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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler
Autoren: Frederick Forsyth
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Kollege?«
    Der Direktor des FBI nickte Philip Kelly zu.
    »Die letzten drei Seiten des Manuskripts handeln von einer Unterhaltung zwischen den beiden Männern in der fraglichen Nacht, für die wir keine Bestätigung haben, Herr Präsident. Wir haben noch immer keine Spur von Mr.   Quinn. Aber wir haben das Personal der Villa in Georgetown überprüft. Der Dienstchauffeur war mit der Angabe nach Hause geschickt worden, der Wagen werde an diesem Abend nicht mehr gebraucht. Zwei Leute aus dem Personal erinnern sich, sie seien gegen halb zwei Uhr wach geworden, weil sich ein Garagentor geöffnet habe. Einer schaute hinaus und sah den Wagen die Straße hinunterfahren. Er dachte, es könnte sich um einen Diebstahl handeln, und ging seinen Chef wecken. Er war fort – mit dem Wagen.
    Wir haben sämtliche Wertpapierbestände in seinen verschiedenen ›blind trusts‹, die enormen Beteiligungen an einer Reihe von Rüstungsfirmen überprüft, auf deren Aktienkurse sich der Nantucket-Vertrag zweifellos ungünstig auswirken würde. Es stimmt, was Quinn behauptet. Was der Mann gesagt hat – in diesem Punkt werden wir nie Gewißheit erlangen. Man kann Quinn entweder glauben oder auch nicht.«
    Präsident Cormack erhob sich.
    »Ich glaube ihm, meine Herren, ja! Blasen Sie bitte die Großfahndung nach ihm ab. Das ist eine Verfügung des Präsidenten. Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen.«
    Er ging durch die Tür gegenüber dem Kamin hinaus, durchquerte das Büro seines persönlichen Sekretärs, zu dem er sagte, er möchte nicht gestört werden, betrat das Oval Office und schloß hinter sich die Tür.
    Dann setzte er sich an den großen Schreibtisch unter den grün getönten Fenstern aus fünf Zoll starkem kugelsicherem Glas, die den Blick auf die südliche Rasenfläche freigeben, und lehnte sich auf seinem hohen Drehstuhl zurück. Dreiundsiebzig Tage waren vergangen, seit er sich an diesen Schreibtisch gesetzt hatte.
    Auf der Schreibtischplatte stand eine Fotografie in einem Silberrahmen. Sie zeigte Simon, eine Aufnahme, die im Herbst, ehe er nach England ging, in Yale gemacht worden war. Er war damals zwanzig gewesen, sein junges Gesicht voller Lebenskraft und Lebensfreude.
    Der Präsident nahm das Bild in beide Hände und betrachtete es lange mit einem versonnenen Blick. Schließlich zog er eine Schublade zu seiner Linken auf.
    »Lebe wohl, mein Sohn.«
    Er legte die Fotografie mit dem Gesicht nach unten in die Schublade, schob sie zu und drückte auf einen Knopf an der Sprechanlage.
    »Schicken sie bitte Craig Lipton zu mir herein.«
    Als sein Pressesprecher kam, teilte ihm der Präsident seinen Wunsch mit, am folgenden Abend zur besten Sendezeit über die großen Fernsehanstalten eine einstündige Ansprache an die Nation zu richten.
    Die Besitzerin der Pension in Alexandria bedauerte es, ihren kanadischen Gast, Mr.   Roger Lefevre, zu verlieren. Er war so ruhig, hatte so gute Manieren und bereitete ihr keinerlei Mühe. Nicht wie gewisse andere, die sie beim Namen nennen könnte.
    Als er am Abend nach unten kam, um seine Rechnung zu bezahlen und sich zu verabschieden, stellte sie fest, daß er sich den Bart abrasiert hatte. Das gefiel ihr; so sah er viel jünger aus.
    In ihrem Wohnzimmer im Erdgeschoß lief wie immer das Fernsehgerät. Der hochgewachsene Mann stand in der Tür, um auf Wiedersehen zu sagen. Auf dem Bildschirm kündete ein ernst dreinblickender Chefansager an: »Meine Damen und Herren, der Präsident der Vereinigten Staaten.«
    »Können Sie nicht doch noch ein bißchen bleiben?« fragte die Pensionswirtin. »Der Präsident hält eine Rede. Es heißt, der Arme ist entschlossen, zurückzutreten.«
    »Mein Taxi wartet draußen«, sagte Quinn. »Ich muß gehen.«
    Auf dem Bildschirm erschien Präsident Cormacks Gesicht. Er saß unbeweglich hinter seinem Schreibtisch im Oval Office, unter dem großen Spiegel. Die Öffentlichkeit hatte ihn achtzig Tage kaum zu sehen bekommen, und die Zuschauer fanden ihn gealtert, das Gesicht vom Kummer gezeichnet und faltiger als ein Vierteljahr vorher. Doch jener Ausdruck auf dem Foto, das ihn am Grab in Nantucket gezeigt hatte, war verschwunden. Er hielt sich gerade und sah in die Kameralinse, so daß er einen direkten – wenn auch elektronisch vermittelten – Blickkontakt zu über hundert Millionen Amerikanern und vielen weiteren Millionen Zuschauern auf der Welt herstellte, die per Satelliten die Sendung empfingen. Seine Haltung zeigte nichts Mattes oder Hoffnungsloses;
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