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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition)
Autoren: Robert M. Talmar
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gab deren sieben: den Bürgermeister (Vahogathmáhir), dem vor allem die Landhüter unterstanden; den Schatzmeister (Scattmáhir); den Richtemeister (Raieth-máhir); den Ausrufer (Sverunmáhir), der auch der Verweser der Hüggellandpost war; und die Anweiser (Witamáhin) der drei Büchereien zu Sturzbach, Mechellinde und Vahindema. Die siebenSchöffen bildeten somit die »Regierung« des Hüggellandes oder das, was einer solchen am nächsten kam.
4. ÜBER DIE FAMILIE FOKKLIN
    Furgo Fokklins Sohn hieß eigentlich Finnig, aber kein Vahit   – mit Ausnahme seines Vaters, der ihn nur Finnig rief   – nannte ihn so.
    Finn stand buchstäblich schon früh in seinem Leben auf eigenen Beinen. Ein Umstand, den seine Mutter Amafilia oft und gern betonte.
    »Es war schon eigenartig mit ihm«, erzählte sie ihren Freundinnen noch nach vielen Jahren gerne, wenn im Kamin das Feuer gemütlich brannte und es mittmonatstags Kuchen gab und Tee. »Während andere Vahitkinder in seinem Alter noch brabbelnd herumkrabbeln und ihre Windeln auf den Dielenbrettern aufrubbeln, tapste Finn vergnügt durch den Garten oder rannte flink wie ein Wiesel über den Hof, um die Hühner aufzuscheuchen.« Die Hühner werden es vielleicht gesehen haben: Dann und wann stahl er sich sogar auf der anderen Seite des Hofes in die Werkstatt hinein, um seinem Vater (heimlich) bei der Arbeit zuzusehen.
    Dort gab es unglaublich viel zu erspähen und zu bestaunen. Obgleich Finn in jenem Alter natürlich nicht im entferntesten begriff, was an diesem seltsam riechenden Ort eigentlich vor sich ging. Doch mit den Jahren lernte er, dass es wohl etwas ganz Besonderes sein musste; denn es kamen viele Vahits in Furgos Werkstatt, oft von weither, ließen klingende Münze springen und nahmen meist große Pakete mit sich fort, die Furgo ihnen zusammenstellte.
    Ein Zeichen insbesondere schien es zu sein, das vielen der Fremden ein ehrfürchtiges Murmeln und ein beistimmendes Nicken entlockte, wenn sie es erblickten. Für Finn hatte dieses Zeichen rein gar nichts Auffälliges an sich, und er verstand weder die Aufregung darum noch die Bedeutung, die es damit auf sich haben mochte. Vielleicht weil er ihm tagtäglich überall begegnete oder besser, weil er es aus diesem Grund schon gar nicht mehr sah: An jedem Sack, den sein Vater befüllte, war es aufgemalt; in jedes Kästchen war es eingebrannt, es war eingehämmert in metallene Döschen; es glänzte an beinahe jedem Gegenstand, der in einem der vielen Regale lagerte, und selbst in Furgos schwarzer Schürze war es eingeprägt. Und es prangte unübersehbar, in leuchtenden Farben gemalt, auf der doppelflügeligen Werkstatttür. Geformt war es wie ein Drachenschild, in dessen Inneren die vier Flügel einer Windmühle zu sehen waren, unter denen wiederum jene Buchstaben standen, um derentwegen die Fremden von weither in die Werkstatt kamen. Der Schild wie der Name Fokklinhandwaren, wie Finn später erstaunt feststellen sollte, als Herkunftszeichen im ganzen Hüggelland nicht weniger bekannt als das Wappen des Vahogathmáhir (des Bürgermeisters), der im fernen Vahindema über das Wohl und Wehe des Vahitvolkes wachte und dessen Fahne über den Landhüterhäusern in allen Gauen wehte.
    Furgos Werkstatt befand sich damit im Besitz der dritten Generation; aber erst Furgo hatte es verstanden, ihr zu dem guten Ruf zu verhelfen, den sie heute besaß.
    Furgos Hauptkunde (und wesentlicher Quell seines Wohlstands) war natürlich die Bücherey zu Mechellinde, die nicht nur die älteste, sondern auch die bedeutendste des ganzen Hüggellandes war. Aber Vahits verehrten und liebten Bücher über alles, und so gab es fast in jedem Dorf eine kleine Stube, in der ein paar Handschriften und Schriftrollen gesammelt wurden und von jedermann (gegen Pfand) entliehen werden konnten. Richtige Büchereyen oder das, was die Vahits darunter verstanden, waren das allerdings nicht; als solche zählten nur die Buoggahäuser in Vahindema, Sturzbach und eben Mechellinde. Alle aber waren Kunden von Fokklinhand.
    In den Buoggahäusern lagerten als größte Schätze vor allem die Schriften aus der Zeit vor der Dreiteiligkeit; und sie wurden dort nicht nur verwahrt, sondern ebenso bewahrt und vor dem Verfall geschützt. Die Vorfahren der heutigen Vahits hatten sie vor fast 700 Jahren mit ins Hüggelland gebracht, als sie dem Vordringen der Menschen wichen und über das Gebirge nach Westen wanderten. Und diese Schätze waren in Wahrheit noch weit kostbarer, als es
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