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Der Tote in der Wäschetruhe

Der Tote in der Wäschetruhe

Titel: Der Tote in der Wäschetruhe
Autoren: Wolfgang Swat
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Studium der Akten auf unbürokratische Art und Weise ermöglichte. Und nicht zuletzt danke ich meinem langjährigen Freund Berndt Fleischer, Polizeisprecher im Schutzbereich Cottbus/Spree-Neiße für seine kritischen Hinweise.

LEICHENFUND IM KABELGRABEN
    Max Gärtner ist ein verurteilter Mörder. Das Bezirksgericht Cottbus hat ihn im Februar 1983 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, nicht zuletzt aufgrund des Geständnisses des Angeklagten in der Hauptverhandlung. Fünf Jahre später wird die Strafe im Zuge eine Amnestie auf 15 Jahre Gefängnis reduziert. Seit März 1995 befindet sich Max Gärtner wieder auf freiem Fuß und lebt zurückgezogen in Cottbus. Die vierjährige Bewährungszeit, die mit der Strafaussetzung verbunden war, hat er ohne Fehl und Tadel bestanden.
    Im Frühjahr 2005 wird der Mann ins Polizeipräsidium Cottbus bestellt. Er soll eine DNA-Probe abgeben, damit sein genetischer Fingerabdruck in die bundesweite Datenbank aufgenommen werden kann, in der die menschlichen Codes von Schwerverbrechern erfasst sind.
    Max Gärtner folgt dieser Aufforderung widerspruchslos. Nachdem ein Kriminalkommissar den Abstrich im Mund vorgenommen hat, verabschiedet sich Gärtner höflich. Fast beiläufig äußert er beim Hinausgehen ruhig und emotionslos: »Ich bin unschuldig verurteilt worden, die Tat habe ich nicht begangen. Trotzdem habe ich kein Interesse an einer Wiederaufnahme des Falls. Für mich ist die Sache abgeschlossen.« Der Kriminalkommissar, ein erfahrener Mordermittler, schreibt dennoch einen Vermerk und gibt ihn zu den Akten. Ist Max Gärtner damals fälschlicherweise beschuldigt und als Mörder verurteilt worden?
    Ereignet hat sich das Verbrechen im Jahr 1982 in Cottbus. Es ist März, also der Monat, in dem Frauenkollektive aus Betrieben, Genossenschaften und gesellschaftlichen Organisationen den Internationalen Frauentag feiern. Die Gaststätten sind in jenen Tagen gut ausgelastet. Wer nicht rechtzeitig Plätze bestellt, hat schlechte Karten.
    Ganz auf Frauentagsfeiern eingestellt ist auch die HO-Gaststätte »Zur Post« im Cottbuser Stadtteil Madlow. Nicht weit vom Restaurant entfernt befindet sich auf der rechten Seite in Richtung Stadtmitte der Südfriedhof. Zum Friedhof gehört ein sowjetisches Ehrenmal, das zwischen Straßenbahngleisen und Friedhofsgrenze liegt. Es erinnert an die russischen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg bei der Befreiung von Cottbus gefallen und auf einem extra Grabfeld innerhalb des Friedhofes bestattet sind. Gegenüber erstreckt sich das Areal einer großen Kaserne der Nationalen Volksarmee und die Gaststätte »Zum Postkutscher«. Eine Straßenbahn verbindet das Zentrum mit dem südlich gelegenen, vorstädtischen Madlow.
    Am 4. März 1982 sitzen seit dem späten Nachmittag Frauen einer Brigade vom Rechenzentrum der Reichsbahn in Cottbus in der »Post« zusammen. Zunächst lassen sich die Damen Kaffee und Kuchen schmecken und am Abend dann Schnitzel mit Kartoffeln und Gemüse. Natürlich wird auch das eine oder andere Glas Wein getrunken, doch übermäßig fließt der Alkohol nicht. Mit am Tisch der Frauentagsfeier Platz genommen hat auch die 40 Jahre alte Monika Gräfe. Wie immer ist die schwarzhaarige Frau mit der Brille eher zurückhaltend. Sie sieht nicht besonders gut aus, und wegen ihrer nervlichen Verfassung musste sie schon mehrfach Ärzte konsultieren.
    Zum Publikum der »Post« gehören an diesem Abend auch Gäste, die nichts mit der Frauentagsfeier zu tun haben. Der Friedhofsarbeiter Heinrich Bärmann hat sich an diesem Tag hier mit seiner Freundin Hilde Karschunke »auf ein Bier« verabredet. Beide trennen sich später, weil der Durst von Hilde eher gestillt ist als der ihres Freundes Heinrich.
    Gegen 20 Uhr verlässt die Frauentagsgesellschaft das Restaurant. Die Straßenbahn hat Verspätung. Die lustige Runde wartet und fährt dann gemeinsam Richtung Stadtmitte. Nur Monika Gräfe geht zu Fuß. Sie fühlt sich nicht wohl, hat Kopfschmerzen und braucht frische Luft. Seit Jahren leidet die alleinstehende Frau an Schizophrenie, die von Zeit zu Zeit in akute Schübe mündet. Auch ihr Heimweg führt sie in die Stadt. Die
    Kolleginnen sehen sie jedoch nicht mehr, obwohl die Bahn an ihr vorbeifahren müsste.
    An besagtem 4. März 1982 ist für den 25-jährigen Max Gärtner um 5.45 Uhr die Nacht vorbei. Die Eltern, bei denen das Einzelkind noch immer wohnt, schlafen weiter. Die Mutter arbeitet als Angestellte in der Verwaltung des Bezirksgerichtes
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