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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann
Autoren: Hera Lind
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sind wir auch hier«, riss mich Sven Ritter aus meinen Träumen. »Weil wir auf eine gute Nachbarschaft hoffen. Und wie wir wissen, hatten Sie bisher keine Nachbarn hier im Sonnenblumenweg. Da hat paradiesische Ruhe geherrscht, und jetzt kommt ausgerechnet eine Sängerin.« Er warf Lisa einen besorgten Blick zu.
    »Erstens herrschte hier mitnichten himmlische Ruhe, weil meine Schwiegermutter hier immer Operetten aufführt und manchmal auch … ähm …«
    »Sie jault ganz fürchterlich«, nahm mir Pauline das Wort aus dem Mund. »Wie ein eingesperrter Hund. So …« Paulinchen warf sich in ihrem Schlafanzug in Positur und ahmte gekonnt ihre Großmutter nach. »Moine Lüppen, die kössen so hoiiiß …«
    Ich musste mir heimlich die Lachtränen abwischen. Das Kind hatte ja echt Talent! Ich sollte es bei Dieter Bohlen anmelden. Wenn eine Neunjährige so brünstig knödeln konnte, würde ganz Deutschland jubeln vor Glück.
    Sven lachte auch. Seine Augen blitzten mich übermütig an. Mir war, als würden wir uns schon lange kennen. Bei Gott, ich mochte den Mann. Ich mochte sie beide. Was für ein Volltreffer!
    »Ist doch cool«, meinte Charlotte. Sie hatte ihre Meinung über »so Geträller« offensichtlich schnell geändert.
    »Supercool«, bestätigte Pauline.
    »Also ich freu mich!« Lächelnd hob ich mein Glas. »Ich freue mich wirklich. Machen Sie sich keine Sorgen. Üben Sie, so viel sie wollen. Das ist ja schöner als Vogelgezwitscher …«
    »Und viel schöner als Oma.«
    »Viel, viel schöner.«
    »Wie alt ist denn eure Oma?«
    »Siebenundsiebzig.«
    »Oh.«
    »Ja. Das finden wir auch.«
    »Jetzt bin ich aber richtig gespannt auf eure Oma«, sagte Lisa, spitzbübisch grinsend.
    »Die triffst du noch früh genug«, meinte Charlotte.
    »Singst du denn auch so einen schmalzigen Schrott? So nach dem Motto ›Spül auf doiner Goige, Zigoiner …?‹ Jetzt legte sich auch noch Charlotte ins Zeug.
    »Wir haben eine Spülmaschine«, konterte Lisa knapp. »Da darf der Zigeuner seine Geige auch drin spülen.« Svens Mundwinkel zuckten.
    Ich schenkte Wein nach. Wir amüsierten uns alle prächtig.
    »Manchmal sind es halt stundenlang Tonleitern«, meinte Lisa entschuldigend. »Singen ist einfach harte Arbeit.«
    »Ja, das wissen wir. Besonders für den Zuhörer.«
    »Ich höre meiner Frau gern zu.« Liebevoll strich Sven ihr über das glatte, weiche Haar. »Aber ich bin natürlich auch viel weg. Ich muss sie ja nicht täglich ertragen, diese Tonleitern …«
    »Und was machen Sie, wenn ich fragen darf? Sind Sie auch Musiker?«
    »Ich fahre zur See«, sagte Sven und wurde wieder ein bisschen rot.
    »Er ist Kapitän«, sprudelte es aus Lisa heraus. Diesmal war sie es, die vor Stolz fast platzte.
    »Boah, cool!«, entfuhr es den Mädchen. Zum ersten Mal waren sie sich völlig einig.
    »Auf welchem Schiff?«
    »Auf einem Luxusdampfer!«
    »Ach, Krabbe. Jetzt gib doch nicht so an …«
    Krabbe! Wie süß! Das passte genau zu der kessen Lisa. Dieser Sven hatte einen entzückenden norddeutschen Akzent, der an ihm zigmal sympathischer wirkte als an der Flensburgerin Wiebke.
    »Ist doch wahr!« Lisa nahm einen großen Schluck von ihrem Gespritzten. »Ein Fünf-Sterne-Schiff. Alles vom Feinsten. Ka viar, Champagner, Austern satt, dazu hat jeder Gast einen eigenen Butler, der ihm die Schuhe putzt …«
    »Boaaaah! Wie cooooool! Der Waaaaaahnsinn!«
    »Also, Kinder, bitte! Ihr tut ja gerade so, als würdet ihr hier in Armut leben.«
    Lisa lachte. »Ich war auch irre beeindruckt, als ich zum ersten Mal auf Svens Schiff kam.«
    »Kannst du dir das leisten?«, fragte Paulinchen frech.
    »Natürlich nicht. Da kostet ein Tag pro Person und Suite so um die tausend Euro.«
    » HAMMER !«, entfuhr es Charlotte.
    »Sie waren bestimmt als Sängerin an Bord«, mutmaßte ich und griff zu meinem Glas. Ich wusste nicht, wer eher vor Neid bersten würde: das Glas oder ich. Das war ja eine Traumschiffromanze, wie man sie nur aus dem Fernsehen kennt! Und das waren jetzt meine Nachbarn? Hurra! Endlich tat sich hier mal was! Ich musste schmunzeln, als ich an unsere Frühstücksunterhaltung zurückdachte: von wegen Spießer und nicht laut den Rasen mähen. Endlich kam hier mal so was wie Stimmung auf! Wein, Weib und Gesang!
    »Genau. Da gibt es so eine Firma in Hamburg, die heißt Ships Best Entertainment, die schickt Sänger und Tänzer und was da so im Entertainmentbereich angefordert wird auf die Schiffe …«
    »Auch ZAUBERER ?«
    »Klappe, Baby! Boah
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