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Der Tuerke - Das Original

Der Tuerke - Das Original

Titel: Der Tuerke - Das Original
Autoren: Ihsan Acar
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mehr!«
    Händler:
»Aber das ist viel zu wenig! Ich hab selbst schon 520 dafür bezahlt. Von irgendetwas muss ich doch auch leben.«
    Deutschländer:
»Na gut, 550! Aber das muss dann auch genug sein!«
    Händler:
»Gib mir 650 und nimm alles mit!«
    Deutschländer (zieht die Scheine aus der Hemdtasche):
»Du bekommst jetzt 600 Lira! Aber das muss reichen! Ich weiß doch auch, wie der Hase läuft.«
    Händler:
»Ich merke das schon. Du bringst mich ins Schwitzen. Gib mir 630! Aber erzähl das niemandem!«
    Deutschländer:
»600, 610, 620! Okay?«
    Händler (verzieht sein Gesicht, schüttelt den Kopf):
»Eigentlich müsste ich meinen Teilhaber fragen, weil das echt zu wenig ist. Aber ich nehme das auf meine Kappe!«
    Der Deutschländer verlässt erhobenen Hauptes das Geschäft.
    Deutschländer:
»Habt ihr das gesehen? Dem habe ich die Hölle heiß gemacht! So sind hier die Spielregeln!«
    Ehefrau:
»Echt klasse! Der ist 60 Lira runtergegangen!«
    Deutschländer:
»Dafür gehen wir jetzt schön essen!«
    Der Händler, der ungefähr 200 Lira mehr als erwartet für die Ware eingenommen hat, schnalzt derweil mit der Zunge und sagt zu seiner Angestellten: »Diese Deutschländer sind im Handeln noch schlechter als die echten Deutschen!«
    Der Deutschländer hat Heimweh
    Wie gesagt, nach einer gewissen Zeit verfliegt die Euphorie und man sehnt sich zurück nach Deutschland. Die permanenten Hupkonzerte nerven völlig. Der Türke aus Deutschland steht ja eigentlich auf Hupkonzerte, was er immer wieder in jeder deutschen Stadt eindrucksvoll unter Beweis stellt, wenn die türkische Fußball-Nationalmannschaft gewonnen hat. Aber es muss alles in Maßen sein. Neben dem Dauerhupen kommen die meisten Deutschländer ganz allgemein mit dem türkischen Verkehr nichtklar. Wer sich ein Auto von Verwandten ausleiht oder einen Mietwagen nimmt, muss sich erst einmal an neue Regeln gewöhnen. Rechts vor links kennt man nicht. Es gibt auch kein türkisches Pendant zu dieser Regel. Vorfahrt hat der, der schneller ist. Bei Rot an der Ampel wird in der Türkei inzwischen bereits oft angehalten. Aber sobald die Ampel wieder auf Gelb umspringt, muss sich das Auto schon in der Vorwärtsbewegung befinden, sonst folgt ein Hup-Terror von hinten. Sowohl Verkehrsschilder als auch Straßenmarkierungen sollte man besser ignorieren. Die irritieren nur. Ganz besonders die Pro-forma-Zebrastreifen. Kein Türke weiß, was die zu bedeuten haben. Weder Autofahrer noch Fußgänger. Dass türkische Straßenmarkierungen überflüssig sind, sieht man bei Staus, wenn aus drei Spuren sieben werden. Dann ist zwar kein Durchkommen für Polizei- und Rettungswagen mehr, aber es passen viel mehr Autos auf die Straße. Warum also so viel Asphalt verschwenden?
    Wenn der Deutschländer in der Türkei ein Auto mit deutschem Kennzeichen sieht, flippt er aus. Er grüßt den Verbündeten, winkt ihm zu, will ihn anhalten und sich mit ihm unterhalten. Das deutsche Kennzeichen, das an einem schwarzen 5er BMW klebt, ist wie ein Stück Heimat. Der Fahrer dieses Autos ist in dem Moment der Einzige, der den Deutschländer versteht und mit der chaotischen Situation ebenso wenig zurechtkommt.
    Schein und Sein
    Der Deutschländer verhält sich in der Regel so, als würde ihm die Stadt gehören, in der er gerade residiert. Er erzählt natürlich keinem Einheimischen, dass er zusätzlich zu seinemHauptjob jeden Tag zwischen 18 und 20 Uhr eine Bank und zwischen 0 und 2 Uhr ein Restaurant reinigt und sich damit mühsam das Urlaubsgeld verdient.
    Stattdessen berichtet man stolz, als Meister, mindestens aber als Vorarbeiter bei Ford in Köln oder DaimlerChrysler in Untertürkheim tätig zu sein.
    Bis Ende der 80er, Anfang der 90er-Jahre, als der Deutschländer noch mit dem Auto einreiste, war seine Aura noch viel unheimlicher. Alle Dorfbewohner versammelten sich um den zwölf Jahre alten Opel Rekord oder Ford Granada und konnten vor Staunen den Mund nicht wieder schließen. Der Deutschländer stand dabei und prahlte, was das Zeug hielt. Er konnte damals auch viel erzählen, denn in der Türkei wirkten diese Gefährte damals noch wie Raumschiffe.
    Deutschländer:
»Ja, das ist schon ein tolles Auto! Es gehört im Moment zu den teuersten in Deutschland. Aber wir in Deutschland legen nun mal viel Wert auf Qualität!«
    Er guckte ungemein weltmännisch, seine Brust schwoll an. Fast schon wirkte er wie ein Denkmal. Solch ein wertvoller Besitz musste natürlich bewacht werden, und so beauftragte er
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