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Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)

Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)

Titel: Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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hättest auch etwas abbekommen!“
    Kind! Wenn sie ihn so nannte, dann war das für Brad ein sicheres Anzeichen dafür, wie angegriffen sie innerlich war. Er hasste es, wenn sie Kind sagte. Sie tat es aber trotzdem immer wieder und zwar insbesondere dann, wenn sie keine Lust zu argumentieren hatte.
    „Ich fände es nicht so lustig, wenn der Elektriker wieder eine geballte Ladung abbekommt – ich vielleicht diesmal auch, wer weiß?
    - und es ist niemand da, der Hilfe holen kann!“
    „Diesmal wird der Elektriker erstens sich nicht allein ins Haus wagen, sondern mindestens einen Kollegen mitnehmen und zweitens sehr viel vorsichtiger sein“, versprach Mom. „Ich habe dieselbe Firma engagiert, das heißt die Männer wissen Bescheid, was mit ihrem Kollegen geschehen ist und werden sich dementsprechend verhalten. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“
    Brad atmete tief durch.
    Mom hatte alle seiner Argumente widerlegt.
    Wenn er jetzt nicht mit der Sprache herausrücken wollte, blieb ihm nichts anderes übrig als nachzugeben.
    „Okay“, maulte er.
    Am Abend kam ein Pizza Service. Mom hatte inzwischen Kerzen besorgt. Brad bekam auch ein paar für sein Zimmer davon. „Aber zünde sie nur an, nur wenn es nötig ist! Ansonsten versprich mir, dass du vorsichtig damit bist!“
    „Wenn die Hütte abbrennen würde, hätte ich nichts dagegen.“
    „Wenn die Hütte abbrennt, wie du dich auszudrücken beliebst, dann landen wir im Obdachlosenasyl!“, drohte Mom.
    „Das ist ja wohl ein bisschen übertrieben oder?“
    „Aber nur ein bisschen.“
    Brad seufzte. „Ich freue mich schon darauf, wenn ich endlich meinen Computer anschließen und damit spielen kann!“, meinte er.
    *
    Der Großteil von Brads Sachen befand sich noch in einem halben Dutzend Kisten, die in der Mitte seines Zimmers standen. Die Regale an den Wänden waren noch zu zwei Dritteln leer und irgendwie verspürte er keinen großen Drang dazu, sie zu füllen. Früher oder später wirst du doch akzeptieren müssen, dass du nun hier zu Hause bist! , überlegte er. Aber warum nicht etwas später? Vielleicht brauche ich einfach noch Zeit. Kein Strom, das bedeutete kein Computer, keine Spielekonsole, kein Fernsehen, keine Musik.
    Mit anderen Worten: Die totale Langeweile.
    Glücklicherweise war es Sommer und das bedeutete, die Dämmerung setzte erst spät ein. Da sein Zimmer nach Westen ausgerichtet war, hatte er wenigstens noch etwas Licht. Comics lesen mit der Taschenlampe war auf die Dauer nicht so toll. Also begann er doch noch, an den großen Haufen mit seinen Sachen zu gehen und sie der Reihe nach einzuordnen. Ein Kasten mit Fotos fiel ihm in die Hände. Fotos, die ihn mit Dad zusammen an der nahen Küste des Long Island Sound beim Angeln zeigten. Oder in Baseball-Kluft. Bilder, die Brad als Zehnjährigen zusammen mit Mom und Dad während eines Sommerurlaubs in Florida zeigten. Am Strand, auf einer Alligatorfarm in den Everglades und auf einem Hochgeschwindigkeitsmotorboot vor Key West.
    Damals konnten wir uns wenigstens noch einen Urlaub leisten! , ging es Brad bitter durch den Kopf, aber die finanzielle Situation war eigentlich nicht das Schlimmste, auch nicht, dass sie in dieses alte Haus umziehen mussten. Das eigentlich Schlimme war, dass Dad nicht mehr bei ihnen sein konnte.
    Brad fühlte einen dicken Kloß im Hals, der mit jedem Bild, das er sich ansah großer zu werden schien.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit glitzerten Tränen in seinen Augen.
    Als er die Fotos durchgesehen hatte, war es schon so dunkel geworden, dass man ohnehin kaum noch etwas darauf sehen konnte. Er packte sie weg.
    Mom kam kurz vorbei und sagte ihm Gute Nacht.
    „Ich muss morgen früh raus, aber du kannst ja ausschlafen, wenn du willst.“
    „Klar. Mom.“
    „Nur den Elektriker darfst du nicht verpassen, aber der Mann hat mir gesagt, er kommt nicht vor elf Uhr.“
    „In Ordnung.“
    Als sie weg war, lag er auf dem Bett und starrte zur Decke. Er war innerlich so aufgewühlt, dass an Schlaf eigentlich nicht zu denken war.
    Warum ich?, dachte er. Warum muss mein Dad mit einem Sportwagen über die Küstenstraße rasen und dabei zu Tode kommen? Was haben Mom und ich getan, dass uns das passiert?
    Sein Verstand sagte ihm, dass diese Gedanken völlig sinnlos waren und zu nichts führten, außer zu mehr Traurigkeit und Wut über Dinge, die doch nicht zu ändern waren, aber der Verstand hatte im Augenblick bei Brad nicht die Oberhand. Es hatte also gar keinen Sinn so zu
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