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Der Todeskanal

Der Todeskanal

Titel: Der Todeskanal
Autoren: Isaac Asimov
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gewählt.
     
    31. Dezember 2800
    Simon Devoire fühlte sich etwas unbehaglich. Er war ein kleiner Mann mit sandfarbenem Haar und einem sommersprossigen roten Gesicht.
    »Ich bereue es, daß ich einer Zusammenkunft mit Ihnen zugestimmt habe, Mr. Altmayer«, sagte er. »Es wird Ihnen nicht nützen und mir nur schaden.«
    »Ich bin ein alter Mann«, sagte Altmayer. »Was kann ich Ihnen schon anhaben?«
    Und er war wirklich ein alter Mann. Um die Jahrhundertwende war er über Sechzig, aber er wirkte noch älter. Sowohl äußerlich als auch in seinem Innern. Seine Kleider waren ihm zu groß. Er schien in ihnen einzuschrumpfen. Nur seine Nase war nicht gealtert. Sie war noch immer die lange, dünne, aristokratische Altmayer-Nase.
    »Vor Ihnen fürchte ich mich auch nicht«, sagte Devoire.
    »Warum nicht? Vielleicht glauben Sie, daß ich die Männer von ‘88 verraten habe.«
    »Nein, natürlich nicht. Kein Mann mit Verstand glaubt das. Aber die Tage der Föderalisten sind vorbei, Altmayer.«
    Altmayer versuchte zu lächeln. Er hatte Hunger. Er hatte an diesem Tag noch nichts gegessen. Keine Zeit … War die Zeit der Föderalisten vorbei? Den anderen mochte es so scheinen. Die föderalistische Bewegung war in einer Woge der Lächerlichkeit untergegangen. Eine mißlungene Verschwörung wirkt oft romantisch. Man erinnert sich noch nach Generationen an sie, wenn die Umstände des Mißerfolgs würdig waren. Aber auf lebende Kreaturen zu schießen und dann zu entdecken, daß es nur Roboter waren, einem Trick auf den Leim zu gehen, lächerlich gemacht zu werden, das war tödlich. Tödlicher als Verrat, Unrecht und Sünde. Nur wenige hatten geglaubt, daß Altmayer um sein Leben gefleht und als Gegenleistung seine Mitverschwörer verraten hatte, aber das universelle Gelächter hatte den Föderalismus so effektvoll vernichtet, als wenn man den Verrat wirklich geglaubt hätte.
    Aber Altmayer war fest geblieben. Er sagte: »Die Zeit des Föderalismus wird nie vorbei sein, solange die menschliche Rasse lebt.«
    »Worte«, sagte Devoire ungeduldig. »Als ich jünger war, haben sie mir mehr bedeutet. Jetzt bin ich etwas müde.«
    »Simon, ich muß Zugang zum Subäther-System haben.«
    Devoires Gesicht verschloß sich.
    »Und da haben Sie an mich gedacht. Es tut mir leid, Altmayer. Ich kann meine Rundfunksendungen nicht für Ihre Zwecke zur Verfügung stellen.«
    »Sie waren einmal ein Föderalist.«
    »Berufen Sie sich nicht darauf. Das liegt lange zurück. Jetzt bin ich – gar nichts. Ich bin Devoirist, nehme ich an. Ich will leben.«
    »Auch unter der Knute der Diaboli? Wollen Sie leben, solange sie damit einverstanden sind, und sterben, wenn sie es beschließen?«
    »Worte!«
    »Billigen Sie die Galaktische Konferenz?«
    Devoires Gesicht wurde noch röter. Hitzig sagte er: »Warum nicht? Was spielt es für eine Rolle, wie wir die Föderation der Menschheit etablieren? Wenn Sie noch immer Föderalist sind, was haben Sie gegen eine vereinte Menschheit einzuwenden?«
    »Vereint unter der Herrschaft der Diaboli?«
    »Was macht das schon aus? Die Menschheit kann sich nicht von selbst einigen. Ob wir nun dazu getrieben werden oder nicht, das Resultat allein ist wichtig. Mich macht das alles krank, Altmayer, unsere ganze idiotische Geschichte. Ich bin es müde, immer wieder zu versuchen, ein Idealist zu sein, wenn es nichts gibt, worüber man in Idealismus ausbrechen kann. Menschen sind Menschen, das ist ja das Widerliche. Vielleicht müssen wir auf die richtige Spur geprügelt werden. Und ich bin durchaus gewillt, den Diaboli das Prügeln zu überlassen.«
    »Sie sind ein Narr, Devoire«, sagte Altmayer sanft. »Es wird keine wirkliche Union sein, das wissen Sie. Die Diaboli haben diese Konferenz einberufen, damit sie als Schiedsrichter in allen laufenden menschlichen Streitereien auftreten können und danach das oberste Gericht für uns bleiben. Sie haben nicht die Absicht, eine wirkliche zentrale Menschheitsregierung einzurichten. Es wird nur eine Art verbindendes Direktorium geben. Aber jede Menschenregierung wird wie bisher ihren eigenen Kram verwalten. Es ist ganz einfach so, daß wir uns langsam daran gewöhnen sollen, mit jedem kleinen Problem zu den Diaboli zu rennen.«
    »Wie können Sie das wissen?«
    »Glauben Sie im Ernst, daß es anders kommen wird?«
    Devoire kaute an seiner Unterlippe.
    »Wahrscheinlich haben Sie recht.«
    »Ich sehe es deutlich vor mir, Simon. Jede echte Unabhängigkeit, die wir jetzt noch haben, werden
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