Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Titel: Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt
Autoren: Markus Stromiedel
Vom Netzwerk:
nicht folgen, wenn das Tor wieder zu ist.«
    Gemeinsam eilten sie zurück in die Halle, um Simons Großvater zu holen. Simon schnappte sich seinen Rucksack, dann rollten sie die Trage bis zur Treppe. Vorsichtig bugsierten sie das Gestell die Stufen hinab und schoben es durch den langen Kellergang, bis sie den Übergang zum alten Gebäudeteil erreichten. Filippo stellte die Öllampe ab, bevor sie die Trage durch die Öffnung in der Holztür hoben. Sie gingen weiter, betraten schließlich den Kellerraum mit der verschlossenen Brunnenklappe.
    Simon zögerte. Er spürte die Blicke der anderen auf sich. Nun war er doch ein wenig nervös. Er strich mit seinen Fingern über den Ring, den er trug, und seine Fingerkuppen ertasteten die Erhebung im Stein. Es war ein Relief, wusste Simon, mit bloßem Auge war es nicht zu sehen. Es zeigte einen blühenden Rosenbusch.
    »Musst du die Klappe nicht erst aufmachen?«
    Simon schüttelte den Kopf.
    Gespannt sahen die anderen zu, wie er in die Knie ging und den Ring auf den Metalldorn legte. Das unsichtbare Relief auf dem Stein glitt in die Gravur auf dem Medaillon. Simon spürte einen Widerstand, der Ring war mit dem Dorn fest verbunden. Langsam drehte er seine Hand, so als würde er ein Schloss aufschließen. Ein leises Knirschen war zu hören, der Dorn bewegte sich im Holz. Behutsam drehte Simon weiter, bis er einen Widerstand spürte. Es klackte, dann löste sich der Ring von dem Metall.
    Alle warteten voller Spannung, was nun geschehen würde.
    Der Stein an Simons Finger glühte hell auf. Dann begann der Türrahmen zu zittern, und ein Knarren ertönte, so als ob sich weit entfernt eine schwere Tür auftat. Ein Rauschen war zu hören, ein leises Säuseln, das schnell näher kam. Simon wusste, was nun geschehen würde, doch die anderen erschraken fürchterlich. Ein Windstoß schoss aus dem Weltentor, er zerrte an ihren Haaren und wirbelte den Staub und Dreck vom Boden des Kellers in die Luft. Alle kniffen die Augen zusammen und sie mussten husten.
    Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann schlief der Wind ein, und es wurde wieder still, bis auf das Dröhnen der Motoren, das leise von draußen zu ihnen herunterdrang. Langsam legte sich der Staub wieder.
    Gespannt beugten sich alle vor. Dort, wo eben noch die Brunnenklappe gewesen war, konnten sie nun schemenhaft einen Gang erkennen, es war ein Tunnel, der endlos weit in die Tiefe führte. Doch gleichzeitig war noch immer die geschlossene Klappe zu sehen – es war, als hätte jemand zwei Bilder übereinandergelegt.
    Mit offenem Mund starrte Filippo auf das Weltentor. Auch Luc und Tomas waren sprachlos. Bestürzt sah Tomas zu Simon, dann schaute er wieder in den Gang hinab, der sich vor ihnen geöffnet hatte.
    »Das gibt’s doch gar nicht!« Filippo hob seine Hand, um in das Innere des Gangs zu greifen. Verblüfft ertastete er das Holz der verschlossenen Bodenklappe unter seinen Fingern.
    Nun hob auch Simon seine Hand, er hielt sie neben die von Filippo, doch anders als er konnte Simon seine Hand durch die Öffnung des Weltentores in den Gang halten.
    Filippo riss die Augen auf.
    Simon stand auf und trat an die Trage, auf der sein Großvater lag. Schweigend löste er die Gurte, mit denen sie ihn festgebunden hatten. Die anderen eilten ihm zu Hilfe. Sie rollten das Gestell dicht an das Weltentor. Dann gab es nichts mehr zu tun. Es war Zeit, Abschied zu nehmen.
    Zögernd sah Simon die anderen an.
    Filippo grinste schief. »Mann, das ist echt verrückt! Schade, dass ich das niemandem erzählen kann!« Er beachtete Simons zum Abschied ausgestreckte Hand nicht, sondern zog ihn an sich und umarmte ihn. »Pass ja auf dich auf!« Auch Luc umarmte ihn.
    Simon wandte sich Tomas zu. Die beiden blickten sich an.
    »Tut mir leid, dass ich dir nicht geglaubt habe.« Tomas grinste gequält.
    Simon erwiderte das Grinsen. »Macht nichts. Ich hätte mir auch nicht geglaubt …« Er wurde wieder ernst. »Was habt ihr jetzt vor?«
    »Keine Ahnung. Raus aus der Stadt. Vielleicht gehen wir die Küste runter.«
    »Aber dort lebt niemand. Und zu essen findet ihr dort auch nichts.«
    Hilflos hob Tomas seine Hände. »Wo sollen wir sonst hin, wenn die Soldaten hier alles zerstören?«
    Simon überlegte. »Vielleicht geht ihr in die Stadt. Dorthin, wo Drhan herrscht.«
    Die anderen starrten ihn entgeistert an. »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Doch. Ihr könntet euch den Kindern und Jugendlichen anschließen, die in den Gängen unter der Erde leben.«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher