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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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verstehe nicht, wieso du … geh mit mir essen. Morgen. Nur wir beide. Lass uns reden, etwas trinken und über nichts nachdenken, nicht über meine Familie oder über deine Familie oder über sonst wen. Einverstanden?«
    »Ich bin nur müde, Jack. Ich fahre jetzt.« Sie zog die Tür zu, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr zurück. Ihr Herz pochte, aber sie behielt die Straße im Rückspiegel im Auge, sah ihn nur einen Sekundenbruchteil dastehen, allein vor dem beleuchteten Haus.

Vierundvierzig
    Als Sweeney eintrat, war Anna noch wach. Sie saß am Küchentisch und las Zeitung. Sweeney nickte ihr zu, ging nach oben, um das Kleid gegen Jeans und Sweatshirt zu tauschen und kam wieder herunter. Schenkte zwei Gläser Weißwein ein und reichte Anna wortlos eines davon.
    »Was ist heute Abend passiert?«
    »Was meinst du denn?«
    »Irgendwas muss heute Abend vorgefallen sein. Sonst würdest du mit Jack Putnam Wein trinken statt mit mir.«
    Anna musterte sie.
    »Ich weiß nicht«, sagte Sweeney schließlich. »Ich war dort, und sie haben herausgefunden, wer ich bin. Ich meine, wer wir sind. Das mit Paul und Ivy. Es war überhaupt ein sehr merkwürdiger Abend. Die Stimmung war so gereizt.«
    »Warum hast du immer darauf bestanden, ihn Paul zu nennen? Das hat ihn verrückt gemacht, weißt du das?«
    »Sie haben die Sache am Bailey’s Beach rausgekriegt, und als sie über Paul Bescheid wussten, war es … es war so eine Demütigung«, sagte Sweeney und ignorierte die Frage.
    Anna lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Ich habe nie verstanden, warum die Sache am Bailey’s Beach dich so aufgebracht hat. Sie hat sich betrunken und ihr Bikinioberteil ausgezogen. Mein Gott, das war die größte Sensation, seit Doris Duke in ihrem durchsichtigen Badeanzug aus dem Wasser
gekommen ist. Sweeney« - sie musste lachen - »das ist lustig. Verstehst du das nicht?«
    »Ich finde das nicht lustig.« Sweeney erhob sich.
    »Sweeney, setz dich und sieh mich an.«
    Sweeney verzog missbilligend das Gesicht, aber tat wie ihr geheißen, und als sie Anna ansah, verdrehte ihre Tante die Augen. Sweeney schmunzelte und versuchte, nicht in Gelächter auszubrechen, aber es gelang ihr nicht.
    »Also, was macht dein Rätsel?«, fragte Anna. »Hast du den Mord an Brad gelöst?«
    »Nein, ich glaube, ich habe überhaupt keine Rätsel gelöst.« Sie erzählte Anna von dem Schmuck und von Belinda Putnam.
    »Ich dachte ganz sicher, ich hätte die Lösung, aber der DNA-Test kann nicht lügen. Wenn das Baby blutsverwandt mit Charles Putnam war, wie konnte es dann über neun Monate nach seinem Tod zur Welt kommen? Heutzutage kann man sich ja künstlich befruchten lassen und so, aber 1863?«
    »Klingt nicht sehr überzeugend«, stimmte Anna zu.
    »Nein. Und was hat das mit dem Mord an Brad zu tun, oder mit dem Mordversuch an Melissa Putnam? Ich habe keinen Schimmer. Ich bin genauso schlau wie an dem Tag, als die Polizei mich angerufen hat, um ihnen mit dem Schmuck zu helfen, weil sie dachten, dass ein Ritualmörder die Stücke am Tatort zurückgelassen hatte.«
    »Ich wünschte, ich könnte dir helfen«, sagte Anna. »Aber ich fürchte, ich bin nicht gerade die geborene Detektivin.«
    Nachdem Anna zu Bett gegangen war, ging Sweeney in den Garten, nippte an ihrem Wein und dachte über ihre Unterhaltung nach. Es war fast eins, und sie war ruhelos und nervös, so dass sie sich entschloss, einen kurzen Spaziergang auf dem Cliff Walk zu machen, bevor sie nach oben gehen und lesen wollte. Nach Sonnenuntergang war es praktisch dunkel, aber der Mond spendete ein wenig Licht, und sie konnte problemlos über den Zaun springen. Sie schlenderte den Pfad
entlang und genoss den kühlen Wind in der Finsternis. Sie würde morgen wieder nach Boston zurückkehren, und dann gäbe es keinen Anlass mehr für sie, noch etwas mit irgendjemandem von den Putnams zu tun zu haben. Sie hatte sich mit dem Schmuck befasst, und das war eigentlich auch ihre Aufgabe gewesen. Nun gab es hier nichts mehr für sie zu ermitteln.
    Hier draußen konnte sie klarer denken, und sie ließ ihr Gespräch mit Anna noch einmal Revue passieren. »Und was hat das mit dem Mord an Brad zu tun, oder mit dem Mordversuch an Melissa Putnam? Ich habe keinen Schimmer«, hatte sie zu ihrer Tante gesagt. Der Mord an Brad. Unfreiwillig sah sie ihn plötzlich vor sich, wie er gefesselt auf dem Bett lag und die Plastiktüte sein hübsches Gesicht verdeckte, die Schmuckstücke wie seltsame Schlangen auf seinem Körper
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