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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe
Autoren: Kim Harrison
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gewesen, dass er sich in ein Menschenmädchen verliebt hatte.
    »Nakita«, sagte ich und zog sie zu mir runter, als sie in meine Reichweite kam. Gehorsam hockte sie sich neben mich und warf ihre langen Haare zurück. »So drückt sich heute kein Mensch mehr aus.«
    »Ich wüsste nicht, was es daran auszusetzen gibt«, erwiderte sie gekränkt.
    »Wie wär's, wenn du den Leuten lieber eine reinhaust, anstatt sie niederzustrecken?«, schlug Josh vor.
    Barnabas runzelte die Stirn. »Bring sie nur nicht auf dumme Gedanken«, brummte er. Nakita stand wieder auf.
    »Wir sollten gehen«, befand sie und sah sich um.
    »Wenn du das Zielobjekt nicht davon überzeugen kannst, dass es freiwillig einen besseren Weg einschlägt, bevor Ron einen weißen Todesengel zu seinem Schutz schickt, dann rette ich seine Seele eben auf meine Weise.« Mit diesen Worten marschierte Nakita los zu Joshs Pick-up. »Seine Seele retten« war eine höfliche Umschreibung für »ihn töten«. Plötzlich dämmerte mir, was ich da eigentlich vorhatte, und ich ließ entmutigt die Schultern sinken.
    Ich war die neue schwarze Zeitwächterin. Anders als meine Vorgänger glaubte ich nicht an die Macht des Schicksals, sondern an den freien Willen der Menschen. Die ganze Situation hier war einfach nur ein gigantischer, himmlischer Witz - na ja, mit Ausnahme der Tatsache, dass ich tot war. Der vorherige schwarze Zeitwächter hatte gedacht, wenn er mich (die laut Prophezeiung seine Nachfolgerin sein sollte) umbrächte, würde ihn das unsterblich machen. Niemand hatte auch nur geahnt, dass ich die neue Zeitwächterin war, bis keine Zeit mehr blieb, etwas daran zu ändern. Und jetzt hatte ich den Job am Hals. Zumindest so lange, bis ich meinen richtigen Körper wiederfand und die Verbindung zu dem Amulett, das mich bis dahin auch ohne ihn am Leben hielt, kappen konnte.
    Josh erhob sich und spähte durch die Fenster des Mustangs hinüber zur Parkplatzeinfahrt. »Na los, gehen wir lieber zum Auto, bevor sie noch vorne einsteigt. Mit der auf dem Beifahrersitz fahr ich keinen Meter.«
    Die Köpfe noch immer eingezogen, flitzten wir hinter Nakita her. Was diese ganze Seelenretterei anging, hatte Barnabas den wesentlich besseren Durchblick als ich. Er wusste, wie man sein Amulett benutzte, und hatte Erfahrung darin, die Zielobjekte zu finden, die für einen frühzeitigen Tod vorgesehen waren. Seine Aufgabe als weißer Engel war es bislang gewesen, diese Menschen vor schwarzen Engeln wie Nakita zu retten. Dass er sich jetzt auf meine Seite geschlagen hatte, war schon ziemlich eigenartig - ungefähr genauso eigenartig wie die Tatsache, dass ich die neue schwarze Zeitwächterin sein sollte, wenn man mal ehrlich war. Vielleicht war es das schlechte Gewissen, das ihn bei mir hielt, weil er mich nicht hatte retten können, als ich als Zielobjekt ausgewählt worden war. Oder es war die Wut auf seinen früheren Boss Ron, den weißen Zeitwächter, der uns beide aus lauter Machtgier angelogen hatte. Möglicherweise glaubte Barnabas auch, dass die Antworten auf die vielen Fragen, die Rons Verrat aufgeworfen hatte, bei mir lagen. Was auch immer der Grund sein mochte, ich war auf jeden Fall tierisch froh, dass Barnabas da war. Keiner von uns beiden war mit der himmlischen Politik einverstanden, jemanden umzubringen, bevor er überhaupt was Böses angestellt hatte. Und wenn das Schicksal mich schon zur schwarzen Zeitwächterin bestimmte, war es nicht das Schlechteste, ihn auf meiner Seite zu haben. Nakita dagegen traute ihm nicht über den Weg. Sie hielt ihn für einen Spion.
    »Äh, Leute?«, sagte Josh. Ich folgte seinem Blick und erstarrte, als ich das Polizeiauto vor der Schule stehen sah. Daneben stand eine Frau in Uniform, die Hände in die Hüften gestemmt, und blickte direkt in unsere Richtung. »Mist!«, fluchte ich und ließ mich auf alle viere fallen. Josh hockte sich direkt neben mich und Barnabas hatte gar nicht erst den Kopf über die Autodächer gehoben. »Runter!«, zischte ich Nakita zu und riss sie zu mir auf den Boden. Mein Puls raste. Ja, ja, ich weiß. Klar war ich tot, aber erzählt das mal meinem Körper. Der war immer noch der Meinung, ich wäre quicklebendig. Die Illusion meines Körpers war nämlich so überzeugend, dass er sich glatt selbst damit täuschte. Mir fehlten da also irgendwie die Argumente, um ihm in der Angelegenheit zu widersprechen. Trotzdem war es natürlich megapeinlich. Wenn ich ruhig herumsaß, war alles in Butter - aber sobald ich mich das
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