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Der Tuerke - Das Original

Der Tuerke - Das Original

Titel: Der Tuerke - Das Original
Autoren: Ihsan Acar
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so lange hin! Ich werde bestimmt noch mindestens ein Jahr an der Sprache knabbern müssen! Und dann?«
    »Dann nimmst du dein Studium auf! Holst schnell alle Scheine und bist ein gefragter Mann in der Türkei.«
    »Ich hab die Befürchtung, so schnell geht das alles nicht! Im Idealfall bin ich in zwei, drei Jahren fertig. Vielleicht auch erst in vier oder fünf! Was soll ich hier so lange machen? Zwischen der Türkei und Deutschland bestehen Unterschiede wie zwischen Tag und Nacht. Das Leben hier ist ganz anders. Das deutsche Leben ist eine einzige Routine. Ohne Spannung. Ohne Abwechslung. Die Menschen sind doch viel zu oberflächlich. Sie leben, um zu arbeiten. In der Türkei arbeitet man, um zu leben.«
    »Ach komm, so schlecht ist es hier doch gar nicht!«, verteidige ich Deutschland. »Was passt dir nicht?«
    »Es ist jeden Tag dasselbe. Mein Tagesablauf ist immer gleich. In Deutschland ist alles monoton. Ich war in den letzten Wochen bestimmt in acht, neun Städten in Norddeutschland. Die Straßen sind sich ähnlich. Auch die Häuser kann man nicht voneinander unterscheiden. Außerdem fehlt mir der türkische Sonntag. Sonntags ist in der Türkei Highlife. Alle Menschen sind draußen, jeder freut sich auf den Sonntag. Die meisten Geschäfte, alle Cafés und Restaurants haben geöffnet. Ich kann nach Ortaköy, ich kann nach Taksim. Ich kann bummeln, einkaufen oder einfach nur dem Treiben zusehen. Der Sonntag ist der schönste Tag in der Woche! Aber hier in Deutschland? Wo sind die Menschen? Die Straßen sind wie leer gefegt. Warum ist niemand zu sehen? Warum sind alle Geschäfte geschlossen? Warum stellen sich die Deutschen so an? Weißt du was? Wir verlieren hier einen Wochentag!«
    Diese Beobachtungen kamen nicht überraschend für mich. Jeder, der frisch aus der Türkei kommt, sagt dasselbe. Aber auch wir, die Türken, die hier geboren und aufgewachsen sind, erleben den Sonntag als einen langweiligen Tag, an dem sich die Bevölkerung aus dem öffentlichen Leben abmeldet.
    Bei jedem meiner Türkeiaufenthalte habe ich festgestellt, dass türkische Sonntage nicht anders ablaufen als Montage, Dienstage oder Donnerstage. Ebenso ist es am Freitag, dem islamischen Pendant zum Sonntag, oder gar an Feiertagen. Die Türken brauchen keinen Ruhetag.
    Eine Frage der Mentalität.

Nach dem Sport
    Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, betätigt sich der Türke gerne sportlich. Doch in diesem Abschnitt wollen wir uns einem ganz speziellen Thema widmen: Was macht der Türke nach dem Sport?
    »Ich muss dir was erzählen. Es ist schier unglaublich, was ich gesehen habe«, sagte Hayri, der erst seit einigen Monaten in Deutschland lebte.
    Ich liebe Unterhaltungen mit Neu-Deutschländern. Die Dinge, die Neu-Deutschländer noch verblüffen, nehme ich gar nicht mehr wahr. Nach einer gewissen Zeit gewöhnt man sich einfach an die Unterschiede. So war ich also sehr gespannt, was denn so unglaublich war. Hayri fuhr aufgeregt fort:
    »Vor zwei Wochen war ich mittwochabends zum Basketballspielen in der Uni-Halle. So weit alles schön und gut. Wir haben ungefähr zwei Stunden gespielt, natürlich habe ich unzählige Punkte gemacht und sehr viele Rebounds geholt. Nach dem Spiel war ich der Erste unter der Dusche und ahnte nichts Böses. Die anderen kamen nach und nach rein. Als ich keinen Schaum mehr in den Augen hatte, öffnete ich sie und war schockiert: Meine Mitspieler waren alle nackt! Verstehst du? Nackt! Ich war der Einzige, der die Shorts anbehalten hatte. Dann haben die auch noch meine Shorts angestarrt. Sag mal, ist das normal? Warum duschen die nackt?«
    Ich stellte mir die Szene vor und lachte laut. Vor vielen,vielen Jahren war es mir ähnlich ergangen. Doch ich lernte schon mit sieben Jahren, dass Deutsche gemeinschaftlich nackt duschen. Hayri wurde erst im Alter von 25 mit dieser Sitte konfrontiert.
    Hayri wusste nicht, was er von meinem Gelächter halten sollte. Wahrscheinlich glaubte er, sich in meinen Augen blamiert zu haben. Bestimmt hielt er mich für einen assimilierten Spinner, der ihn als zurückgeblieben einschätzte.
    Ich versuchte es mit einer Erklärung:
    »Hayri! Das ist hier in Deutschland so. Hier duscht man nackt. Als ich in der F-Jugend das erste Mal nach dem Training unter die Dusche ging, guckten alle anderen verdutzt. Nach jedem Spiel fragten sie mich, warum ich nicht nackt dusche. Ich wollte schon gar nicht mehr Fußball spielen. Wirklich! Nach jedem Training und nach jedem Spiel zog ich mich um und
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