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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel
Autoren: Eva Bellin
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während er Lucies Wagen sorgsam und bedacht nach Hause lenkte. Du mußt damit fertig werden. Er oder ich.
    Lucie sah sich gerade im Fernsehen eine Sendung über die Gefährdung von Nashörnern und Elefanten in freier Wildbahn an. Er trat zu ihr, und sie hielt ihm die Stirn hin zu einem flüchtigen Kuß.
    Er ging ins Bad und wusch sich ohne besonders heftige Emotionen die Hände, dann begab er sich wieder nach unten und goß sich einen großen Whisky ein. Mit dem Glas in der Hand setzte er sich zu seiner Frau. Das eiskalte Glas kühlte seine Rechte angenehm. Er schaute auf seine Hand und stellte fest, daß sie nicht zitterte.
    »Ist deine Keramik was geworden?«
    »Heut' war ich gut.« Sie lächelte ihn an.
    »Ich war auch gut.«
    »Du bist immer gut, Lieber.«
    »Aber manchmal eben noch besser.«
    »Etwas Besonderes? Das ich wissen sollte?«
    »Ach wo. Es war ein Scherz. Guck mal, da. Die armen Tiere.«
    »Wahrhaftig. Es gibt grausame Menschen. Unvorstellbar, daß Menschen so etwas tun können. Gut, daß du nicht auf die Jagd gehst, Richard.«

11. Kapitel
    Die Leiche am Kransee in Kiel wurde am nächsten Morgen entdeckt. Der Mann war in dieser spärlich bewohnten Gegend direkt neben einer der Uferbänke erschossen und danach in das Gebüsch gezerrt worden. Je ein Schuß in Kopf und Bauch.
    Ein Irish Setter, den Frauchen, wie jeden Morgen, hier zu seiner ›Morgentoilette‹ führte, wie sie es zu nennen pflegte, fand den Toten. Der Hund fiepte. Sie hörte sein eifriges Kratzen. Jetzt denkt er wieder, er könnte Kaninchen jagen, dachte sie. Aber als er auch auf ihr Rufen hin nicht wieder zum Vorschein kam, schaute sie selber in das Gebüsch hinein. Da lag die Gestalt. Sie wußte sofort, daß es ein Toter war, und daß man ihn ermordet hatte.
    Sie rannte nach Hause, suchte die Telefonnummer der Polizei heraus, die sie sich immer merken wollte und dann doch vergaß, und war noch ziemlich atemlos, als sie ihre Entdeckung meldete.
    Sie waren schnell da, viel schneller, als man als Bürger meist argwöhnte. Der Tote hatte leere Taschen, wahrscheinlich waren sie vom Täter ausgeräumt worden. Ein Raubmord war es wohl nicht. Der junge Mann sah weder nach Reichtum noch wie das Mitglied einer Gang aus. Allerdings erlebte man auch da Überraschungen in einer Zeit, da liebe Jungs sich wie Penner ausstaffierten und Gangsterbosse sich den Doktortitel kauften.
    Kommissar Klinke fühlte sich unbehaglich. Er war nervös. In Kiel passierten nicht jeden Tag Morde. Keiner kannte dieses Opfer. Es gab zu denken, daß der Tote geschminkt war und einen Oberlippenbart angeklebt hatte. Vielleicht gehörte der Junge doch einer illegalen Gruppe an. Man wußte nie und steckte schließlich nicht drin.
    In Berlin meldete das Grandhotel der Polizei, der Page Moritz Mach sei nach einem Kurzurlaub nicht wieder zum Dienst erschienen, das sei ungewöhnlich, er sei an sich ein sehr zuverlässiger junger Mann.
    Einer der Polizeibeamten dachte bei dem Wort ›Grandhotel‹ automatisch an den Mord dort, der einigen Staub in der Presse aufgewirbelt hatte. Er wollte sich nicht blamieren, aber dann rang er sich doch durch und verständigte die Mordkommission vom rätselhaften Verschwinden eines Pagen im Grandhotel.
    Bernd Wedel hatte seine neue Spur. Die Sache kam ins Rollen. Moritz Mach stammte aus Rendsburg. Und aus Kiel wurde ein Mord gemeldet, das Opfer sei ein sehr junger Mann. Beim Durchsuchen der gesamten Umgebung waren in einer Heuhütte am Nordufer des Kransees Schminksachen, Kleidungsstücke und eine Fahrkarte nach Berlin gefunden worden, wahrscheinlich von dem jungen Mann dort deponiert, den man ermordet aufgefunden hatte.
    Der Ermordete sei geschminkt gewesen, vielleicht irgendwie etwas mit Sado/Maso, das komme jetzt ja immer mehr in Mode, die wollten sich sogar öffentlich outen und anerkennen lassen. Da könne schon mal ein tödlicher Unfall passieren.
    Andererseits war hier einwandfrei zweimal geschossen worden. Das paßte wieder gar nicht. Vielleicht eine Strafaktion für Verrat und Untreue?
    Die Mordwaffe war nicht gefunden worden.
    »Nach den Einschüssen zu urteilen, 'n herbes Kaliber, was Professionelles«, teilte Klinke seinem Berliner Kollegen Wedel telefonisch mit.
    Die unangenehme Aufgabe, die Eltern des Toten zu verständigen und ihn identifizieren zu lassen, fiel Klinke zu. Besonders heikel daran war, daß zur unvermeidlichen seelischen Roheit, die das stets mit sich brachte, in diesem Falle noch die Tatsache kam, daß es keine
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