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Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Titel: Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)
Autoren: Swantje Berndt
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Handfläche stach vor Hitze, doch sonst ging es ihr fantastisch. Der Kopf war klar, sie war die Ruhe selbst, der Schmerz war verschwunden, der Schwindel auch.
    Nach dem dritten Schlag auf die Wange des Mannes trat ein seliges Lächeln in sein Gesicht. Er öffnete seufzend die Augen und sah sich um, als ob er eben die höchsten Freuden genossen hätte.
    „Sorry.“ Die Stewardess, die ihn geohrfeigt hatte, half ihm hoch. „Mir war schwindelig , aber jetzt geht es mir bestens. Keine Sorge.“
    Den blutenden Striemen auf seiner Stirn schien er nicht zu bemerken.

    *
     

Erstaunlich, wie viel Widerstand dieser dünne Kerl geleistet hatte. Über eine Stunde hatte er sich widersetzt. Dann hatte er Kolja alles ins Gesicht geschrien, was er wissen wollte. Die Kooperation hatte ihm freilich nicht geholfen. Wie hätte er Igor Wolkow am Leben lassen können, nach dem, wie er ihn zugerichtet hatte? Nein, es war gnädig gewesen, ihn von seinen Qualen zu befreien. Gnade walten zu lassen war ein ungewohntes Gefühl. Die Grigorjews waren dafür nicht bekannt.
    „Scharr ihn zusammen und entsorge ihn.“
    Lew nickte. Es hatte Momente gegeben, in denen Ilja und er diesen kleinen Bastard trotz Klebeband am Stuhl festhalten mussten.
    Lucy Sorokin wohnte in London. Baker Street 126, Marylebone. Sie war liiert mit einem Peter Ainsworth, Epigrafiker und Altphilologe an der University of London, arbeitete zwischenzeitlich in einem Antiquitätengeschäft in Clerkenwell, war fünfundzwanzig, skrupellos und hinreißend schön, wovon er sich in vierundzwanzig Stunden selbst überzeugt hatte, und hatte ihre kriminelle Karriere als Kind mit Taschendiebstählen begonnen. Igor kannte sie, seit sie zusammen im Kinderheim gewesen waren. Eine Frau ohne Wurzeln mit einer erfrischend unkomplizierten Einstellung zu Recht und Ordnung. Würde dieses leidige Familientreffen nicht anstehen, würde er sich persönlich um die Sache kümmern. Aber es stand an und bis dahin musste er den Ring am Finger tragen. Der älteste Sohn und Nachfolger Ramuell Grigorjews durfte nicht mit nackter Hand in Petersburg erscheinen. Wie ein apokalyptischer Reiter würde sein Vater über ihn herfallen.
    Wolkow hatte nichts von einem Ring gewusst. Nur von dem anderen Tand, der bereits bei der Post war. Dass Lucy auch nach seiner Breitling gegriffen hatte, grenzte an Erbärmlichkeit. Wohl noch ein Echo aus ihrer traurigen Kindheit. Wertvolles konnte verzockt werden. Ob sie sich oft bei Älteren hatte freikaufen müssen? Nach diversen Fluchtversuchen aus den Heimen hatte sie das Los der Straßenkinder geteilt. Diese Frau barg ein emotionales und kriminelles Potenzial, das Kolja liebend gern genutzt hätte. Welche Spiele hätte er mit ihr spielen können, bei der Vergangenheit ? Die Liste war lang und inspirierend. Dennoch hatte sie es gewagt, den Pulsschlag seiner Existenz zu rauben. Dafür musste sie sterben.
    Aber nicht durch seine Hand. Er konnte Russland nicht verlassen. Die Zusammenkunft der Familien fand in fünf Tagen statt. Vorbereitungen mussten getroffen werden. Sein Vater erwartete seine Anwesenheit. Bis dahin musste der Ring wieder an seinem Finger sein.
    Es gab viel Seltsames auf der Welt. Kolja selbst gehörte dazu. Waren ihm vorerst die Hände gebunden, konnte er das Problem nur an jemanden weiterleiten, der ebenso seltsam war. Er eilte hoch in sein Apartment .
    In blutroten Fluten ertranken Wesen, von deren Existenz nur Wenige wussten. Schwarze Wolken türmten sich über ihnen und der Himmel sah kaltherzig zu, wie die Kinder seiner Kinder in den strafenden Wassern ihr Leben ließen. Kein Bitten um Gnade wurde erhört. Als er das Bild in einer Ausstellung in Heilbronn gesehen hatte, hatte er es kaufen müssen. Mirek Kuzniar hatte die Geschichte der Grigorjews in Acryl gebannt, ohne zu ahnen, dass eines Tages ein Nachkomme der alten Familien es ihm abkaufen würde. Der Preis war lächerlich gewesen angesichts der Dynamik der Farben und der unvergleichlichen Dramatik des Geschehens.
    Das Gemälde schwang zur Seite. Der Safe, den es verbarg, war klein. Niemand, der denken konnte, bestahl einen Grigorjew. Die Naivität dieser Lucy Sorokin schrie zum Himmel. Kolja tastete nach dem Ziegenlederbüchlein, das jeden Erstgeborenen der Familie begleitete. Er musste nicht weit vorblättern. Die Initialen M. B. standen auf einer der ersten Seiten zusammen mit den Hinweisen , die nötig waren für eine Kontaktaufnahme. Die anonymen Meister. Wer sie suchte, fand sie. Wer sie
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