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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz
Autoren: Peter Tremayne
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Eber?«
    »Ich bin eine Waise und als Dienerin auf Muadnats Hof aufgewachsen. Ich durfte nie den rath des Fürsten aufsuchen, aber ich sah Eber ein paarmal, wenn er zum Jagen oder Feiern zu Muadnat kam. Und vor ein paar Jahren erschien er einmal auf Muadnats Bauernhof, um den Clan zum Kampf gegen die Uí Fidgente aufzurufen. Ich erinnere mich, daß er von ähnlicher Statur war wie Muadnat. Ich habe ihn auch betrunken und beleidigend erlebt.«
    »Mein Vater Artgal folgte dem Aufruf und zog in den Krieg gegen die Uí Fidgente und kam nicht wieder«, fügte Archú zornig hinzu.
    »Also könnt ihr mir wenig über Eber sagen?«
    »Was möchtest du denn wissen?« fragte Archú interessiert.
    »Ich würde gern wissen, was für ein Mensch er war. Du sagst, du hast ihn betrunken und beleidigend erlebt. Aber war er dabei auch ein tüchtiger Fürst für sein Volk?«
    »Die meisten Leute sprachen gut von ihm«, meinte Archú. »Ich glaube, er war beliebt, doch als ich Pater Gormán um Rat fragte wegen meines gesetzlichen Anspruchs gegen Muadnat, da riet er mir, den Anspruch lieber in Lios Mhór vorzubringen als mich direkt an Eber zu wenden.«
    Fidelma fand das einen eigenartigen Rat von einem Priester. Schließlich war der erste Schritt auf jedem Rechtsweg ein Appell an den Stammesfürsten. Selbst der Häuptling eines kleinen Clans hatte das Recht, ein erstes Urteil zu fällen. Ihr fiel ein, daß Beccan erwähnt hatte, in Araglin gebe es keinen Brehon, der das Gesetz auslegen könne, also war Pater Gormáns Rat vielleicht doch wohlüberlegt und sagte nichts Nachteiliges über Eber aus.
    »Gab Pater Gormán einen Grund dafür an, daß du dich direkt nach Lios Mhór wenden solltest?« fragte sie.
    »Nein.«
    »Ist es nicht seltsam, daß zwei Menschen in einem Stammesgebiet aufwachsen und den Fürsten des Stammes kaum zu Gesicht bekommen?« erkundigte sich Eadulf.
    Archú lachte besänftigend.
    »Araglin ist kein so kleines Gebiet. In den Bergen kann man sich leicht verirren. Man kann tatsächlich dort sein ganzes Leben verbringen und niemals dem Nachbarn auf der anderen Seite des Berges begegnen. Mein Hof«, der junge Mann hielt inne und genoß den Satz, »mein Hof liegt, wie ich schon sagte, in einem einsamen Tal, und darin gibt es nur noch einen anderen Hof, den Muadnats.«
    Scoth seufzte tief.
    »Hoffentlich wird unser Leben jetzt anders. Ich kannte kaum etwas von dem Land außerhalb von Muadnats Küche.«
    »Warum bist du dann nicht von Muadnat weggelaufen?« fragte Fidelma.
    »Das habe ich getan, sobald ich das entsprechende Alter erreicht hatte. Aber wo sollte ich hin? Ich wurde sehr bald auf seinen Hof zurückgebracht.«
    Fidelma zog erstaunt die Brauen hoch.
    »Wurdest du gewaltsam zurückgebracht? Mit welchem Recht konnte Muadnat dich gewaltsam zurückholen? Du gehörtest doch nicht zu den Unfreien?«
    »Unfreie?« unterbrach sie Eadulf. »Sklaven, meinst du? Ich dachte nicht, daß es in den fünf Königreichen Sklaven gäbe.«
    »Die gibt es auch nicht«, antwortete Fidelma sofort. »Unfreie sind Personen, die innerhalb des Stammes keine Rechte besitzen.«
    »Was sind sie dann sonst als Sklaven?«
    »Sie sind keine Sklaven. Zu den Unfreien zählen wir Kriegsgefangene, Geiseln und Feiglinge, die ihren Stamm in der Not im Stich gelassen haben. Zu ihnen gehören auch Gesetzesbrecher, die die ihnen auferlegten Schadensersatzzahlungen oder Geldstrafen nicht aufbringen konnten oder wollten. Sie verlieren ihre Bürgerrechte, werden aber nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie werden so gehalten, daß sie zum Wohlergehen des Stammes beitragen. Natürlich dürfen sie keine Waffen tragen oder in ein Amt gewählt werden.«
    Eadulf verzog das Gesicht.
    »Das klingt mir aber ganz nach Sklaverei.«
    Fidelma ließ ihre Verärgerung merken.
    »Die ›Unfreien‹ werden in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe kann Land pachten und es bearbeiten und Steuern zahlen, während die anderen dazu zu unzuverlässig sind oder ständig gegen das Gesetz rebellieren. Jeder von ihnen kann sich aus seiner Lage befreien, indem er arbeitet, bis die Strafen abgegolten sind.«
    »Und wenn sie das nicht tun?« erkundigte sich Eadulf.
    »Dann bleiben sie Unfreie, ohne Bürgerrechte, bis sie sterben.«
    »Und ihre Kinder werden dann Sklaven?«
    »Sie sind keine Sklaven!« verbesserte ihn Fidelma wieder. »Und das Gesetz lautet: Mit jedem Menschen sterben auch seine Verbindlichkeiten. Ihre Kinder werden wieder vollberechtigte Bürger.«
    Sie
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