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Der Todesstern

Der Todesstern

Titel: Der Todesstern
Autoren: Hubert Haensel
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Zaubermüttern gesandt hatte, und ihr verhältnismäßig kurzes Glück an Mythors Seite, der sie in die Schattenzone und nach Gorgan, der Welt der Männer, geführt hatte?
    Düsternis wuchs erneut zu turmhoch drohender Gestalt auf und fegte mit der unwiderstehlichen Gewalt eines feurigen Schiachtrosses über die Fliegende Stadt hinweg, die unter dem unverhofften Ansturm erzitterte. Im selben Moment lösten Robbins Hände sich von Fronjas Hals. Verwirrung und eine Spur von Entsetzen standen in seinem Gesicht geschrieben.
    »Was… was habe ich getan?« stieß er ungläubig hervor.
    Fronja massierte sich ihren schmerzenden Nacken und die Kehle. »Du wolltest mich erwürgen«, ächzte sie.
    Robbin stand da wie ein armer Sünder. Hilflos breitete er die Arme aus.
    »Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte«, sagte er. »Ich kann mich nicht einmal richtig erinnern.«
    Fronja nickte. »Der Einfluß des Todessterns wird immer deutlicher spürbar. Ich sah etwas wie eine riesige Wolke auftauchen, von der die Bedrohung ausging. Zum Glück waren wir schnell hindurch.«
*
    Carlumen holte weit über. Die Sirenen am Heck der Fliegenden Stadt begannen in schriller Tonfolge aufzuheulen.
    Schritte polterten die Treppe vom Bugkastell zur Brücke herab. Es war Tertish, die Todgeweihte und Kriegsherrin, gefolgt von Lankohr.
    »Was ist, warum wird Alarm gegeben?«
    Robbin zuckte mit den Schultern. »Wir wissen es selbst nicht. Caeryll schweigt sich aus.«
    Jäh neigte sich der Bug der Fliegenden Stadt. Lankohr, der auf der vorletzten hölzernen Stufe stehengeblieben war, verlor das Gleichgewicht und rutschte bäuchlings quer durch die Magierstube. Zeternd kam er wieder auf die Beine.
    Tertish deutete durch die Bugfenster nach draußen. »Sieht ganz so aus, als würde Carlumen jenen Schatten ausweichen, die sich da zusammenballen.«
    Zunehmend dichter werdend, trieb die Schwärze im Goldenen Strom. Schemenhafte Konturen erweckten den Eindruck lebender Wesen in ihrem Innern. Gierigen Tentakeln gleich reckten sich zückende Auswüchse der Fliegenden Stadt entgegen.
    »Dort!« Robbin deutete auf ein kleineres Boot mit nur fünf Mann Besatzung, die hastig rudernd versuchten, der Finsternis zu entgehen. Aber zu schnell kam der Nebel über sie, und als er sie einhüllte und vor neugierigen Blicken verbarg, hallten grauenhafte Schreie durch den Goldenen Strom.
    »Ich möchte wissen, was da geschieht.« Tertish umklammerte den Knauf ihres Schwertes.
    Carlumen befand sich auf gleicher Höhe mit dem wallenden Nebel, als die Schreie abrupt abbrachen. Die darauffolgende Stille barg alle Schrecken der Schattenzone. Einem Leichentuch gleich senkte sie sich auf die Fliegende Stadt herab, ließ den Herzschlag ihrer Bewohner stocken und das Atmen zur Qual werden.
    Fronja zitterte. Eine seltsame Schwäche ergriff von ihr Besitz – eine Schwäche, gegen die sie machtlos war. Um sie herum begann sich alles in einem schneller werdenden Reigen zu drehen. Die Arme vor dem Leib verschränkt, taumelte sie.
    Tertish stützte die Tochter des Kometen und ehemalige Frau von Vanga.
    »Was ist mit dir?«
    Fronja versuchte ein Lächeln, doch wurde nur eine gequälte Grimasse daraus. »Es geht schon wieder«, wollte sie sagen, aber lediglich ein heiseres Ächzen drang über ihre Lippen. Sie fröstelte.
    Diese Empfindungen waren ihr nicht fremd – etwas Vertrautes schwang darin mit, was sie lange Zeit hindurch vermißt hatte, ohne sich dessen jemals bewußt zu werden. Vergeblich versuchte sie, dieses Etwas in Worte zu fassen; es zog sie an, verlangte von ihr, daß sie ihren Weg fortsetzte, und stieß sie zugleich mit aller Gewalt ab.
    »Der Nebel weicht.«
    Nur zögernd erfaßte sie den Sinn von Robbins Worten. Vielfältige Geräusche drangen von allen Seiten her auf sie ein. Da war ein fernes Brausen wie von einem heraufziehenden Sturm, da war das unverständliche Murmeln aus Hunderten von Kehlen, das Stampfen von Füßen auf dem Oberdeck der Fliegenden Stadt, das Klirren von Rüstungen und Waffen. Eine stets gegenwärtige Kulisse, und doch erschien es ihr, als tauche sie aus der endlosen Tiefe eines lichtlosen Ozeans wieder empor an die von Gischt Umspülten Gestade des Lebens.
    »Wo sind sie geblieben?« erschrak Tertish.
    Die Amazone deutete auf das kleine Boot, das nun, nachdem der Nebel sich verflüchtigt hatte, steuerlos in der sanften Dünung dümpelte. Es war leer, keine Spur mehr von den fünf Kriegern.
    »Sie sind tot!«
    »Du meinst…«
    »Etwas
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