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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel
Autoren: Eva Bellin
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Ende. Wie waren sie auf ihn gekommen? Wie nur? Hatte dieser Erpresser vielleicht doch gesungen? Es war, wie er in der Zeitung gelesen hatte, ein blöder, kleiner Bengel aus Rendsburg gewesen. Keine weiteren Informationen. Aber Richard vermutete, daß dieser Moritz Mach etwas mit dem Grandhotel zu tun gehabt haben mußte.
    Der Tod des jungen Bengels hatte in Kiel viel Staub aufgewirbelt. Aber Richard fühlte sich kaum betroffen. Er wunderte sich selber darüber. Es war, als hätte er eine Spinne zertreten. Keine Reue. Gerechte Strafe für einen, der einen unbescholtenen Mann ruinieren wollte. Für ein paar Silberlinge. Pfui Teufel. Ein Mann sieht rot, das war so ein Film gewesen, der die Selbstjustiz guthieß. So empfand manch braver Mann. Gesindel mußte ausgerottet werden. Der Staat schützte einen nicht mehr. Und ein zerrüttetes Privatleben war ebenfalls nicht hinzunehmen.
    Weshalb wollten sie wissen, ob er im Grandhotel gewohnt hatte? Sie wußten höchstwahrscheinlich bereits, daß er nicht im Kempinski gewohnt hatte am sechsten September. So etwas war leicht festzustellen. Auch in Hotels standen schließlich Computer. Aber stellten sie die Verbindung zu dem Tod von diesem Moritz Mach her? Oder suchten sie wirklich nur Zeugen für den Mord in Berlin?
    Auf jeden Fall war dies für Richard Hornung eine Situation am Abgrund. Denn er konnte kein Alibi beibringen. Weder für die Zeit in Berlin. Noch, o Gott, für die Zeit, als der Mord an Mach geschehen war. Es sei denn, Lucie spielte mit. Doch das würde sie nicht tun. Nicht wenn sie erfuhr, weshalb er im Grandhotel gewohnt hatte.
    Sie würde sich alles zusammenreimen. Daß er nicht im Kempinski übernachtet hatte, ließ sich nicht verheimlichen. Und daß ihn sein verändertes Aussehen mit Bart und Haartönung bei einer Gegenüberstellung mit dem Personal im Grandhotel vor dem Erkanntwerden schützen würde, war ein geradezu lächerlicher Gedanke.
    Darauf kam es nun auch gar nicht mehr an. Das ließ sich nicht leugnen. Niemand wurde wegen eines Seitensprunges verurteilt. Als der Mord an dem Russen dort passierte, war er wirklich und nachweislich zu Hause gewesen. Also, da lag eine andere Gefahr. Genau die, welche er durch die Ausschaltung von diesem Moritz Mach hatte beseitigen wollen.
    Lucie würde ihm nie verzeihen. Und sie würde ihn ruinieren. Die Firma gehörte ihr. Eine Scheidung bedeutete zugleich seinen beruflichen Ruin. Keiner würde von ihm mehr ein Stück Brot nehmen. Auch die Sitze im Beirat und im Aufsichtsrat würde man ihm nehmen. Und Angela? Ach, Kinder konnten einem nicht helfen.
    Die Kripotypen würden eine Verbindung zu dem Mord an Moritz Mach konstruieren, darauf konnte er Gift nehmen. Also: das nackte Leben retten. Farbe bekennen. Kopf und Kragen zu retten versuchen.
    Er trank einen großen Whisky und fuhr mit dem BMW nach Hause. Alkohol am Steuer mied er sonst tunlichst. Doch darauf kam es nun auch nicht mehr an.
    Lucie wunderte sich.
    »Nanu, du kommst schon? Ist was? Zum Essen ist es noch zu früh. Die Brants sind gar nicht da. Anton kauft irgendwas für den Garten. Sie ist auf dem Markt.«
    »Und Gina?« fragte er automatisch.
    »Gina macht eine Ausbildung als Kunsttischlerin und hat uns verlassen. Vorgestern. Weißt du doch?«
    »Ja, richtig. Hatte ich ganz vergessen.«
    »Du siehst schlecht aus. Hast du etwas? Bist du krank?«
    »Ich muß dir etwas sagen. Gehen wir in die Bibliothek?«
    »Nanu? So feierlich? Bist du vielleicht schwanger, Lieber?«
    Manchmal hatte Lucie einen überraschend geschmacklosen Humor. Er lächelte traurig.
    »Es ist leider ziemlich ernst.«
    Sie gingen schweigend in die Bibliothek und setzten sich in die Ledersessel – herrlich weiches schwarzes Leder, wie stolz war Richard gewesen, als er diese Garnitur gekauft hatte.
    Lucie schaute ihn an und senkte dann den Blick.
    »Du warst im Grandhotel, stimmt's?«
    »Ja.«
    »Und du warst der Mann auf dem Phantombild, der zu dieser unbekannten Frau gehörte. Du warst auf Abwegen da, wie man so schön sagt. Sonst hättest du mir nichts vom Kempi vorgelogen.«
    »Ja.«
    »Also? Ich höre.«
    »Du redest wie eine Kriminaltante, Lucie! Ich bin dein Ehemann!«
    »Ja, aber was für einer? Das frage ich mich in diesem Augenblick. Bald werden ganz andere Tanten und Onkel von der Kripo mit dir reden. O mein Gott.«
    »Es war ein kleines Abenteuer, Lucie. Eine Nacht. Nenn es meinetwegen dritter Frühling. Nichts Ernstes. Ich wollte es eigentlich gar nicht. Aber sie war so
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