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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel
Autoren: Agatha Christie
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eine schnelle Auffassungsgabe, Mr Hunter, und Sie sind sich sofort im Klaren darüber, dass Sie sich in großer Gefahr befinden. Niemand hat Sie den ›Hirschen‹ betreten sehen. Die einzige Möglichkeit für Sie ist, so schnell wie möglich den Tatort zu verlassen, den 9-Uhr20-Zug nach London zu erwischen und zu beschwören, dass Sie nicht in Warmsley Vale waren an diesem Nachmittag. Um den Zug noch zu erwischen, müssen Sie querfeldein laufen. Sie treffen unerwartet Miss Marchmont, und Sie machen sich klar, als Sie den Rauch der Lokomotive im Tal sehen, dass Sie den Zug nicht mehr erreichen werden. Sie erzählen Miss Marchmont, es sei erst neun Uhr fünfzehn, was sie Ihnen glaubt. Sie g e hen zurück nach Furrowbank, kramen in den Sachen Ihrer Schwester, schlingen sich einen orangenen Schal um den Kopf, benützen die Schminke Mrs Cloades und ke h ren zurück in den ›Hirschen‹, wo Sie sorgsam darauf ac h ten, von der alten Dame gesehen zu werden. Wie die alte Dame die Treppe hinaufsteigt, kommen Sie aus dem Zimmer Nummer 5, kehren nochmals um und sagen: ›Mach, dass du wegkommst‹ oder so etwas Ähnliches. Natürlich denkt die alte Dame, der Bewohner des Zi m mers habe diese Worte gesprochen.«
    »Ist das wahr, David?«, fragte Lynn ungläubig.
    David grinste.
    »Und ich habe eine gute Vorstellung als Damenimitator gegeben. Du hättest das Gesicht dieses alten Drachen sehen sollen.«
    »Aber wie konntest du um zehn Uhr hier sein und mich um elf Uhr von London aus anrufen?«, forschte Lynn weiter.
    »Das war sehr einfach«, erklärte Poirot. »Mr Hunter rief von der öffentlichen Telefonzelle aus seine Schwester in London an und gab ihr genaue Anweisungen. Kurz nach elf Uhr verlangte Mrs Cloade eine Fernverbindung mit Warmsley Vale. Als die Verbindung hergestellt war, sagte das Fräulein von der Zentrale vermutlich ›London ist da‹ oder ›Sie können sprechen‹, woraufhin Mrs Cloade den Hörer wieder auflegte. Mr Hunter achtete genau auf die Zeit und rief Miss Marchmont wenige Minuten später an. Er brauchte nur in das Telefon mit verstellter Stimme zu sagen: ›Sie werden aus London verlangt‹, das genügte, um ein Ferngespräch vorzutäuschen. Eine Unterbrechung von ein oder zwei Minuten in einem Ferngespräch ist heutzutage nichts Auffälliges.«
    »Deinem Alibi zuliebe hast du mich also angerufen, David«, sagte Lynn. Ihr Ton war ruhig, aber es schwang etwas darin mit, was David veranlasste, Lynn prüfend anzusehen.
    Mit einer Gebärde der Resignation wandte er sich dann Poirot zu: »Sie haben Recht. Ich lief fünf Meilen bis Da s leby und fuhr mit dem Milchzug am Morgen nach Lo n don. Beim Morgengrauen schlich ich mich in unsere Wohnung und kam gerade noch rechtzeitig, um das Bett zu zerwühlen und mit Rosaleen Kaffee zu trinken.«
    »Die große Schwierigkeit lag in der Frage des Motivs«, fuhr Poirot in seinem Bericht fort. »Sie hatten ein Motiv, Arden zu töten, jeder der Cloades hatte ein Motiv, Ros a leen Cloade zu töten.«
    »Sie wurde also ermordet? Es war kein Selbstmord?«, fragte David scharf.
    »Nein, es war Mord. Und Sie haben sie ermordet, Mr Hunter.«
    »Ich?«, fuhr David auf. »Wieso sollte ich meine eigene Schwester ermorden?«
    »Weil sie nicht Ihre Schwester war. Ihre Schwester kam bei dem gleichen Bombenangriff um wie ihr Mann Go r don Cloade. Es gab nur zwei Überlebende damals. Sie und das Stubenmädchen namens Eileen Corrigan. Ich erhielt heute ihr Bild aus Irland.«
    Er hielt dem jungen Mann eine Fotografie hin. David ergriff sie, sprang auf und war zur Tür hinaus, bevor einer der Anwesenden recht begriffen hatte, worum es ging.
    »Das kann nicht wahr sein!«, rief Lynn aus.
    »Leider ist es wahr. David Hunter drängte das Stube n mädchen, die Rolle seiner Schwester zu spielen, um so das Cloadesche Vermögen für sich zu retten. Kein Zwe i fel, dass er ihr schon vorher den Kopf verdreht hatte und überzeugt war, sie zu der Komödie überreden zu können. Er verstand es, mit Frauen umzugehen.«
    Poirot machte diese Feststellung sachlich und vermied es, Lynn anzusehen.
    »Doch als die Geschichte eine unerwartete Wendung nahm und der Brief des Erpressers kam, wurde Eileen-Rosaleen von Angst gepackt. David schickte Eileen-Rosaleen nach London, als der Fremde auftauchte, weil er nicht riskieren konnte, dass der richtige Underhay die fa l sche Rosaleen zu Gesicht bekam. Und wie die Situation am schwierigsten wird, beginnt auch das Mädchen durch seine Gewissensbisse gefährlich
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