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Der Traum des Satyrs

Der Traum des Satyrs

Titel: Der Traum des Satyrs
Autoren: Elizabeth Amber
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hierher. Die Statue haben sie zwar zerstört, aber ihr dabei ganz gezielt die Genitalien und die rechte Hand abgehackt. Dass sie nur diese Teile unbeschädigt zurückgelassen haben, und dann auch noch so, dass wir sie in all dem Chaos entdecken mussten, war kein Zufall.«
    Damit hatten sie ihm etwas sagen wollen, denn ebendiese Körperteile stellten seine empfindlichsten Regionen dar.
    Der Blick des Bewahrers blieb unverändert ruhig.
    »Es ist weithin bekannt, dass wir mit Hilfe dieser Spiegel in die angrenzende Welt sehen können«, beharrte Dominic. »Sie wurden absichtlich unbeschädigt gelassen, damit wir auch künftig in diese Welt blicken können.« Er wies mit dem Kinn in Richtung der Frau im Spiegel. »Lasst mich diese neue Aufgabe aufschieben, bis ich die Hintergründe dieses Angriffs herausgefunden habe! Bis ich die Dämonen, die dafür verantwortlich sind, zur Strecke gebracht habe!«
    Zum ersten Mal regten sich die Akolythen zu beiden Seiten des Bewahrers. Ob der Grund für ihr bestürztes Gemurmel allerdings Dominics Vorschlag eines Aufschubs war, oder ob es daran lag, dass er die Dämonen beim Namen genannt hatte, wusste er nicht – und es war ihm auch gleichgültig.
    Der Bewahrer hob die Hand und gebot damit Ruhe, dann sah er Dominic an und schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr werdet tun, wie Euch geheißen wurde!«
    Dominic schnaubte frustriert und ging. Im bogenförmigen Durchgang zum nächsten Raum blieb er stehen und beobachtete die Geweihten bei ihrer Arbeit. Die zwölf Marmorstatuen, die kreisförmig im Raum standen, starrten ihn kalt und wortlos an, doch er war ihr unverwandtes Starren gewohnt und ignorierte sie.
    Er rammte seine behandschuhte Faust gegen eine der Kalksteinsäulen und fühlte gleich darauf den vertrauten Blitzschlag seinen Arm entlangrasen, eine grausame Erinnerung an seine Pflicht. Freier Wille war ein Luxus, den er seit dem zarten Alter von zehn Jahren nicht mehr kannte. Die drei Männer hinter ihm führten seine Gemeinde an, und er leistete ihren Anweisungen Folge.
    »Wie soll ich durch das Tor kommen?«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Macht Euch bei ihrem Ehemann beliebt. Beschwatzt ihn, so dass er Euch den sicheren Übergang anbietet. Er ist ein Satyr aus der Erdenwelt, aber er dient hier in einem unserer Regimenter.«
    Dominic zog die Brauen zusammen und fuhr zu der Frau im Spiegel herum.
    »Sie ist verheiratet – mit einem unserer Kämpfer?«, vergewisserte er sich. »Und Ihr wollt, dass ich mir anmaße, ihm seine Rechte an ihr streitig zu machen?«
    Eine weitere Buchseite wurde von zarter Frauenhand umgeblättert, die nun jedermanns Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Gold blitzte am Finger der Frau auf. Sie trug einen Ehering.
    »Sie ist nicht von unserem Blut«, lautete die hastige Versicherung, so als ob das den widerwärtigen Auftrag, den Dominic erhalten hatte, vollkommen gerechtfertigt hätte. »Ihre Schwester ist eine Tochter von König Feydon – eine der berüchtigten Halbfeen, die mit den drei Herren von Satyr in der Erdenwelt verheiratet sind. Diese hier jedoch« – er tippte mit einem knorrigen Finger den Spiegel an, wodurch das Bild der Frau für einige Sekunden verschwamm –, »diese hier ist nicht vom Blute des verstorbenen Königs.«
    »Wie stark ist das Blut ihres Ehemanns?«
    »Der? Er verdient kaum die Bezeichnung ›Satyr‹«, spottete der Bewahrer. »Er prahlt damit, dass er zu einem Viertel von Satyrblut sei, doch wir glauben, es ist nicht einmal so viel. Und er ›kämpft‹ nicht, wie Ihr annehmt. Nein, er bietet sich den anderen Soldaten auf niedere Art an, als einer der
cinaedi.
Ihr werdet ihn in dem Regiment finden, das dem Tor am nächsten ist. Er ließ sich dort stationieren, damit er jedes Mal zu Vollmond leicht in seine Welt zurückkehren kann.«
    »Um seine Frau zu vögeln«, folgerte Dominic. »So, wie Ihr wollt, dass ich sie vögle. Warum?«
    Die Akolythen flüsterten wieder, seine deutlichen Worte leise tadelnd. Der Bewahrer sah darüber hinweg und zog es wie immer vor, die schmutzigen Details der regelmäßigen Pflichten zu beschönigen, die Dominics Existenz ausmachten.
    »Sie ist wie ein frisch gepflügtes Feld. Ihr Ehemann lag letzte Nacht bei ihr«, bemerkte der alte Mann bedeutungsvoll.
    Daraufhin wandte Dominic sich um und blieb vor dem Bild der Frau stehen, seinen Blick auf ihre Taille gerichtet. Er öffnete seinen Geist, um in einem kurzen Augenblick so viel wie möglich zu erfahren.
    Ihr Leib war
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