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Der Tuerke - Das Original

Der Tuerke - Das Original

Titel: Der Tuerke - Das Original
Autoren: Ihsan Acar
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ging schweißgebadet nach Hause. Jedes Mal musste ich mir eine andere Erklärung einfallen lassen, warum ich nicht duschte. Oft sagte ich, dass meine Eltern auf mich warteten und ich schnell nach Hause müsse, weil wir noch irgendwohin wollten. Ich war stolz, als mir Ausreden einfielen wie ›Ich wurde heute geimpft, da darf kein Wasser drankommen‹. Heute stehe ich da drüber und sage, was Sache ist. In türkischen Fußballvereinen hast du übrigens das Problem nicht.« Vielleicht gibt es auch nur deshalb so viele türkische Vereine, überlegte ich ein wenig geistesabwesend.
    Hayri fiel ein Stein vom Herzen, weil auch ich nicht ohne Shorts unter die Dusche ging, wunderte sich aber doch sehr über die Deutschen. Als ich ihm erzählte, dass es für Deutsche auch nichts Ungewöhnliches ist, wenn Kinder ihre Eltern nackt sehen, fiel er fast vom Stuhl.
    »Unglaublich! Das wusste ich nicht. Ich kann mir so etwas gar nicht vorstellen!«
    »Na ja. So schlimm ist das doch nicht. Und was das Duschen betrifft: Dich zwingt ja keiner. Du brauchst es deinen Mitspielern doch nur einmal zu erklären, dass wir nun mal nicht nackt duschen. Dann hast du Ruhe.«
    Hayri:
»Nee, ich hab schon eine andere Lösung gefunden. In der Nebenhalle findet zur selben Zeit ein Fitnesstraining statt. Nach dem Basketball gehe ich dahin und schaue in den letzten 30 Minuten zu. Bis dahin sind die Basketballer alle weg. Und ich kann in Ruhe duschen.«

Im Teehaus trinkt man nicht nur Tee
    Das türkische Teehaus ist die beliebteste Begegnungsstätte junger und alter Türken in Deutschland. Es gibt nur sehr wenige Deutsche, die jemals ein Teehaus von innen gesehen haben. Die Gründe liegen auf der Hand: Vor jeder türkischen Kneipe stehen ständig zwei bis zehn Schwarzköpfe. Sie unterhalten sich. Sie rauchen. Sie telefonieren. Sie sitzen. Sie streiten sich. Egal, was sie tun, sie vermitteln jedem deutschen Passanten das Gefühl, dass es sich hier um ein genau abgegrenztes Territorium handelt, das fest in türkischer Hand ist. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn drei blonde Deutsche, um die dreißig, an den »Türstehern« vorbei in ein türkisches Teehaus stolzierten. Die Türken unterbrechen ihre Spiele. Niemand spricht. Der Fernseher wird leiser gestellt, alle Blicke richten sich auf die Eindringlinge.
    Die türkischen Gäste vermuten, dass die Deutschen von auswärts kommen und nur nach einer Adresse fragen wollen.
    Der Wirt dagegen bekommt es mit der Angst zu tun: »Mist, die sind bestimmt wieder vom Ordnungsamt.«
    Der Wirt:
»Gutten Tack!«
    Einer der Deutschen:
»Drei Bier bitte!«
    Der verwirrte Wirt zapft das Bier. Die Deutschen nehmen Platz. Das Bier kommt. Sie fangen an zu trinken. Die Türken flüstern derweil:
    »Die sind bestimmt vom Geheimdienst.«
    »Nein, das sind Nazis! Die wollen die Kneipe bestimmt anzünden und gucken erst, ob hier ausreichend viele Türken sind.«
    Kehren wir zurück zur Realität. Bis auf sehr wenige Ausnahmen halten sich in türkischen Kneipen nur türkische Männer auf. Manche sitzen hier von morgens bis abends. Andere müssen zunächst mal acht Stunden arbeiten und können erst in den Abendstunden ins Teehaus gehen. Wie der Name schon verrät, wird im Teehaus viel Tee getrunken. Und zwar türkischer Tee. Dieser kommt aus der Schwarzmeerstadt Rize. Rize ist die Heimatstadt der türkischen Ostfriesen. Man nennt die Menschen aus Rize und dem Nachbarort Trabzon auch die »Lazen«. Sie zeichnen sich durch ihre großen Nasen aus und haben häufig blondes bis dunkelblondes Haar. Aufgrund ihres Dialekts und der auffälligen Nase sind sie ein wichtiger Bestandteil der türkischen Witzkultur. Fast jeder zweite Witz dreht sich um »Temel«, der entweder aus Rize oder Trabzon stammt:
    Temel ist ein begnadeter Klavierspieler. Irgendwann sieht er keine Zukunft mehr für sich in Rize und wandert in die USA aus. Innerhalb weniger Jahre gehört er zu den besten Pianisten in den USA. Er spricht sehr gut Englisch und hat zudem einen englischen Künstlernamen angenommen. Nach einem Konzert vor einem voll besetzten Saal kommt ein Zuschauer auf Temel zu und sagt: »Du spielst sehr gut, Hemso. Rize kann stolz auf dich sein!« (Hemso nennt man in der Türkei diejenigen, die aus derselben Stadt stammen.)
    Temel: »Woher weißt du, dass wir Hemso sind und ich aus Rize komme?«
    Der Zuschauer: »Nur ein Einwohner von Rize zieht das Klavier zu sich, wenn sein Stuhl zu weit weg davon steht!«
    Natürlich leben auch in Deutschland viele
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