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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel
Autoren: Ralf Isau
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liegen.
    Thaurin hatte den Moment der Ablenkung genutzt, um einen Ausfall nach links zu wagen. Im Bogen umrundete er Oros, rannte eine Gliederpuppe nieder, riss einer zweiten das Schwert aus der Hand und griff einen Artgenossen an.
    Jetzt ist nur noch Andora da, dachte Sophia. Doch als sie die Gliederpuppe suchte, war sie verschwunden. Erst als sie sich nach ihr umsah, entdeckte sie die Kammerdienerin des Königs hinter sich, nicht beim Wolf, der sich gerade wieder hochrappelte, sondern einige Schritte weiter am Rand der rotierenden Sphären. Andora blieb stehen und starrte wie gebannt die goldenen Halbkugeln an.
    »Was tut sie da?«
    »Sie hat uns verlassen«, sagte Theo traurig und setzte schnell hinzu: »Lass mich ja nicht los, Sophia. Der Wechsel kann immer noch kommen.«
    Medusa schoss einen Giftstrahl auf Lykos ab, verfehlte ihn aber, weil er pfeilschnell seitwärts auswich.
    »Bist du wahnsinnig?«, kreischte Oros. »Willst du die Sphären zerstören?«
    Sophia bemerkte, wie Theo sich mit einem nachdenklichen Ausdruck im Gesicht zu den rotierenden Halbkugeln umblickte. Dabei gewahrte sie aus den Augenwinkeln eine Gliederpuppe, die von der Seite her mit ausgestreckten Händen auf sie zuschlich. Sophias Kopf ruckte herum. Es war nicht Andora …
    Unversehens schoss Lykos hinter der großen Rauchkristallkugel hervor, biss ihren schlanken Puppenhals durch und zog sich sofort wieder zurück. Drei Automanten setzten ihm nach. Sie wollten ihn an die Mauer drängen. Kurz hintereinander schleuderten sie ihre Speere. Den ersten beiden Geschossen wich der Wolf mühelos aus, aber das dritte traf ihn am Vorderlauf und riss ihm eine tiefe Schrunde. Als er dem vordersten Gardisten wütend an die Gurgel ging, verlagerte sich Sophias Aufmerksamkeit zu einem anderen Schauplatz.
    Ein lautes Krachen aus dem Hintergrund ließ sogar Oros erschrocken herumfahren. Thaurin hatte gerade einen Artgenossen aus vollem Lauf mit dem Nashorngesäß an die Wand gestanzt. Hinter ihm lag eine Spur der Verwüstung. Im Unterschied zu ihren automatischen Gegnern kämpften er und Lykos mit Herz und Verstand. Dadurch gelang es ihnen trotz der Übermacht, sich zu behaupten. Aber wie lange noch?, fragte sich Sophia bang. Was war nur mit der Uhr los?
    »Ich bin eure Spielchen leid«, rief der König wutentbrannt. Vielleicht schwante Oros, dass dieses Kräftemessen nicht so ausgehen könnte, wie er es sich erhoffte. Jedenfalls zog er sich die Handschuhe aus, schleuderte sie wütend fort und rückte nun seinerseits gegen die beiden Menschen vor. Erst einen Schritt, dann einen weiteren – Medusa und seine anderen Leibwachen begleiteten ihn.
    Theo und Sophia wichen zurück. Wie zwei Schiffbrüchige klammerten sie sich aneinander fest. Theo blitzte dabei die Gegner zornig an und warf immer wieder kurze Blicke über die Schulter zu den kreisenden Sphären hinauf.
    Sophia stellte sich auf die Zehenspitzen, um an sein Ohr heranzukommen. »Denk daran, was ich dir im Kerker gesagt habe, Theo: Wenn er aus deinem Geist seine Kraft bezieht, entscheidet nicht er, sondern dein Wille über unser Schicksal. Zweifelst du, wird er stärker, aber glaubst du an uns zwei, dann kann er nicht siegen.«
    Seitlich hinter ihnen waren das wütende Knurren des Wolfes und ein weiteres hässliches Knirschen zu hören. Sophia sank auf ihre Fußsohlen zurück. Warum zog sie diese vermaledeite Uhr nicht endlich in die Menschenwelt rüber?
    Oros kam ihnen immer näher.
    Plötzlich stieß Sophia mit dem Hacken gegen die Mauer.
    »Mein Wille entscheidet!«, sagte Theo, wie um sich Mut zu machen. Dabei blickte er abermals über die Schulter zu den Sphären auf. Ihr Singen ließ seine Stimme wie ein Flüstern erscheinen.
    Auch Sophia sah sich um, doch nur nach der kniehohen Mauer. Es wäre ein Leichtes gewesen, darüber hinwegzusteigen, aber damit hätten sie sich in die Reichweite der größten Halbkugel begeben, die unablässig über ihnen kreiselte. Der Luftzug ihrer Bewegungen war deutlich zu spüren.
    »Schaut mich an!«, donnerte Oros. Seine Stimme klang übernatürlich laut. In theatralischer Geste griff er nach der Maske in seinem Gesicht.
    »Sieh nicht hin!«, rief Theo. Rasch drehte er Oberkörper und Kopf nach hinten.
    Sogar Medusa verhüllte ihr Antlitz mit einer ihrer breiten Scheren.
    Sophia wollte dem Beispiel ihres Freundes gerade folgen, als sie am Rand des Gesichtsfeldes etwas aufblitzen sah. Gleich darauf nahm sie aus den Augenwinkeln eine rasche Bewegung wahr.
    Ein,
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