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Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Titel: Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis
Autoren: H kan Nesser
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Reinhart der Zeitunterschied bemerkbar. Bloomguard lachte und boxte ihm abermals kumpelhaft in den Rücken. Steckte ihn in ein Taxi und schickte ihn zurück nach Manhattan.
    Abgesehen davon, dass er zum Rauchen auf die Terrasse geschickt worden war, hatte Reinhart durchaus einen akzeptablen Abend verbracht.
    Er wäre vermutlich schon im Taxi eingeschlafen, wenn der Fahrer nicht ein riesiger singender Puertoricaner gewesen wäre (während Reinhart Puertoricaner immer für klein gehalten hatte), der auch mitten in der Nacht noch eine Sonnenbrille trug. Reinhart dachte an eine Frage aus einem Film, »Are you blind or just stupid«, aber obwohl die ihm während der ganzen Fahrt auf der Zunge lag, wagte er doch nie, sie zu stellen.

    Von seinem Zimmer aus rief er Winnifred an und erfuhr, dass es bei ihr Viertel vor sechs Uhr morgens war. Er zog sich aus, ließ sich ins Bett fallen und war gleich darauf eingeschlafen.
    Es waren noch fünf Tage bis zum Heiligen Abend.
     
    Am Samstagmorgen fuhr Lieutenant Bloomguard ihn nach Brooklyn. Hinter dem Sunset Park bogen sie von der 5th Avenue ab und hielten dann auf der 44th Street. Nur wenige Häuser von ihrem Ziel entfernt, das an der Ecke der 6th Avenue lag. Einem schmutzig braunen Klinkerhaus mit drei schmalen Stockwerken und dunklen Fenstern, das sich durch nichts von den anderen Häusern der Gegend unterschied. Eine kurze Treppe führte zur Haustür hoch, zwei müde Müllsäcke lagen vor dem Haus auf der Straße.
    Latinos und orthodoxe Juden, hatte Bloomguard erklärt. Und Polen. Das ist der größte Bevölkerungsanteil hier draußen, die Juden wohnen aber zumeist ein Stück weiter oben, um die 10th und 11th.
    Sie blieben eine Weile im Auto sitzen, und Reinhart versuchte noch einmal zu betonen, wie brisant diese erste Begegnung war. Wie verdammt brisant. Bloomguard verstand den Wink.
    »Ich warte im Auto«, sagte er. »Geh du hinein, mir fällt es so schwer, die Klappe zu halten.«
    Reinhart nickte und stieg aus. Warf einen Blick auf den Park, auf die weite Rasenfläche und die grauweiße, niedrige Sporthalle in der Mitte. Und auf etwas, das aussah wie ein Schwimmbad. Das hier sei absolut kein Touristenviertel, hatte Bloomguard gesagt. Und auch kaum eine Gegend für ehrsame Menschen. Zumindest nicht nachts. Nach Einbruch der Dunkelheit änderte der Sunset Park seinen Namen zu Gunshot Park. Zumindest im Volksmund.
    Im Moment sah alles ziemlich friedlich aus. Ein Jogger mühte sich einen asphaltierten Gehweg hinauf, einige offenbar arbeitslose Herren mit Wollmützen saßen auf einer Bank
und ließen eine in eine Papiertüte eingewickelte Flasche zwischen sich umherwandern. Zwei dicke Frauen zogen einen Kinderwagen und unterhielten sich mit großen Gesten. Einer der kahlen Bäume war mit Schuhen voll gehängt, und Reinhart erinnerte sich, dieses Motiv einmal auf einer Postkarte gesehen zu haben. Er wusste nicht mehr, wer sie geschrieben hatte.
    Es war kalt in der Luft. Ein eisiger Wind kam vom Hudson River hochgefegt, der Schnee schien nicht weit weg zu sein. Die Aussicht war großartig. Im Norden hob sich die Skyline von Manhattan von einem stahlgrauen Himmel ab, ein wenig weiter westlich sah er die gesamte Hafeneinfahrt mit der Freiheitsstatue und Staten Island.
    Dort sind sie angekommen, dachte Reinhart. Das hier ist dann die Neue Welt geworden.
    Er ging vorbei an drei Häusern und vier Autos; an großen, leicht angerosteten Straßenkreuzern, und erreichte die Nummer 602. Die Ziffern zeigten die Position an. Das zweite Haus zwischen der 6th und der 7th Avenue, hatte er gelesen. Er stieg die acht Treppenstufen hoch und schellte. Ein Hund bellte los.
    Brisant, dachte er noch einmal. Verdammt brisant.
    Die Tür wurde von einem Jungen von vielleicht dreizehn mit Brille und vorstehenden Zähnen geöffnet. Er hielt ein Butterbrot mit Schokolade in der Hand.
    »Ich suche Mrs. Ponczak«, sagte Reinhart.
    Der Junge rief etwas ins Haus hinein, und bald darauf kam eine kräftige Frau die Treppe herab und grüßte.
    »Das bin ich«, sagte sie. »Ich bin Elizabeth Ponczak. Worum geht es?«
    Reinhart stellte sich vor und wurde in die Küche gebeten. Das Wohnzimmer war von dem Jungen und einem Fernseher belegt. Sie ließen sich an einem schmalen, gebrechlichen Kunststofftisch nieder, und Reinhart sagte seinen sorgfältig vorbereiteten Spruch auf. Auf Englisch, warum, wusste er nicht.

    Es dauerte einige Minuten, und die ganze Zeit saß die Frau vor ihm und streichelte eine gelbgraue Katze,
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