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Der Tote in der Wäschetruhe

Der Tote in der Wäschetruhe

Titel: Der Tote in der Wäschetruhe
Autoren: Wolfgang Swat
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Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen, ist bei Georg nichts als Lüge. Mit frappierender Kaltschnäuzigkeit bietet er den Ermittlern immer neue Fakten an, die seine Unschuld beweisen sollen und die sich bei näherem Hinsehen als Hirngespinste erweisen. Lügen hält er so lange aufrecht, bis sie durch unwiderlegbare Beweise entlarvt werden. So bestreitet er vehement, dass er mit Kassibern versucht hat, seinen Bruder sowie Zeugen zu beeinflussen. Die Botschaften hatte er in Kleidungsstücke eingenäht, die seine Mutter nach Besuchen in der Haftanstalt zum Waschen mit nach Hause nehmen sollte. In einem Kassiber unterbreitet er seinem Anwalt ein generöses Honorar-Angebot, das er ihm wahlweise in Ost- oder Westmark, auszahlen wolle. In einem anderen, mehrere Seiten umfassenden Geheimpapier nennt er angebliche Zeugen, die seine Unschuld beweisen könnten und die er der Polizei bisher verschwiegen habe. Ein Kassiber richtet er an seine Mutter mit der Aufforderung, ihm zu helfen. Georg
    schreibt ihr detailliert eine Aussage vor, die sie bei der Polizei machen müsse. Dort soll sie beschwören, dass der Geldumtauschen ein gewisser Müller, zwei Tage vor seinem Selbstmord bei ihr ein Geständnis abgelegt hat. Danach habe er, Müller, den Dieter gezwungen, Lutz Kunze zu töten und in die Elster zu werfen. Ihr Sohn Georg sei zur Tatzeit in Senftenberg gewesen, besagter Müller war tatsächlich Anfang Februar bei einem Verkehrsunfall gestorben. Nachweislich aber war er zur Tatzeit bei seiner damaligen Verlobten. In einem weiteren Kassiber fordert er Bruder Dieter nachdrücklich auf, die alleinige Schuld auf sich zu nehmen. Ihm könne schließlich angesichts seines Schwachsinns und der damit verbundenen Unzurechnungs-fähigkeit nichts passieren.
    Über ein Jahr lang ziehen sich die Ermittlungen hin. Am Ende sind 27 Aktenordner gefüllt. Darin befinden sich mehrere Stellungnahmen von Georg Fischer. Darunter ist ein Geständnis, das 108 handschriftliche Seiten umfasst.
    Doch es ist das Papier nicht wert, auf dem es verfasst ist. Wie schon zuvor im Ermittlungsverfahren, widerruft Georg Fischer im Prozess vor dem Bezirksgericht Cottbus Anfang Februar 1982 alle ihn belastenden Aussagen. Er behauptet, dass ihn die Kriminalisten geschlagen hätten. Durch Schlafentzug sei er völlig übermüdet und mit den Nerven am Ende gewesen. Letztlich habe er die von der Polizei gewünschten und vorgegebenen Angaben gemacht, um endlich Ruhe zu haben. Außerdem habe ihm sein Bruder Dieter noch vor der gemeinsamen Inhaftierung Details des Mordes geschildert. Daher stamme das in den Geständnissen offenbarte Täterwissen.
    Das Gericht glaubt ihm nicht. Es verurteilt Georg Fischer am 8. Februar 1982 gemäß dem Antrag der Staatsanwaltschaft wegen in Mittäterschaft begangenen Mordes in Tateinheit mit Raub und wegen verbrecherischen Betrugs zum Nachteil sozialistischen Eigentums zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Gegen Dieter Fischer verhängt der erste Strafsenat wegen gemeinschaftlichen Mordes zwölf Jahre Gefängnis. Ihm wird verminderte Schuldfähigkeit zuerkannt.
    Die Verteidiger legen Berufung gegen die Urteile beim Obersten Gericht der DDR ein und haben damit zum Teil Erfolg. Bei Georg Fischer sieht es nur die Anstiftung zum Mord als bewiesen an. Alleiniger Mörder sei Dieter Fischer gewesen. An den verhängten Strafen ändert das jedoch nichts. Sie werden von den obersten Richtern bestätigt.
    Dieter Fischer wird im Januar 1989 aus dem Strafvollzug entlassen. Georg Fischer richtet 1993 Gnadengesuche an den Ministerpräsidenten und den Justizminister des Landes Brandenburg, nachdem einem Antrag auf Haftaussetzung nicht stattgegeben wurde. Die Gnadengesuche werden abgelehnt.
    Im Januar 1996 öffnen sich für Georg Fischer die Gefängnistore. Inzwischen hat er geheiratet und den Namen seiner Ehefrau angenommen. Wieder in Freiheit, kommt er erneut mit dem Gesetz in Konflikt. Die Amtsgerichte Berlin-Tiergarten und Senftenberg verurteilen ihn wegen kleinerer vollendeter und versuchter Betrügereien, Urkundenfälschungen und Trunkenheit im Straßenverkehr zu Geldstrafen.

»HE KLEINE LINDA«
    Es ist Mittwoch, der 14. Juni 1978. Das Fernsehen überträgt stundenlang Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien. Kerstin Klingner aus Bad Liebenwerda schaut nur mit einem Auge hin. Fußball interessiert sie wenig. Sie fiebert statt dessen dem Jugendtanz entgegen. Seit vier Monaten ist sie 16jahre alt und darf mittwochs und sonntags zur
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