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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel
Autoren: Agatha Christie
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nachdenklich auf die stumme Gestalt im Se s sel.
    »Können Sie sich erklären, wieso er das getan hat?«, forschte Graves respektvoll.
    Poirot erwiderte geistesabwesend:
    »Ja, natürlich. Er hatte einen guten Grund. Da liegt die Schwierigkeit nicht.«
    Der Meisterdetektiv trat an einen Schreibtisch, dessen Rolldeckel offen war. Er war tadellos aufgeräumt. In der Mitte stand ein Tintenlöscher, davor ein Schälchen mit einem Federhalter und zwei Bleistiften. Rechts lag ein Schächtelchen mit Büroklammern und ein Markenheft. Alles war am Platz und wie es sich gehörte. Ein ordentl i ches Leben und ein ordentlicher Tod. Natürlich – das war es! Etwas fehlte.
    Zu Graves gewandt, fragte Poirot:
    »Hinterließ er keinen Brief? Kein Blatt Papier mit ein paar Zeilen?«
    Graves schüttelte den Kopf. »Wir haben nichts gefu n den. Wäre eigentlich zu erwarten gewesen von einem Mann wie dem Major.«
    »Sonderbar. Sehr sonderbar«, murmelte Poirot.

27
     
    E s war bereits acht Uhr vorbei, als Poirot wieder im »Hirschen«, eintraf. Er fand eine Botschaft von Frances Cloade vor, in der sie ihn bat, sie aufzusuchen. Er machte sich sogleich auf den Weg.
    Frances Cloade empfing ihren Besucher im Salon.
    »Sie haben mir prophezeit, dass ich Sie brauchen würde, Monsieur Poirot, und Sie haben Recht behalten. Es gibt etwas, was ich jemandem anvertrauen muss, und ich glaube, Sie sind die am ehesten geeignete Persönlichkeit, meine Geschichte zu hören.«
    »Es ist stets leichter, Madame, sich jemandem anzuve r trauen, der mehr oder weniger ahnt, worum es geht.«
    »Sie wissen, worüber ich reden will?«
    Poirot nickte langsam.
    »Und seit wann?«
    »Seit ich die Fotografie Ihres Herrn Vater gesehen habe. Sie sehen sich sehr ähnlich. Ihre Verwandtschaft ist o f fenkundig. Und diese Familienähnlichkeit fand sich ebe n so stark bei dem Fremden, der im ›Hirschen‹ ein Zimmer nahm und sich als Enoch Arden ins Fremdenbuch ei n trug.«
    Frances stieß einen bedrückten Seufzer aus.
    »Sie haben es erraten. Obwohl der arme Charles einen Bart trug. Er war ein Vetter zweiten Grades von mir, Monsieur Poirot. Sehr nahe haben wir uns nie gestanden. Er war das schwarze Schaf der Familie. Und ich bin schuld an seinem Tod.«
    Sie verfiel für einen Augenblick in Schweigen. Poirot drängte sanft:
    »Wollen Sie mir nicht erzählen?«
    Frances riss sich zusammen.
    »Ja, es muss sein. Wir brauchten furchtbar dringend Geld. Damit begann alles. Mein Mann befindet sich in Schwierigkeiten, in sehr schlimmen Schwierigkeiten. Wir fürchteten, es könnte zu einer Verhaftung kommen. Aber eines möchte ich von vornherein klarmachen, Monsieur Poirot. Der Plan stammte von mir. Ich dachte ihn mir aus, und ich führte ihn durch. Meinem Mann wäre das alles viel zu riskant gewesen. Aber ich will der Reihe nach berichten.
    Zuerst wandte ich mich an Rosaleen Cloade wegen e i nes Darlehens. Ich weiß nicht, ob sie es nicht gegeben hätte, aber ihr Bruder trat dazwischen. Er war an jenem Morgen besonders schlechter Laune und benahm sich ausfallender als gewöhnlich. Ausgesprochen frech, um es deutlich zu sagen. Und als mir später die Möglichkeit dieses Planes in den Sinn kam, hatte ich keine Bedenken, ihn auszuführen.
    Ich überlegte, dass Zweifel am Tod Robert Underhays bestanden und dass man mit diesem Zweifel vielleicht etwas anfangen könnte. Mein Vetter Charles war mal wieder im Lande. Er war so ziemlich am Ende, hatte s o gar im Gefängnis gesessen, glaube ich. Ich machte ihm meinen Vorschlag. Es war Erpressung, nichts anderes. Aber wir dachten, es würde uns gelingen. Schlimmste n falls, überlegten wir, würde David Hunter eben nicht die verlangte Summe zahlen. Dass er zur Polizei gehen kön n te, hielten wir für ausgeschlossen. Leute seines Schlages halten wenig von der Polizei und wollen lieber nichts mit ihr zu tun haben.
    Es lief alles gut. Besser, als wir gehofft hatten. David kroch ihm auf den Leim. Charles gab sich natürlich nicht direkt als Robert Underhay aus. Rosaleen hätte ihn ja jeden Moment entlarven können. Aber als sie zu unserem Glück nach London fuhr, wagte Charles es, ein bisschen deutlicher zu werden und die Möglichkeit anzudeuten, er sei vielleicht selbst Robert Underhay. Wie gesagt: David ging auf die Erpressung ein. Er versprach, am Diensta g abend mit dem Geld zu kommen. Stattdessen…«
    Ihre Stimme brach zitternd ab.
    »Wir hätten uns klarmachen müssen, dass David ein g e fährlicher Mensch ist. Hätte ich nicht diese
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