die Großen Leute sie verdrängten und sesshaft wurden.
    Damals gab es noch keine Straßen, nicht einmal gebahnte Wege, auf denen sie reisen konnten, und so war jeder Abschnitt ihrer Fahrt mühselig und oft mit Gefahren bis in den Tod verbunden.
    Längs des Arutgebirges zogen sie, denn im gesamten Süden und Westen lag Revinore, und dort wohnten gleichfalls Menschen, wie auch im Norden, der von Arelian vereinnahmt wurde. So folgten die Vahits den aneinandergereihten Gipfeln des Arut, denn das Gebirge lag zwischen beiden Reichen und zog sich vom Südosten bis ganz in den Nordwesten Kolryns über mehr als dreitausend Meilen.
    In den Wintern suchten sie notdürftigen Schutz in Höhlen oder hoch gelegenen Wäldern. In den warmen Monaten setzten sie ihre Wanderschaft fort. Nach drei Jahren des Wanderns, im Frühjahr des Jahres 13   n.d.D., erreichten sie dann jenen Punkt, an dem die Ausläufer des Arut in das schroffe Seegebirge übergingen. Hier wandten sie sich südwestwärts undentdeckten zufällig den später so genannten Alten Weg; einen verborgenen Pass, dem sie folgten. Dieser Weg führte sie in endlosen Windungen immer höher hinauf, bis sie eine halbkreisförmige Hochebene erreichten, die sich vor ihren staunenden Augen öffnete.
    Im Nordwesten Kolryns befand sich die Linvahogath, die Lange Mauer: eine an die hundert Meilen lange Felsenklippe von mehr als einer Meile Höhe. Wie eine gewaltige Stufe trennte diese Felsenmauer die Uferlande des Tarduils von den darüber liegenden Höhen, und es gab keinen auf Karten verzeichneten Weg hinauf oder hinab. Nahezu senkrecht stiegen die schründigen Steinwände aus sumpfigem Gebiet hervor, das zwischen dem Tarduil und der Mauer lag und von fünf herabstürzenden größeren Fällen sowie etlichen kleineren in ewigem Dunst und Nebel gehalten wurde. Schattenfenne wurden sie genannt, denn ab der frühen Nachmittagssonne lagen diese Sümpfe im Schatten der himmelhoch aufragenden Mauer. Bei schlechtem Wetter hingen die Wolken tiefer als die obere Kante der Stufe. Die Vahits kannten (oder mochten) indes die Bezeichnung Stufe nicht; sie nannten ihre neue Ostgrenze schlicht den Sturz, denn damit war ihrer Ansicht nach alles darüber gesagt.
    Stein- und Seeadler horsteten hier in großer Zahl; sie schwebten über dem Tarduiltal oder jagten in den Sümpfen und in der südlich gelegenen Meeresbucht, die hinter den das Oberland umschließenden Bergen lag und Bhera endh Eren hieß, Bucht der Adler. Die Berge gehörten zum Gebirgszug des Khênaith Eciranth, des Halbmond- oder Sichelgebirges, das diesen Namen führte, weil es wie eine Mondsichel das Oberland in einem weiten westlichen Bogen vom Meer her abgrenzte. Steile Küsten widerstanden dort tosenden Wellen, und keinem Schiff war es möglich, vor Anker zu gehen oder gar zu landen, denn ein starke Strömung herrschte entlang des nassen Fußes der Berge, und Anker fanden nur harten Fels, doch keinen haltbaren Grund.
    Hier, hoch im Nordwesten des Kontinents Kolryn, war nach der Ansicht vieler Gelehrter der drei Königreiche »die Welt zu Ende«. Natürlich war sie das nicht, denn Kringerde, die Gekrümmte, kannte kein Ende (was die meisten Gelehrten wohl wussten). Aber ihre Karten endeten hier, und was sie verzeichneten, waren allenfalls Felsen, namenlose Berge und nichts, was sich in ihren Augen zu wissen lohnte.
    Es war dies das äußerste Grenzland zwischen Arelian und Revinore. Wo der mächtige Fluss Tarduil seine weite Kurve nach Süden vollendete, und wo die lange Insel Langschelf den Strom in zwei Arme teilte, geradehier erhob sich, nur wenige Meilen vom Westufer entfernt, die Stufe oder Linvahogath, die lange Bergmauer.
    So begann die Besiedelung Uvaithlians, des Landes der Hügel, im Sommer des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher