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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman
Autoren: Insel Verlag
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Flamencotänzer, der seine Schnulzen rhythmisch mit Besteck und Gläsern begleitet und dazu die Posen der Sänger nachahmt, die gerade groß in Mode sind. Aber trotz allem, was hier gesagt wurde, muss man eines fairerweise zugeben: Die Statistiken über fußballerische Siege und Niederlagen sprechen schon lange gegen uns. Ein Grund dafür ist klar: Das Einstellungsbüro befindet sich in María Elena, und dort werden die besten Sportler, die in die Gegend kommen, gesichtet, vorsortiert und gleich an Ort und Stelle in die Belegschaft aufgenommen. Außerdem werben sie dort durch höheren Lohn oder bessere Zulagen unverfroren jeden ab, egal ob männlich oder weiblich, der sich in einer anderen Minensiedlung sportlich oder künstlerisch hervortut. Aber natürlich kommt erschwerend hinzu, dass unsere Spieler eher entspannte Jungs sind und gerne mal einen draufmachen, wie unser Trainer Don Agapito Sánchez sich auszudrücken pflegt (selber auch kein Musterknabe). Jedenfalls hat Don Agapito nicht ganz unrecht, die Spieler von heute sind nämlich überhaupt nicht zu vergleichen mit denen von früher. Mann, das waren noch Sportler von echtem Schrot und Korn! Die Früchtchen von heute haben von Training ja noch nie was gehört; samstags gehen sie einen heben, und am Sonntag laufen dann die sieben oder acht, die spielen wollen, bei ihren jeweiligen Clubs direkt von der Sause aufs Spielfeld, übernächtigt und voll wie die Haubitzen. Man muss ja nur das Bild des Jammers sehen, das sie in den Halbzeitpausen bieten, wenn sie sich mit Humpen voll Wein mit Hafermehl auf Vordermann bringen wollen oder mit diesen deftigen Eintöpfen, die ihnen ihre Ehefrauen, lieb und verhätschelnd, wie sie sind, auch noch in die Umkleide nachtragen. Außerdem, was soll man lange herumreden, sind die meisten Spieler Weiberhelden und Lustmolche und als solche dem fleischlichen Techtelmechtel übertrieben zugetan. Nehmen wir beispielsweise Choche Maravilla mit seiner haltlosen und kräftezehrenden Zahlenmystik, wonach es ihm Glück bringt, wenn er in der Nacht vor einem Spiel zwei Nummern nacheinander schiebt, bloß weil er beim ersten Mal, als er das tat, am nächsten Tag zwei spektakuläre Tore geschossen hat. So dass also, mein Freund, das Ergebnis der Begegnung mit den Staubfressern gestern eigentlich keine Überraschung war. »Wir haben gespielt wie noch nie und verloren wie immer«, wie Concha der Dorfsheriff treffend und bitterdazu bemerkte, nachdem er als Ersatztorhüter unserer Elf für die letzten zehn Minuten ins Spiel gekommen war. Weil sie uns nämlich nicht nur in letzter Minute durch ein Tor von Pata de Diablo besiegt haben (dieser Saftsack macht uns bei ruhenden Bällen immer einen rein) und der Ball dem Dorfsheriff dabei zwischen den Beinen durchrutschte (einen »Pap-Abstrich haben sie ihm gemacht«, wie Cachimoco Farfán zu sagen pflegt, wenn einer getunnelt wird), sondern die Ärsche haben außerdem den Schiedsrichter gehauen und zwei von uns verletzt: Das Knie von Chambeco Cortés, unserem besten Torjäger, ist hinüber, und Tarzán Tirado, unseren Stammkeeper, haben sie mit einem Kopfstoß fast umgebracht. Wir mussten ihn ins Krankenhaus schaffen, dort hat man ihm zwei gebrochene Rippen attestiert, ihn von der Hüfte aufwärts eingegipst und bei strenger Bettruhe dabehalten. Und dann haben sie uns auch noch hinterher beim Singen Saures gegeben, weil außer Washington Miranda keiner von unseren Sängern hatte mitkommen können. Torito Cantor leidet seit vier Tagen an einem mysteriösen Schluckauf und kann nicht mal eine hergelaufene Tonleiter üben; Juan Charrasqueo war nicht aus dem Rancho Huachipato wegzubewegen, wo er sich mit einem halben Dutzend Säuferfreunden an einem Tisch hinter einer Wand aus Weinflaschen verschanzt hatte. Und California, unser höchster Trumpf, macht gerade Urlaub in Antofagasta. Endgültig die Krone aufgesetzt wurde dem Ganzen, als diese »Lymphknotenmuschis«, wie Cachimoco Farfán sagen würde, nach der üblichen Verabschiedung mit Urkundentausch, Reden und Umarmungen einfach nur so, aus perversem Spaß an der Freude, die Scheiben von unserem Blauen Windhund mit einem Hagel von Steinen zerdeppert haben, und das ist unser einziger Bus, um in die anderen Salpetersiedlungen zu kommen, was sagt man dazu, mein Lieber?
    All das erzählten wir Expedito González in einem einzigen Redeschwall, an dem wir uns vor Ungeduld fast verschluckten. Wir erzählten es ihm an einem Tisch im Rancho Huachipato, wohin wir
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