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Der Totenleser

Titel: Der Totenleser
Autoren: Michael Tsokos
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Wehnerts Haaren nachgewiesenen Droge: LSD ist eines der stärksten Halluzinogene (Substanzen, die in der Lage sind, optische, akustische und sensorische Halluzinationen hervorzurufen) überhaupt. Schon etwa dreißig Minuten nach dem Konsum von LSD treten erste Veränderungen in der Sinneswahrnehmung auf, die insbesondere zu Störungen des Raum- und Zeitempfindens führen. Aber auch die gesamte Umwelt kommt dem Betroffenen im LSD-Rausch verändert und viel intensiver vor, was insbesondere die Wahrnehmung von Farben, Formen und Personen betrifft.
    Der Text eines 1967 veröffentlichten Beatles-Songs, das von einer Reise durch eine bunte, völlig irreale Phantasiewelt erzählt, wird seit Jahrzehnten immer wieder als Beschreibung eines LSD-Trips interpretiert. Dabei werten einige schon den Titel als eindeutigen Hinweis: » L ucy in the S ky with D iamonds«. John Lennon behauptete allerdings zeitlebens, dass ihn ein selbstgemaltes Bild seines damals vierjährigen Sohnes Julian inspiriert hätte, das seine Klassenkameradin Lucy darstellen sollte. Wie immer es auch gewesen sein mag – LSD war die Hippiedroge der Sechzigerjahre. Obwohl LSD in den USA bereits 1966 verboten wurde, war der Besitz und Konsum der Droge bei uns in Deutschland bemerkenswerterweise noch bis 1971 legal. Seit einigen Jahren erfreut sich LSD in Deutschland erneut einiger Beliebtheit, überwiegend in der Technoszene.
    Vereinzelt wird LSD aber auch als bewusstseinserweiternde Substanz in einem Verfahren eingesetzt, das psychoanalytische Behandlung und Anwendung halluzinogener Drogen kombiniert (»Psycholyse«). Dabei werden halluzinogene Substanzen unter ärztlicher Aufsicht verabreicht, mit dem Ziel, psychische Blockaden zu lösen und »seelische Untiefen zu ergründen«. Allerdings ist dieses sehr zweifelhafte Therapieverfahren wissenschaftlich nicht anerkannt; gesetzlich verboten ist dabei aber nur der Einsatz illegaler Drogen wie Heroin, Ecstasy oder eben LSD. Erst im September 2009 starben in Berlin zwei Patienten an einem tödlichen Drogenmix, der ihnen bei einer Psycholyse-Sitzung verabreicht worden war. Fünf weitere Patienten überlebten diese »Therapiesitzung« nur knapp. Der 51-jährige Arzt wurde im Mai 2010 vom Landgericht Berlin wegen Körperverletzung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.
    Der LSD-Konsument erlebt seinen Rausch keineswegs immer als ein entspannendes Farben- und Klangspektakel mit daraus resultierendem Glücksgefühl und Zugang zu seinem inneren Selbst. Obwohl viele LSD-Konsumenten von einem beglückten Entrücktsein während ihres Trips berichten, kann nach Einnahme von LSD auch genau das Gegenteil eintreten und der Betroffene sich in einem wahren Horrortrip mit negativen Emotionen, Angst- und Panikattacken wiederfinden. Nicht selten kommt es auch zu Angst einflößenden akustischen und optischen Halluzinationen: Man hört beunruhigende Stimmen und sieht Personen oder sogar Ungeheuer, die einem nach dem Leben trachten.
    Wie bei den meisten Drogen hängt die Wirkung und das im LSD-Rausch Erlebte nicht nur von der Dosis ab, sondern ganz entscheidend auch von dem jeweiligen psychischen Gemütszustand des Betreffenden und den Umgebungsbedingungen ( Setting ). Ist die Grundstimmung des Drogenkonsumenten bereits vor dem Rausch angespannt oder sogar aggressiv, und strahlt das Umfeld, in dem der Betreffende die Droge konsumiert, etwas Düsteres aus, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu ne gativen Erfahrungen mit der Droge kommt, viel höher als bei ausgeglichener oder euphorischer Grundstimmung und entspanntem Setting .
    Besonders typisch für LSD ist, dass die Einnahme der Droge eine »drogeninduzierte Psychose« auslösen kann, also eine durch den Drogenkonsum hervorgerufene schwere psychische Störung. Die führt bei dem Betroffenen zu einer Veränderung in seinem Erleben, Denken, Fühlen und Verhalten und geht mit einem erheblichen Realitätsverlust einher. Das gilt jedoch nicht nur für LSD, sondern auch für andere synthetisch hergestellte Drogen wie Amphetamine ( Speed ) oder Metamphetamin ( Crystal ) und für manche in der Natur vorkommende psychoaktive Substanzen (enthalten zum Beispiel in Magic Mushrooms ).
    Das Auftreten einer drogeninduzierten Psychose darf dabei nicht mit dem – unter Umständen auch psycho tischen – Drogenrausch an sich verwechselt werden. Der eigentliche Drogenrausch und die mit ihm verbundenen Wahrnehmungen und Empfindungen
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