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Der verborgene Stern

Der verborgene Stern

Titel: Der verborgene Stern
Autoren: Nora Roberts
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Aber sie war so schrecklich müde, und es war so angenehm, einfach nur in dieser großen Küche zu sitzen, während der Regen aufs Dach prasselte, und ihm beim Bereiten des Frühstücks zuzusehen.
    Er kümmerte sich um sie. Und sie ließ es geschehen. Bailey schloss die Augen. Sie fragte sich, ob sie zu den Frauen gehörte, die von einem Mann versorgt werden wollten, die gerne die Rolle des hilflosen Weibchens spielten.
    Sie konnte nur hoffen, dass es nicht so war. Zugleich wunderte sie sich darüber, dass ihr ein so unbedeutender Charakterzug wichtig schien, wo sie doch noch nicht einmal wusste, ob sie eine gemeine Diebin oder Mörderin war.
    Sie ertappte sich dabei, wie sie ihre Hände musterte. Sie hatte kurze, rund gefeilte und transparent lackierte Fingernägel. Bedeutete das, dass sie ein praktischer Mensch war? Ihre Hände waren zart und weich, ohne Schwielen. Also arbeitete sie nicht damit.
    Die Ringe … sehr hübsch, schlicht und gleichzeitig ungewöhnlich. Zumindest glaubte sie das. Sie erkannte die Steine: Granat, Zitrin, Amethyst. Wieso nur wusste sie die Namen von Edelsteinen, aber nicht die ihrer engsten Freunde?
    Hatte sie überhaupt Freunde?
    War sie eine nette Person oder eine boshafte, großzügig oder engstirnig? Lachte sie viel und weinte sie im Kino? Gab es einen Mann, den sie liebte? Der sie liebte?
    Hatte sie über eine Million Dollar gestohlen und diese hässliche kleine Pistole benutzt?
    Sie zuckte zusammen, als Cade einen Teller vor sie hinstellte, wurde aber gleich wieder ruhig, als er eine Hand auf ihre Schulter legte.
    „Sie müssen etwas essen.“ Er ging zurück zum Herd, um eine Tasse zu holen. „Ich könnte mir vorstellen, dass Sie lieber Tee als Kaffee trinken.“
    „Ja. Vielen Dank.“ Sie nahm die Gabel zur Hand, schaufelte etwas Ei darauf und probierte. „Schmeckt gut.“ Ihr gelang ein Lächeln, ein zögerndes, schüchternes Lächeln, das sein Herz berührte.
    „Na, das ist doch schon mal was.“ Nachdem er sich selbst einen Becher Kaffee eingeschenkt hatte, setzte er sich ihr gegenüber. „Ich bin auf der halben Welt bekannt für mein Rührei.“
    Ihr Lächeln wurde breiter. „Und ich weiß auch, warum. Der Hauch Dill und Paprika macht den Unterschied.“
    „Warten Sie erst mal, bis Sie mein spanisches Omelette versucht haben.“
    „Ein Meister der Eier.“ Sie aß weiter, genoss die Leichtigkeit, mit der sie sich unterhielten. „Kochen Sie oft?“
    Sie blickte sich in der Küche um. Natursteinfarbene Schränke und warmes, helles Holz. Ein Fenster ohne Vorhänge über einer Doppelspüle aus weißem Porzellan. Kaffeemaschine, Toaster und eine auseinandergefaltete Tageszeitung.
    Der Raum war ordentlich, aber nicht übertrieben sauber. Und stand in krassem Gegensatz zu dem Durcheinander in seinem Büro. „Ich habe Sie gar nicht gefragt, ob Sie verheiratet sind.“
    „Geschieden, und ich koche, wenn ich keine Lust mehr habe, essen zu gehen.“
    „Ich frage mich, was ich wohl lieber mache – ausgehen oder selbst kochen.“
    „Sie haben Paprika und Dill herausgeschmeckt.“ Er lehnte sich zurück und musterte sie, während er einen Schluck Kaffee trank. „Sie sind schön.“ Sie sah zu ihm auf, überrascht und, wie er bemerkte, mit einem Mal sehr wachsam. „Das ist nur eine Beobachtung, Bailey. Wir müssen mit den Tatsachen arbeiten, die wir kennen. Sie sind schön – auf eine ruhige, natürliche Art. Sie mögen nichts Grelles, und Sie können ein Kompliment über Ihr Aussehen nicht einfach annehmen. Im Gegenteil, es macht Sie nervös.“
    Sie nahm ihre Tasse in beide Hände. „Ist es das, was Sie erreichen wollen?“
    „Nein, aber ich finde es interessant. Und süß – wie Sie rot werden und mich gleichzeitig so misstrauisch ansehen. Sie können sich entspannen, ich mache Sie nicht an.“ Allerdings war der Gedanke gar nicht so abwegig. Eher faszinierend und, wie er zugeben musste, ein bisschen erregend. „Ich glaube allerdings nicht, dass Sie schüchtern sind“, fuhr er fort. „Ein Mann würde bei Ihnen bestimmt nicht weit kommen, nur indem er Ihnen erzählt, dass Ihre Augen die Farbe von warmem Brandy haben und dass der Kontrast zu Ihrer kühlen, kultivierten Stimme verdammt sexy ist.“
    Sie hob die Tasse und ließ ihn nicht aus den Augen – obwohl es ihr schwerfiel. „Das klingt aber schon so, als ob Sie mich anmachen wollten.“
    Seine Grübchen wurden tiefer, als er lächelte. „Sehen Sie, gar nicht schüchtern. Aber höflich, sehr höflich und sehr
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